Full text: Die Gebrechen und Sünden der Sittenpolizei aller Zeiten, vorzüglich der Gegenwart.

  
  
  
  
In unserer Umgangssprache ist es eine weit 
verbreitete Auffassungsweise, die Begriffe 
pbon Sittlichkeit und Unsittlichkeit gewöhn- 
lich auf das geschlechtliche Leben zu be- 
schränken, ohne dabei zu berücksichtigen, 
daß es zahlreiche Arten der Unsittlichkeit 
giebt, welche in der Schädlichkeit ihrer Verübung und in der 
Gefährlichkeit ihrer Folgen meist ebenso schlimm und oft noch 
schlimmer sind als die Lasterhaftigkeit in geschlechtlicher Be- 
ziehunng. Es gilt dies z. B. von der Lügenhaftigkeit, der 
Trunk-, Spiel-, Streitsucht, der Unterdrückung und Uber- 
vorteilung Anderer, der Habsucht, dem Geize, der Arbeitscheu. 
Doch ist wahrscheinlich keines dieser Laster so weit verbreitet 
und greift so tief in die allgemeinen Verhältnisse, besonders 
in die der Familie und des Hauses hinein wie die Unkeusch- 
heit, und dies ist auch wohl der Grund, die letztere vorzugs- 
weise als Unsittlichkeit zu bezeichnen, wie es denn auch eine 
unausrottbare Gewohnheit geworden ist, die amtlichen Ver- 
anstaltungen gegen die Ausschreitungen dieses Lasters, und nur 
diese, unter den Begriff der Sittenpolizei zu bringen. 
Die Aufgabe der Sittenpolizei gehört wohl zu den 
schwierigsten, die es giebt, und es ist nicht zum Verwundern, 
Dr. Ollo Henne am Rhun, Sittenpolizei. 1 
  
  
  
  
  
  
  
  
 
	        
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