Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1904. (38)

Abtritte sind in der Weise zu desinfizieren, daß die Sitze gründlich mit 
verdünntem Kresolwasser oder Kalkmilch abgewaschen werden und in die Sitz- 
öffnungen reichlich Kalkmilch eingegossen wird. Der Inhalt der Abtrittgruben 
ist reichlich mit Kalkmilch zu übergießen und, solange die Epidemie dauert, tun- 
lichst nicht auszuleeren. Der Inhalt von Tonnen, Kübeln und dergleichen, 
welche zum Auffangen des Kotes in den Abtritten dienen, ist unter Umrühren 
mit ungefähr gleichen Teilen Kalkmilch zu versetzen und erst zu entfernen, nach- 
dem er mindestens 24 Stunden mit dem Desinfektionsmittel in Berührung ge- 
wesen war; die Tonnen und dergleichen sind nach dem Entleeren reichlich mit 
Kalkmilch außen und innen zu bestreichen. 
2. Hände und sonstige Körperteile müssen jedesmal, wenn sie mit infizierten 
Dingen (Ausscheidungen der Kranken, beschmutzter Wäsche usw.) in Berührung 
gekommen sind, durch gründliches Waschen mit verdünntem Kresolwasser oder 
Karbolsäurelösung (la) desinfiziert werden. 
3. Bett- und Leibwäsche sowie waschbare Kleidungsstücke und dergleichen 
sind entweder auszukochen (Ig) oder in ein Gefäß mit verdünntem Kresolwasser 
oder Karbolsäurelösung (Ia) zu stecken. Die Flüssigkeit muß in den Gefäßen 
die eingetauchten Gegenstände vollständig bedecken. In dem Kresolwasser oder 
der Karbolsäurelösung bleiben die Gegenstände wenigstens zwei Stunden. Dann 
werden sie mit Wasser gespült und weiter gereinigt. Das dabei ablaufende 
Wasser kann als unverdächtig behandelt werden. 
4. Kleidungsstücke, die nicht gewaschen werden können, Matratzen, Teppiche 
und alles, was sich zur Dampfdesinfektion eignet, sind in Dampfapparaten zu 
desinfizieren (If). 
5. Alle diese zu desinfizierenden Gegenstände sind beim Zusammenpacken 
und bevor sie nach den Desinfektionsanstalten oder -apparaten geschafft werden, 
in Tücher, welche mit Karbolsäurelösung (la) angefeuchtet sind, einzuschlagen 
und, wenn möglich, in gut schließenden Gefäßen zu verwahren. 
Wer solche Wäsche usw. vor der Desinfektion angefaßt hat, muß seine 
Hände in der unter Ziffer 2 angegebenen Weise desinfizieren. 
6. Zur Desinfektion infizierter oder der Infektion verdächtiger Räume, 
namentlich solcher, in denen Kranke sich aufgehalten haben, sind zunächst die 
Lagerstellen, Gerätschaften und dergleichen, ferner die Wände und der Fußboden, 
unter Umständen auch die Decke mittels Lappen, die mit verdünntem Kresol- 
wasser oder Karbolsäurelösung  (Ia) getränkt sind, gründlich abzuwaschen; besonders 
ist darauf zu achten, daß diese Lösungen auch in alle Spalten, Risse und Fugen 
eindringen. 
Die Lagerstellen von Kranken oder von Verstorbenen und die in der Um- 
gebung auf wenigstens 2 Meter Entfernung befindlichen Gerätschaften, Wand- 
und Fußbodenflächen sind bei dieser Desinfektion besonders zu berücksichtigen. 
Alsdann sind die Räumlichkeiten und Gerätschaften mit einer reichlichen 
Menge Wasser oder Kaliseifenlösung (ld) zu spülen. Nach ausgeführter Desin- 
fektion ist gründlich zu lüften. 
Reichs- Gesetzbl. 1904. 18
	        
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