120 Das Staatsbürgerrecht.
(§. 54.)
worden ist 1, auch andere Militärpflichtige das Recht, schon vor Beginn des militärpflich-
tigen Alters, jedoch nicht vor vollendetem 17. Lebensjahre, freiwillig zu drei= oder vier-
jährigem 2, bei der Marine auch zu fünf= oder sechsjährigem aktivem Dienst in das
stehende Heer, beziehungsweise die Flotte, einzutreten, wodurch nach §. 17, Abs. 2 a. a. O.,
zugleich ihr Recht begründet wird, selbst den Truppenteil innerhalb des Reiches zu wählen,
bei welchem sie ihrer aktiven Dienstpflicht genügen wollen.? Wer von dieser Befugnis
Gebrauch machen will, muß die Erlaubnis zur Meldung bei einem Truppenteile bei dem
Zivilvorsitzenden der Ersatzkommission seines Aufenthaltsortes nachsuchen; die Erlaubnis
erfolgt durch Erteilung des Meldescheines, die von der Einwilligung des Vaters oder
des Vormundes und von der obrigkeitlichen Bescheinigung, daß der zum freiwilligen
Dienste sich Meldende durch Zivilverhältnisse nicht gebunden ist und sich untadelhaft ge-
führt hat, abhängig zu machen ist.“ Der erteilte Meldeschein hat nur bis zum nächsten
1. April Gültigkeit. Wer bis zum 31. März seines ersten Militärpflichtjahres keinen
Meldeschein nachgesucht oder erhalten hat, bleibt zur Verfügung der Oberersatzkommission
(G. v. 6. Mai 1880, Art. II, §. 10; Wehrordnung, §. 84, Ziff. 4). Unter Vorlegung des
Meldescheines haben die Betreffenden sich an den Kommandeur des von ihnen gewählten
Truppenteiles zu wenden, welcher, sofern er kein Bedenken gegen die Annahme hat, ihre
körperliche Untersuchung veranlaßt und über ihre Annahme entscheidet. Sofortige Ein-
stellung findet nur bei vorhandenen Vakanzen und nur in der Zeit vom 1. Okt. bis
31. März statt. Außerhalb dieser Zeit dürfen nur Freiwillige, welche auf Beförderung
dienen wollen, oder welche in ein Militärmusikkorps einzutreten wünschen, eingestellt
werden (Wehrordnung, §. 85, Ziff. 2). Wenn keine Vakanzen vorhanden sind, oder Frei-
willige mit Rücksicht auf die Zeit ihrer Meldung nicht eingestellt werden dürfen, so
können die Freiwilligen zwar angenommen werden, sind jedoch nach Abnahme ihres
Meldescheines bis zu ihrer Einberufung vorläufig in die Heimat zu beurlauben. Ihre
Annahme erfolgt durch Erteilung eines Annahmescheines (§. 85, Ziff. 3). Über frei-
willigen Eintritt in die Marine gibt die Marineordnung die näheren Vorschriften.
D. Der Militärersatz im Frieden.
(Wehrordnung: Erster Teil 8§. 1—94.)
Die Erfüllung der Wehrpflicht wird gegenüber den einzelnen Wehrpflichtigen durch
Aushebung (Rekrutierung) zur Geltung gebracht; die Aushebung hat den Zweck, die all-
gemeine Wehrpflicht durch Einstellung der dazu Verpflichteten zum aktiven Dienste zur
Ausführung zu bringen. In dieser Beziehung gelten folgende Bestimmungen:
I. Der Kaiser bestimmt für jedes Jahr nach Maßgabe des Gesetzes 3 die Zahl
der in das stehende Heer und in die Marine einzustellenden Rekruten. Der gesamte Er-
satzbedarf wird zunächst nach Maßgabe der erfolgten Abgänge im Rahmen der gesetzlich
festgestellten Friedenspräsenzziffer normiert; dies ist ausschließlich Sache des Kaisers."
Dieser Gesamtbedarf der Rekruten wurde bisher durch den Bundesratsausschuß für das
Landheer und die Jestungen. beziehungsweise unter Mitwirlung des Jundesratsausschusses
Vgl. die vorstehenden Ausführungen zu III.
: Der freiwillige Eintritt zu einer vierjäh-
rigen aktiven Dienstzeit bei der Kavallerie be-
gründet zugleich das Recht, nur drei Jahre bei
der Landwehr zu dienen. Neichomilitärgeset v.
2. Mai 1874, 5. 50, Abs.R
liber die Ableistung ber Neseblichen Dienst—
pflicht als Unterroßarzt vgl. 8. 19 der Be—
stimmungen über das Militärveterinärwesen v.
15. Jan. 1874 (Militärgesegebung mit Erlänt.,
Bd. J, Abschn. II, S. 2901. Uber den frei-
willigen Eimritt im Kriege vgl. Wehrordnung,
§. 98. liber die Dienstpflicht der Jögunge mili-
tärischer Bildungs= und vehranstalten (für jedes
Jahr Anustaltsbesuch 2 Jahre längerer aktiver
Dienst) Wehrordnung, §. 10. Über freiwilligen
Eintrit in Unteroffizierschulen Wehrordnung, §. S7.
Unber die nach Einstellung von Freiwilligen
zu erstattenden Meldungen s. Wehrordnung §. 86.
* Nämlich nach Maßgabe der Bestimmungen
des Art. 59 der R. Verf. (Dienstzeit) und der
gesetzlichen Vorschriften über die Friedenspräsen
stärke des Heeres, G. v. 25. März 1899 (R. G.
213), das die Friedenspräsenz auf 495500 Ge-
meine u. Gefreite bis 31. März 1904 festsetzt, jetzt
durch G. v. 15 April 1905 (R. G. B. 247) bis auf
5000 399 (Gemeine, Gefreite und Obergefreite im
Jahre 1910 erhöht.
6 Daß dieses Recht des Kaisers augesichts der
durch Gesetz gegebenen Grundlagen der Be-