Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

112 Das Staatsbürgerrecht. (8. 54.) 
mitgeteilt (Wehrordnung, 8. 125, Ziff. 5; §. 126, Ziff. 1). Unabkömmllichkeitserklärungen 
im Augenblick der Einberufung sind unzulässig (Ziff. 4). Als generell unabkömmlich und dem- 
gemäß ohne weiteres vom Waffendienst zurückgestellt bezeichnet die Wehrordnung, §. 125, 
Ziff. 3 (Fassung v. 25. März 1904, Z. Bl., S. 90) folgende Kategorien: a) „dauernd 
die zu einem geordneten und gesicherten Betriebe der Eisenbahnen unbedingt notwendigen Be- 
amten und ständigen Arbeiter; b) vorläufig (§. 128, Ziff. 8) die übrigen im Eisenbahn- 
dienst angestellten Beamten und ständigen Arbeiter; c) dauernd die im Frieden bei den 
Bekleidungsämtern beschäftigten Zivilhandwerker.“ 1 
3. Personen des Beurlaubtenstandes und der Ersatzreserve, welche ein geistliches 
Amt in einer mit Korporationsrechten innerhalb des Bundesgebietes bestehenden Religions- 
gesellschaft bekleiden, werden zum Dienste mit der Waffe nicht herangezogen. Außer- 
dem findet auf dieselben die Bestimmung des Abs. 1 Anwendung (§. 65, Abs. 2 a. a. O.) ? 
Übrigens sollen Reichs-, Staats= und Kommunalbeamte durch ihre Einberufung 
zum Militärdienste in ihren bürgerlichen Dienstverhältnissen keinen Nachteil erleiden. 
Ihre Stellen, ihr persönliches Diensteinkommen aus denselben und ihre Anciennität, so- 
wie alle sich daraus ergebenden Ansprüche bleiben ihnen in der Zeit der Einberufung 
zum Militärdienste gewahrt. Erhalten dieselben Offizierbesoldung, so kann ihnen der 
reine Betrag derselben auf die Zivilbesoldung angerechnet werden; denjenigen, welche einen 
eigenen Hausstand mit Frau oder Kind haben, beim Verlassen ihres Wohnorts jedoch 
nur, wenn und soweit das reine Zivileinkommen und Militärgehalt zusammen den Be- 
trag von 3600 Mark jährlich übersteigen. Nach denselben Grundsätzen sind pensionierte 
oder auf Wartegeld stehende Zivilbeamte hinsichtlich ihrer Pensionen oder Wartegelder 
zu behandeln, wenn sie bei einer Mobilmachung in den Kriegsdienst eintreten. Dieselben 
Vergünstigungen kommen nach ausgesprochener Mobilmachung auch denjenigen in ihren 
Zivilstellungen abkömmlichen Reichs= und Staatsbeamten zugute, welche sich freiwillig 
in das Heer aufnehmen lassen. Die näheren Bestimmungen bleiben den einzelnen Bundes- 
regierungen überlassen" (§. 66 des R. Mil. G. und Art. II. §. 66 des R. G. v. 6. Mai 
1880/0. 
befreit (Wehrordnung, §. 125, Ziff. 4). 
Gendarmerie und Schutzmannschaften sind von der Einberufung zu den Truppen 
4. Sobald die älteste Jahresklasse der Landwehr zweiten Aufgebotes, beziehungsweise 
des Landsturmes einberufen ist, 
S. 125, Ziff. 8). 
erlischt jedes Anrecht auf Zurückstellung (Wehrordnung, 
  
1 Über das Verfahren Wehrordnung, 8§. 128, 
129. Für Schmalspurbahnen eine Sondervor- 
schrift im 3. Abs., Ziff. 3 d. §. 125; über Be- 
rufsfeuerwehren in den Festungen jetzt d. Verordn. 
v. 25. März 1904, Z. Bl., S. 91. 
Dieselben werden im Fale des Bedarfs im 
Dienste der Krankenpflege und Sesorge ver- 
wendet. Wehrordnung, §. 13, Ziff. Vgl. 
auch Stenogr. Ber. des Reichstages 1#4 Bd. II, 
S. 911. Die Bestimmung des S§. 65, Abf. ¾ 
findet keine Anwendung auf diejenigen, welche 
seelsorgerische Tätigkeit üben, ohne ein 
geistliches Amt zu bekleiden. Der Fassung 
liegt die ausgesprochene Absicht zugrundc, zu un- 
terscheiden zwischen „Amt“ und „persönlicher 
Qualität“, derart, daß durch den Empfang der 
Weihen allein kein Anspruch im Sinne des §. 65 
erworben wird. Dagegen macht es keinen Unter- 
schied, ob semand das Amt definitiv oder provi- 
sorisch betleidet. — Auch das Rabbinat gilt als 
ein geistlicheo Amt im Sinne des §. 65. Vgl. die 
Verhandl. in den Stenogr. Ber. des Reichstages 
1874, Bd. lI. S.908, 909 u. 912 Uber das gene- 
relle Zurückstellungsprivileg der Studierenden der 
röm. kath. Theologie bezüglich der Aushebung s. 
S. 100, über das kbrioileg, das die Ordination und 
Priesterweihe geben, s. S. 133, III. 
  
3 Wehrordnung, §§. 125 und 126 geben die 
näheren Vorschriften. 
" In Preußen sind die betr. älteren Be- 
stimmungen in Kraft geblieben, da dieselben dem 
§. 66 des Neichsmilitärgesetzes entsprechen, dessen 
Grundlage sie bilden. Unter ihnen nimmt der 
Staatsmin. Beschl. v. 22. Jan. 1831 die erste 
Stelle ein. Ein Teil der Grundsätze desselben ist 
in den §. 65 des Reichsmilitärgesetzes v. 2. Mai 
1874, bezw. in die zur Ausführung dieses Para- 
graphen erlassenen Bestimmungen (8§. 20 u. 21 der 
Wehrordnung) übergegangen. Der der Materie des 
8. 66 des Reichsmilitärgesetzes angehörige Inhalt 
desselben ist nebst einigen ergänzenden Bestimm. 
in die dem Staatsmin. Beschl. v. 19. Juli 1850 
beigefügte Zusammenstellung der Bestimmungen 
über die Behandlung der militärpflichtigen Zivil- 
beamten im Falle ihrer Einberufung zum Kriegs- 
dienste bei einer Mobilmachung der Armee (M. 
Bl. d. i. Verw. 1850, S. 234 u. Just. M. Bl. 
1850, S. 293, übernommen worden, zu welchen 
demnächst noch erweiternde Bestimmungen er- 
gangen sind, insbesondere die Kab. O. v. 7. April 
1852 u. der Staatsmin. Beschl. v. 3. Juni 1852; 
dazu kommt eine Reihe späterer Ministerialver= 
fügungen, vgl. Militärgesetzgebung des D. Reiches 
Bd. I, S. 54 ff.
	        
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