Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1904. (38)

5. Zu § 17. In Ortschaften, welche von der Cholera befallen oder be- 
droht sind, sowie in deren Umgegend kann die Benutzung von Brunnen, Teichen, 
Seen, Wasserläufen, Wasserleitungen sowie der dem öffentlichen Gebrauche 
dienenden Bade-, Schwimm-, Wasch- und Bedürfnisanstalten verboten oder be- 
schränkt werden. Jedoch sind diese Anordnungen nur im Einvernehmen mit dem 
beamteten Arzte zu treffen. 
6. Zu § 19. In einem Hause, in welchem ein Cholerafall vorgekommen 
ist, sind die erforderlichen Maßnahmen zur Desinfektion der Abgänge des 
Kranken (Stuhlentleerungen, Erbrochenes, Harn) sowie der mit dem Kranken 
oder Gestorbenen in Berührung gekommenen Gegenstände zu treffen. Ganz 
besondere Aufmerksamkeit ist der Desinfektion infizierter Räume, ferner der 
Kleidungsstücke, der Betten und der Leibwäsche des Kranken oder Gestorbenen 
sowie der bei der Wartung und Pflege des Kranken benutzten Kleidungsstücke, 
des Badewassers und der Badewanne zuzuwenden. Auch ist Vorsorge zu treffen, 
daß Fahrzeuge und andere Beförderungsmittel, welche zur Fortschaffung von 
kranken oder krankheitsverdächtigen Personen gedient haben, alsbald und vor 
anderweitiger Benutzung desinfiziert werden. 
Besteht der Verdacht, daß in der Umgebung des Hauses offene Dung- 
stätten, Stallungen, Höfe oder Gartenland mit menschlichen Ausleerungen ver- 
unreinigt sind, so müssen die in Betracht kommenden Bodenoberflächen, Schmutz- 
wasseransammlungen, Rinnsteine und dergleichen desinfiziert werden. 
Wohnungen, welche wegen Choleraausbruchs geräumt worden sind, dürfen 
erst nach einer wirksamen Desinfektion zur Wiederbenutzung freigegeben werden. 
Die Desinfektionen sind nach Maßgabe der aus der Anlage 2 ersichtlichen 
Anweisung zu bewirken. 
7. Zu § 21. Die Leichen der an der Cholera Gestorbenen sind ohne 
vorheriges Waschen und Umkleiden sofort in Tücher einzuhüllen, welche mit einer 
desinfizierenden Flüssigkeit getränkt sind. Sie sind alsdann in dichte Särge zu 
legen, welche am Boden mit einer reichlichen Schicht Sägemehl, Torfmull oder 
anderen aufsaugenden Stoffen bedeckt sind. Der Sarg ist alsbald zu schließen. 
Soll mit Rücksicht auf religiöse Vorschriften das Waschen der Leiche aus- 
nahmsweise stattfinden, so darf es nur unter den vom beamteten Arzte angeordneten 
Vorsichtsmaßregeln und nur mit desinfizierenden Flüssigkeiten ausgeführt werden. 
Ist ein Leichenhaus vorhanden, so ist die eingesargte Leiche sobald als 
möglich dahin überzuführen. In Ortschaften, in welchen ein Leichenhaus nicht 
besteht, ist dafür Sorge zu tragen, daß die eingesargte Leiche tunlichst in einem 
besonderen, abschließbaren Raume bis zur Beerdigung aufbewahrt wird. 
Die Ausstellung der Leiche im Sterbehaus oder im offenen Sarge ist zu 
untersagen, das Leichengefolge möglichst zu beschränken und dessen Eintritt in das 
Sterbehaus zu verbieten. 
Die Beförderung der Leichen von Personen, welche an der Cholera ge- 
storben sind, nach einem anderen als dem ordnungsmäßigen Beerdigungsort ist 
zu untersagen. 
Anlage 2
	        
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