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wäre. An dem nämlichen Fehler leidet Sauer's Roman
„Die Loge zur brennenden Fackel“, welcher dem Bunde
einen Universal-Großmeister andichtet! Andere Erzeugnisse
der Romanlitteratur, welche die geheimen Gesellschaften zum
Gegenstande haben, sind nicht wert, erwähnt zu werden.
Die durch Feßler, Fichte, Schröder, Krause, Heldmann,
Kloß, u. a. angeregten fortschrittlichen Bestrebungen
im Maurerbunde gelangten nicht ohne schwere, harte Kämpfe
zu allgemeinerer Anerkennung. Aber ferne davon, sich hier-
durch abschrecken zu lassen, haben in unserer Gegenwart neue
Kämpfer nicht nur dieselben wieder aufgegriffen, sondern
noch in bedeutendem Maße erweitert. Ihr Ringen galt:
1. einer reinern Lehrart, befreit von mystischen Phantaste-
reien, 2. einer freiern Logenverfassung, nach welcher die
einzelnen Logen nicht mehr unter despotischem Diktat und
drückender Vormundschaft der Großlogen ständen, 3. einer
humanern Auffassung der Maurerei, welche z. B. die Aus-
schließung der Juden verpönt, 4. einer Beschränkung der
Geheimhaltung auf das Notwendigste, 5. völliger Abschaffung
der Hochgrade und Verminderung der bisherigen Vorrechte
der Meister gegenüber Gesellen und Lehrlingen, und 6. einer
Vereinfachung der Ceremonien und Unterordnung derselben
unter die geistige Arbeit.
Für eine reinere Lehre und für Vereinfachung der
Ceremonien hat besonders Oswald Marbach (geb. 1810,
gest. 1890), Professor in Leipzig, in seinen „Katechismus-
reden,“ „Arbeiten am rohen Steine"“" u. s. w. gewirkt, —
Schriften, welche freisinnigen und nicht konfessionell beschränkten
Menschen ganz gut als Erbauungsbücher dienen könnten.
Für dieselben Ziele, und zugleich für Verminderung der Ge-
heimnissucht arbeitete in ähnlicher Weise Rudolf Seydel
(geb. 1835), Professor der Philosophie in Leipzig, dessen
„Reden über Freimaurerei an denkende Nichtmaurer“ den
Werken Marbachs an die Seite gestellt werden dürfen, und