Full text: Die Gebrechen und Sünden der Sittenpolizei aller Zeiten, vorzüglich der Gegenwart.

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Noch am 17. November 1891 wurde Fräulein Mercedes 
Fernandez, seit 7 Jahren erste Angestellte bei Mad. Berthier, 
Modistin, auf dem Heimwege von zwei Agenten so grob 
angepackt, daß ihre Arme schwarz wurden, mit Du ange- 
redet, infolge ihres Widerstandes geschlagen und in ein Lokal 
zu etwa 20 Dirnen gebracht, über Nacht auf der Polizei 
behalten und nach 14 Stunden der Freiheitsberaubung endlich 
ohne Entschuldigung entlassen. Allgemeine Entrüstung erhob 
sich und es wurde dem Polizeipräfekten ins Gesicht gesagt, 
daß seine Agenten von den wirklichen Dirnen 5 bis 10 Fr. 
im Monat erhalten, um sie mit Razzien zu verschonen. Der 
hohe Beamte erwiderte hierauf — Nichts! Dies erklärt 
den Umstand, daß die Agenten die Dirnen ungeschoren lassen 
und ihren Mut an ehrbaren Damen erproben. Aber wie Alles 
in Frankreich, so verflog auch diese Erregung wieder, und 
die Sache geht ihren alten Gang fort. — 
Das nämliche Schicksal wie die genannte Dame erfuhr 
am 21. Januar 1892 die verheiratete und in Hoffnung 
stehende Mad. Moratille; sie wurde von einem betrunkenen 
Agenten angekettet und geschlagen, und nur die Hilfe eines 
Bekannten ihres Mannes, bei dessen Hause sie vorbeigeführt 
wurde, befreite sie aus den Klauen des Schurken. Seitdem 
lag sie krank. Als ihr Gatte sich bei dem Polizeipräfekten 
Lozé beschwerte, ließ dieser die Märe verbreiten, der Agent 
sei kein solcher gewesen, sondern habe sich nur dafür aus- 
gegeben. Es kam aber heraus, daß er ein wirklicher Agent 
war, und nun setzte ihn endlich Herr Lozé ab. 
Noch besser aber zeichnet folgender Vorfall die Zustände 
der Pariser „Sittenpolizei.“ Die Polizeipräfektur ließ seit 
einiger Zeit zwei öffentliche Dirnen suchen. Obwohl ihre 
Wohnung allgemein bekannt war und die eine derselben sogar 
einen Weinhandel betrieb, wollten die beauftragten Agenten 
(Fouck, Recorbet und Lavoi) die Betreffenden nicht finden. 
Endlich (Mitte 1892) zeigte es sich, daß diese Beamten mit
	        
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