— 648 — Achtes Kapitel.
Behandlung der in die Gewalt des Gegners geratenen Kauffahrteischiffe
und Schiffsladungen.
Artikel 28.
Auf die Kauffahrteischiffe der vertragschließenden Teile und auf deren
Ladungen findet ohne Rücksicht auf entgegenstehende Prisenurteile das Sechste
Haager Abkommen über die Behandlung der feindlichen Kauffahrteischiffe beim
Ausbruch der Feindseligkeiten vom 18. Oktober 1907 mit nachstehenden Maßgaben
Anwendung.
Die Erlaubnis zum Auslaufen im Sinne des Artikel 2 Abs. 1 des Ab-
kommens kann nur dann als erteilt angesehen werden, wenn sie auch von den
übrigen feindlichen Seemächten anerkannt war. Kauffahrteischiffe, die gemäß
Artikel 2 Abs. 2 des Abkommens angefordert worden sind, müssen unter Ent-
schädigung für die Zeit der Benutzung entweder zurückgegeben oder im Falle des
Verlustes in Geld ersetzt werden. Für nicht angeforderte Schiffe hat der Flaggen-
staat die Aufwendungen zur Instandhaltung, nicht aber Hafengelder und sonstige
Liegekosten zu erstatten. Die nach ihrer Bauart zur Umwandlung in Kriegsschiffe
geeigneten Kauffahrteischiffe werden abweichend vom Artikel 5 des Abkommens
wie andere Kauffahrteischiffe behandelt.
Die Bestimmungen dieses Artikels finden auch auf solche Kauffahrteischiffe An-
wendung, die bereits vor Ausbruch des Krieges angefordert oder aufgebracht waren.
Artikel 29.
Die als Prisen aufgebrachten Kauffahrteischiffe der vertragschließenden Teile
sollen, wenn sie vor der Unterzeichnung des Friedensvertrags durch rechtskräftiges
Urteil eines Prisengerichts kondemniert worden sind und nicht unter die Be-
stimmungen der Artikel 28, 30 fallen, als endgültig eingezogen angesehen werden.
Im übrigen sind sie zurückzugeben oder, soweit sie nicht mehr vorhanden sind,
in Geld zu ersetzen.
Die Bestimmungen des Absatz 1 finden auf die als Prisen aufgebrachten
Schiffsladungen von Angehörigen der vertragschließenden Teile entsprechende An-
wendung. Doch sollen Güter von Angehörigen des einen Teiles, die auf Schiffen
feindlicher Flagge in die Gewalt des anderen Teiles geraten sind, in allen Fällen
den Berechtigten herausgegeben oder, soweit dies nicht möglich ist, in Geld ersetzt
werden.
Artikel 30.
Kauffahrteischiffe eines vertragschließenden Teiles, die in neutralen Hoheits-
gewässern von Streitkräften des anderen Teiles aufgebracht, mit Beschlag belegt
oder versenkt wurden, sind ebenso wie ihre Ladungen ohne Rücksicht auf entgegen-