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— es war wahnsinnig. Soviel indessen erfuhr man aus
ihren irren Reden, — sie war einem Hause der Schande
entsprungen, in welches sie wider Willen gesperrt worden,
und hatte namenlose Greuel mit ansehen müssen! Sie hieß
Marie Bader und kam aus Enrichemont im Departement
des Cher.
Wir wenden uns nun zu den einzelnen, uns bekannt
gewordenen „Heldenthaten“ der Pariser „Sittenpolizei“ und
zu den damit in Verbindung stehenden Vorfällen.
In Paris wollten am 8. November 1877 zwei Leute,
welche sich als Agenten der Sittenpolizei ausgaben, zwei
Frauen ohne Grund zum Posten führen. Es sammelte sich
ein Haufe Volkes um die Scene, wobei die Frauen entkamen,
zwei junge Männer aber, die sich den sog. Agenten wider-
setzt haben sollten, verhaftet und zu Gefängnisstrafen verurteilt
wurden.
Am 6. Februar 1878 fiel der Polizeikommissär Daudet
mit zwei Agenten der „Sittenpolizei" und drei „Sicherheits-
wächtern“ in ein Haus, Nr. 8 Rue Duperré (Paris) ein,
um ohne jeden Ausweis über den Grund drei Frauen zu
verhaften; mit zweien gelang dies, die dritte aber entfloh
und brach dabei durch ein Glasdach, wodurch sie sich so ver-
letzte, daß sie in das Spital gebracht werden mußte, wo sie
starb, ein eben entwöhntes Kind hinterlassend.
Am 28. December 1880 entschied sich der Gemeinderat
von Paris auf Antrag von Y). Guyot im Prinzip für Ab-
schaffung des Gesundheitsbureaus der Sittenpolizei, für Ein-
führung eines unentgeltlichen arzneilichen und pharmazeutischen
Dienstes zu Gunsten kranker Frauenspersonen, für Aufhebung
der „Sittenbrigade“ und für Einführung von Veranstaltungen
zu dem Zwecke, die Sicherheitswächter mit ÜUberwachung der
Sitten in dem Sinne zu beauftragen, daß die Vergehen gegen
die Sittlichkeit dem herrschenden Willkürsystem entzogen und
an die ordentliche Gerichtsbarkeit gewiesen werden.