Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

106 Das Staatsbürgerrecht. (8. 54.) 
Entlassung aus dem aktiven Dienste muß spätestens mit Ablauf der gesetzlichen Dienst— 
zeit erfolgen!; die Entlassung eingeschiffter Mannschaften der Marine kann jedoch, wenn 
den Umständen nach eine frühere Entlassung nicht ausführbar ist, bis zur Rücktehr in 
den Stationshafen des Reiches verschoben werden (F. 6, Abs. 4). Vor Ablauf der ge- 
setzlichen Dienstzeit kann Entlassung aus dem aktiven Dienste erfolgen zur Disposition 
des Truppenteils oder der Ersatzbehörden, im ersteren Fall nach zweijähriger 
Dienstzeit, falls der Bedarf durch Freiwillige oder Rekruten gedeckt ist; durch die Ein- 
führung der zweijährigen Dienstzeit ist die Bedeutung dieser Vorschrift eine sehr geringe 
geworden. Entlassung zur Disposition der Ersatzbehörden hat zu erfolgen 1. wenn Solda- 
ten während der Erfüllung ihrer aktiven Dienstpflicht dienstuntanglich werden Reichsmilitär= 
ges. §. 52); 2. Soldaten im aktiven Dienste können ferner auf Ansuchen zur Verfügung der 
Ersatzbehörden entlassen werden, wenn einer der im §. 20, Ziff. 1 bis 5 des Reichsmilitär= 
gesetzes? bezeichneten Gründe der Begünstigung erst nach ihrer Aushebung eingetreten 
ist, oder wenn in einzelnen Fällen besondere in dem Neichemilitärgesete nicht ausdrück- 
lich vorgesehene Billigkeitsgründe dies rechtfertigen (§. 22). Über die Zulässigkeit des 
Gesuches entscheidet nach Begutachtung der Verhältnisse durch die ständigen Mitglieder 
der Ersatzkommission der kommandierende General desjenigen Armeekorps, in welchem der 
Reklamierte seiner Dienstpflicht genügt, in Gemeinschaft mit der betreffenden Landes= oder 
Provinzialbehörde seines Heimatsbezirkes, beziehungsweise das zuständige Kriegsministerium 
in Gemeinschaft mit der obersten Zivilverwaltungsbehörde seines Heimatsbezirkes.“ Die 
Entlassung des Reklamierten erfolgt erst zu dem nächsten allgemeinen Entlassungstermine, 
sofern nicht ein ungewöhnlicher Grad der Dringlichkeit die frühere Entlassung notwendig 
macht. Auf Soldaten, welche sich bei mobilen Truppen im Dienst befinden, finden diese 
Bestimmungen in der Regel keine Anwendung ? (Reichsmilitärges. S. 53, Abs. 4 in der 
Fassung des Reichsges. v. 6. Mai 1880); 3. aus strafrechtlichen in der Wehrordnung, §. 82, 
Ziff. 2c, spezifizierten Gründen. 
Für Entscheidungen über das fernere Militärverhältnis der zur Disposition der 
Ersatzbehörden entlassenen Mannschaften sind dieselben Grundsätze maßgebend, nach welchen 
mit den noch nicht eingestellten Militärpflichtigen der entsprechenden Altersklasse verfahren 
wird (Reichsmilitärges. v. 2. Mai 1874, §. 55, Abs. 1)." Haben dergleichen Mann- 
schaften jedoch bereits ein Jahr oder als Einjährig-Freiwillige neun Monate aktiv ge- 
dient, so sollen sie nicht von neuem für den aktiven Dienst ausgehoben werden', es sei 
denn, daß sie der Verpflichtung, deren Erfüllung ihre Entlassung aus dem Militärdienste 
begründete, sich entziehen und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (§. 55, 
Abs. 2 a. a. O., Wehrordnung, §. 82, Ziff. 5). 
II. Nach Ablauf der zwei-, beziehungsweise dreijährigen aktiven Dienstzeit, also 
während des Restes der siebenjährigen Dienstzeit, werden die Mannschaften zur Reserve 
beurlaubts, welcher sie weitere vier Jahre angehören. Die Reserve ist in Jahres- 
  
1 Reichsmilitärgesetz, 8. 60, dazu Laband, 
Bd. IV, S. 155. Jet G. v. 15. April 1905, Art. II, 
§. 1 für den „Fall notwendiger Verstärkungen“. 
: liber die Entlassung aus dem aktiven Dienste 
des Heeres vgl. die §§S. 50—55 des Reichomilitär- 
gesetes v. 2. Mai 1874 und §. 53 des Ergän- 
zungsgeseves v. 6. Mai 1880. 
3 Vgl. S. 130 ff. 
* VUgl. Wbrordnung ⅜ 3, 3. 3, 4, 7: G. v. 
Ersatzbehörde dritter Instanz, jedoch ist die Ent- 
scheidung über die Ausführbarkeit der Rückkehr 
in die Heimat lediglich dem Ermessen des komman- 
dierenden Generals des mobilen Armeekorps und 
der mit gleichen Befugnissen versehenen Militär= 
befehldhaber anheimgestellt. Im allgemeinen soll 
nur die Versetzung zu einem Ersatztruppenteile 
oder zeitweise Beurlaubung gestattet sein, und 
sollen sofortige Entlassungen nur durch das zu- 
6. Mai 1880, Art. II, 8 Bei Marine ständige Kriegoministerium ausnahmsweise ver- 
mannschaften entscheidet der be der betr. Marine- fügt werden können. 
station in Gemeinschaft mit der in dritter In- “ AUgl. Wehrordnung, §. 82, Z. 5 b. 
stanz fungierenden Zivilbehörde des Heimat#bezirkes Diieselben treten alsdann — ihre Dienst- 
der Reklamierten Wehrordnung, §. 33, Ziff. 4.# tanglichkeit vorausgesetzt — zum Beurlaubtenstande 
* In dieser Beziehung besuummt die Wehr ihrer Waffe über (Wehrordnung, §. 82, Z. 5C). 
ordnung, §§. 83, 79, das Nähere. Soldaten, * Der Ausdruck: „beurlaubt“ wurde für un- 
welche sich bei mobilen Truppen im Dienste bee bedenklich und eine Ersetzung desselben durch „in 
finden, können nur im äußersien Notfalle rekta die Heimat entlassen“ nicht für erforderlich er- 
miert werden; über die Zulässigkeit befindet die achtet, weil die Auedriücke „Beurlaubte“ und
	        
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