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nur geschehn in Berufung entweder auf anderweite Spezial-
klauseln der Verfassung oder auf solche Gesetze, welche
in Gemässheit und in Folge des Artikels 4 erlassen
worden sind.
Und das, was von Artikel 4 der Reichsverfassung gilt,
gilt auch von den Artikeln 35. 38. 52 al. 2. Überall ist hier
Gesetzgebung identisch mit dem „Wege der Gesetzgebung“,
den die Artikel 18 al. 2. 46 al. 3. 58. 60. 73. 75 al. 2. 76
al. 2. 78 al. 1 bezeichnen.
Gerade darum ist es denn auch nicht eine Inkongruenz,
sondern entgegen der Meinung Laband’s — ib. I, pag. 572
— durchaus korrekt, wenn Artikel 48 al. 2 der Reichs-
verfassung, um dem Kaiser ein entsprechendes Verordnungs-
recht beilegen zu können, sagt:
„Die im Artikel 4 vorgesehne Gesetzgebung des Reiches
in Post- und Telegraphen-Angelegenheiten erstreckt sich nicht
auf diejenigen Gegenstände, deren Regelung nach der in der
Norddeutschen“ — früher: „preussischen“ — „Post- und Tele-
graphenverwaltung massgebend gewesenen Grundsätzen der
reglementarischen Festsetzung oder administrativen Anordnung
überlassen ist.“
Denn ohne diesen ausdrücklichen Vorbehalt wären „die
reglementarischen Festsetzungen und administrativen Anord-
nungen“, soweit sie nicht dem Ausführungsverordnungsrecht
des Bundesrathes nach Artikel 7 al. 2 untergeordnet gewesen
wären, dem Wege der Gesetzgebung nach Artikel 4 verfallen.
Vollkommen unhaltbar endlich ist, trotz der Einmüthig-
keit der Schule, der Versuch auf Artikel 62 der preussi-
schen Verfassung den Beweis zu stützen, dass die Unter-
scheidung von Gesetz im formellen und materiellen Sinne un-
abweislich sei. Er lautet:
„Die gesetzgebende Gewalt wird gemeinschaftlich durch
den König und durch zwei Kammern ausgeübt“.
„Die Übereinstimmung des Königs und beider Kammern
ist zu jedem Gesetz erforderlich“.
Hier soll das Wort „Gesetz“ nothwendig den materiel-