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und im getrennten französichen und italienischen niemals.
Auch die Nonnen wurden höher geschätzt als die Mönche.
Blieben auch unsittliche Vergehen nicht aus, so hört man
doch vor dem Beginn der Kreuzzüge und dem etwa gleich-
zeitigen Eindringen französischer Sitten in Deutschland hier
beinahe nichts von Prostitution.
Es war die Zeit der Troubadours im Süden, der
Trouvéres im Westen und der Minnesänger im Nordosten
Mitteleuropas, als die gallische Überschwenglichkeit in der
Liebe sich in einer eigentümlichen Vermengung mit der
spätrömischen Sittenlosigkeit zeigte. Die erstere beherrschte
zu gutem Teile die Dichter der Zeit, namentlich die Deutschen,
die zweite aber das Leben und daneben die französischen
und die sie nachahmenden Dichter. Nur mit Widerstreben
hatte Deutschland unter dem frommen und reinen Heinrich III.
die mit dessen Gattin Agnes von Poitou wider ihren Willen
eindringenden wälschen Sitten und Anschauungen aufgenommen;
aber beim Beginn der Kreuzzüge hatte es dem internationalen
Charakter dieser gegen den Orient gerichteten Unternehmungen
gemäß sich dem gallisch-römischen Einflusse, mehr freilich im
Süden und Westen, als im Norden und Osten, hingegeben.
Das aus Frankreich eindringende höfische Wesen und Ritter-
tum beherrschte bald die gesamte höhere Gesellschaft, wie mit
seinen guten Seiten, der Tapferkeit, der Lehenstreue und der
Liebe zur schönen Litteratur, so auch mit seinen schlimmen,
der Leichtfertigkeit im Verhältnis der Geschlechter und dem
Luxus in Speise, Trank, Kleidung und Wohnung. Zur
Ausbreitung dieser Schattenseiten trug besonders der Umstand
bei, daß die Geistlichen den Weltlichen mit einem schlimmen
Beispiele vorangingen. Sie galten im elften Jahrhundert
schon für besonders sittsam, wenn sie sich mit einer Geliebten
begnügten, und dies verlangten sogar ihre Pfarrkinder, damit
sie deren Frauen und Töchter unbehelligt ließen. Dies
hinderte aber die Meisten nicht an letzterem Unfuge. Waren
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