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Sweiter Albschnitt.
Die hetären des Rlassischen Altertums.
(Mejenigen Religionen, welche auf der Ver-
ehrung der Natur beruhen, also durch-
weg die ältesten, konnten keinen Anstand
nehmen, alles, was der Natur als solcher
gemäfß ist, zu billigen, ja sogar zu heiligen.
Der freieste Verkehr der Geschlechter ist
nach dem Standpunkte dieser Religionen nicht nur erlaubt,
sondern geradezu geheiligt, indem er ja eine Wiederholung
dessen ist, was die Natur selbst thut, was die höchsten
Gottheiten: Himmel, Sonne, Erde u. s. w. begünstigen und
befördern, nämlich der unausgesetzten Befruchtung. Hat
nun der Orient diesen Standpunkt roh und plump ver-
treten, so hat ihn dagegen Hellas, wenn auch im Grunde
nicht verändert, doch seinem Charakter gemäß mit dem Glanze
der Schönheit umkleidet. Die Prostitution wurde in Hellas
nicht nur von der Religion geheiligt, sondern auch von der
Kunst verherrlicht, ja, von den Trägern der WMissenschaft
und den weisesten Lenkern des Staates gebilligt. Der Kultus
der Aphrodite trug unter allen griechischen Götterdiensten
am meisten orientalischen Charakter und bestand im wesent-
lichen in einer Ubertragung desjenigen der babylonischen
Istar und der phönikischen Astarte nach Hellas daher