Die Wehrpflicht. (8. 54.) 117
in welchen zwei Sprachen der sich Meldende geprüft sein will, sowie ob und wo er sich
etwa der Prüfung bereits früher unterzogen hat (Fassung v. 25. Mai 1904, Z. Bl.
S. 89). Auch hat derselbe einen selbstgeschriebenen Lebenslauf beizufügen (ebendafs.,
Ziff. 5). Von dem Nachweise der wissenschaftlichen Befähigung dürfen entbunden
werden: 1. junge Leute, welche sich in einem Zweige der Wissenschaft oder Kunst, oder
in einer anderen dem Gemeinwesen zugute kommenden Tätigkeit besonders auszeichnen;
2. kunstverständige oder mechanische Arbeiter, welche in der Art ihrer Tätigkeit Hervor-
ragendes leisten; 3. zu Kunstleistungen angestellte Mitglieder der landesherrlichen Bühnen.
Personen, welche auf eine derartige Berücksichtigung Anspruch machen, haben ihrer Mel-
dung die erforderlichen amtlich beglaubigten Zeugnisse beizufügen. Dieselben sind nur
einer Prüfung in den Elementarkenntnissen zu unterwerfen, nach deren Ausfall die Ersatz-
behörde dritter Instanz entscheidet, ob der Berechtigungsschein zu erteilen ist oder nicht
(ebendas., Ziff. 6). Militärpflichtige, welche in der Vorbereitung zu einem Lebensberufe
oder in der Erlernung einer Kunst oder eines Gewerbes begriffen sind und aus dem
Grunde, weil sie durch eine Unterbrechung bedeutenden Nachteil erleiden würden, vorläufig
zurückgestellt worden sind, dürfen — mit Genehmigung der Ersatzbehörden dritter In-
stanz — während der Dauer der Zurückstellung die Berechtigung zum einjährigen Dienste
nachträglich nachsuchen. Weitere Ausnahmen können nur in vereinzelten Fällen durch
die Ersatzbehörden dritter Instanz genehmigt werden (ebendas., Ziff. 7).
e) Diejenigen Lehranstalten, welche gültige Zeugnisse über die wissenschaftliche Be-
fähigung für den einjährig-freiwilligen Dienst ausstellen dürfen, werden durch den Reichs-
kanzler anerkannt und klassifiziert (§. 90, Ziff. 1, a. a. O.). Dabei sind folgende Lehr-
anstalten unterschieden : 1. solche, bei welchen der einjährige erfolgreiche Besuch der
zweiten Klasse (Untersekunda) zur Darlegung der wissenschaftlichen Befähigung genügt
(Gymnasien, Realgymnasien, Oberrealschulen); 2. solche, bei welchen der einjährige er-
folgreiche Besuch der ersten Klasse nötig ist (Progymnasien, Realprogymnasien, Real-
schulen, öffentliche Schullehrerseminare, andere öffentliche Lehranstalten); 3. Privatlehr-
anstalten; 4. Lehranstalten im Auslande. Die erfolgte Anerkennung ist durch das Zentral-
blatt für das Deutsche Reich zu veröffentlichen? (ebendas., Ziff. 3). Die Einheitlichkeit
der Anforderungen hat die Reichsschulkommission zu sichern. Reifezeugnisse für die
Universität und die derselben gleichgestellten Hochschulen und Reifezeugnisse für die erste
Klasse der unter 1. genannten Anstalten machen die Beibringung der besonderen Zeug-
nisse entbehrlich, ebenso das Reifezeugnis von Progymnasien, Realprogymnasien und Real=
schulen (ebendas., Ziff. 4). Der einjährige Besuch der zweiten Klasse des Kadettenkorps
genügt zum Nachweise der wissenschaftlichen Befähigung (ebendas., Ziff. 5). Die Prüfungs-
kommission prüft die Gültigkeit der Zengnisse und erteilt, sofern gegen dieselben nichts
einzuwenden ist, den Berechtigungsschein (ebendas., Ziff. 6). Außerdem hat der Reichs-
kanzler noch gewisse Dispensationsfakultäten (Ziff. 7 u. 8).
f)Wer die wissenschaftliche Befähigung für den einjährig-freiwilligen Dienst durch
eine Prüfung nachweisen will, hat sich auf die Vorladung der Prüfungskommission per-
sönlich im Prüfungstermine einzufinden (§. 91, Ziff. 1, a. a. O.). Alljährlich finden
zwei Prüfungen statt, die eine im Frithjahre, die andere im Herbste. Das Gesuch um
Zulassung zur Prüfung muß für die Frühjahrsprüfung spätestens bis zum 1. Febr., für
die Herbstprüfung spätestens bis zum 1. Aug. angebracht werden (ebendas., Ziff. 2).7
8) Die Prüfungskommissionen bestehen aus ordentlichen und außerordentlichen Mit-
gliedern (§. 92, Ziff. 1, a. a. O.). Ordentliche Mitglieder sind: a) zwei Stabsoffiziere
oder Hauptleute; b) der Zivilvorsitzende der Oberersatzkommission, in deren Bezirk die
1 Zu 8§. 90 f. jetzt die Abänderungen durch 190##als Anlage 2 beigefügte „Prüfungsordnung“
die V. v. 25. März 1904, Z. Bl. 39. erlassen, welche die Gegenstände der Prüfung und
* Bgl. Z. Bl. für das D. NR. 1904. —-. das Verfahren bei derselben feststellt und die
Grundsätze der Entscheidung über den Ausfall
Einmalige Miederholung
bei Nichtbestehen ist gestattet, ausnahmsweise selbst
25. März
293 ff., das neueste Gesamtverzeichnis.
2 S. Über diese Laband, Bd. 1, S. 367.
* Uber die Prüfung selbst und die Zulässig-
keit der Wiederholung derselben ist die (dem §. 91
der Wehrordnung, bezw. d. Verordn. v. 25. März
der Prüfung regelt.
sabermalige, s. dazu Verordnung v.
1904, die jetzige Zifi. 3 d. §. 91, Z. Bl., S. 83.