Die Wehrpflicht. (8. 54.) 129
zur Musterung, sodann vor der Oberersatzkommission zur Aushebung; zu ersterem Zweck
kann der Aushebungsbezirk in mehrere Musterungsbezirke eingeteilt werden; die Gestellung
zur Musterung hat der Gemeindevorsteher anzuordnen, dessen Anordnungen eventuell mit
persönlichem Zwange durchzuführen sind (Wehrordnung, 8. 62, Ziff. 3, Abs. 3). Die
Musterung bezweckt in erster Linie die körperliche Untersuchung.1
VI. Die Reihenfolge, in welcher die in einem und demselben Jahre geborenen
Militärpflichtigen auszuheben sind, wird in jedem Aushebungsbezirke durch das Los be-
stimmt (§. 13, Abs. 1 des Reichsmilitärges.).¾ Von der Losung sind nur auszuschließen:
a) die zum einjährig-freiwilligen Dienste Berechtigten; b) die von den Truppen-,
beziehungsweise Marineteilen angenommenen Freiwilligen, einschließlich der Forstlehrlinge;
I) die vorweg Einzustellenden, d. i. solche Militärpflichtige, welchen wegen Nichterscheinens
zu Terminen die Vorteile der Losung entzogen sind (Wehrordnung, §. 66, Ziff. 3;
Reichsmilitärges., §. 33); d) die dauernd Unwürdigen 3; e) bis auf weiteres die Militär-
pflichtigen der seemännischen und halbseemännischen Bevölkerung. Die übrigen Militär-
pflichtigen ziehen das Los; die Abschlußnummer des Bedarfs wird bis 1. Febr. jeden
Jahres durch die Oberersatzkommission festgestellt (Wehrordnung, §. 58, Ziff. 2). Eine Ab-
weichung von der Nummerfolge ist nur zulässig nach Verfügung der Oberersatzkommission,
soweit die erforderliche Anzahl solcher Rekruten, an welche im Interesse einzelner Waffen-
gattungen“" besondere Anforderungen gestellt werden müssen, innerhalb der vorhergehenden
Nummern nicht zu finden ist (Reichsmilitärges., §. 13, Abs. 2). Die Ausgehobenen?
werden nicht sofort eingestellt, sondern zunächst mit Urlaubspässen entlassen, stehen aber
vom Moment der Aushändigung dieses Passes als Mannschaften des Beurlaubtenstandes
unter Kontrolle der Landwehrbehörden (Reichsmilitärges. §. 34; Wehrordnung, §. 73,
Ziff. 5, 6; S. 80).
VII. Diejenigen Militärpflichtigen, welche infolge hoher Losnummer in dem ersten
Jahre ihrer Dienstpflicht nicht zur Einstellung in den Militärdienst gelangen, werden als
„Uberzählige“ von der Oberersatzkommission zurückgestellt, aber auf sie kann in den beiden
nächstfolgenden Jahren zurückgegriffen werden, wenn in dem Aushebungsbezirke der Re-
krutenbedarf des Jahres in anderer Weise nicht gedeckt werden kann. Die im dritten
Jahre übrigbleibenden Militärpflichtigen werden der Ersatzreserve überwiesen (§. 13,
Abs. 4 a. a. O.). Außerdem kann Zurückstellung erfolgen wegen zeitlicher Untauglichkeit
(Reichsmilitärges. §. 17, dazu Wehrordnung, §. 31), wegen zeitlicher Unwürdigkeit (§. 18,
dazu Wehrordnung, §. 30; s. auch S. 103) und in Berücksichtigung bürgerlicher Ver-
hältnisse.
In Berücksichtigung bürgerlicher Verhältnisse sind Zurückstellungen oder Befreiungen
vom Militärdienste grundsätzlich zulässig; die Gründe der Begünstigung sind teils allgemeiner
Natur, nämlich solche, welche ganze Gattungen von Fällen betreffen, teils individueller
Art und von der Untersuchung des einzelnen Falles abhängig. Die gesetzlich statthaften
Zurückstellungen, ausgenommen der Uberzähligen (s. oben), oder Befreiungen werden von
der Ersatzkommission ausgesprochen, und zwar nur auf Ansuchen der Militärpflichtigen
oder ihrer Angehörigen (Reklamationen), auf Grund besonderer Prüfung der Verhältnisse
—
1 Vgl. Wehrordnung, 88§. 60, 62, 63 ff. Fass. solcher, welche eine höhere Losnummer gezogen
v. 25. März 1904); über die Aushebung Ss§. # haben, nach wie vor die Instruktion entscheide“
72—74; über außerterminliche M#nsterungen §.7S. LStenogr. Ber. des Neichstages 1874, Bd. II,
S. 8001. — Die Wehrordnung, S. 66, Ziff. 14
und F. 73, Ziff. 5, bezeichnet als die in Rede
stehenden Wassengattungen: Garde, Kürassiere,
2 Die näheren Bestimmungen über die Vor-
stellungslisten und deren Brdeutung, über die
Reihensolge der Militärpflichtigen bei der Aus= Kehenden Wanruge "K 6 4
hebung und über die Losung Wehrordnung, §. 66; JFuhartilleric, Piontere, Verkehrotruppen, Okono=
vgl Laband, Bd. #IV, S. 137 ff miehandwerker, Marinec.
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«Vgl.,s§.15,18u.:3:-;desNcichsmilitiw··«««1.5n,gcl)m·tattd)»dprwx1-Himbcrjtawc
gesetzes, Wehrordnung, 8. 66, Ziff. 7. für den „eine nach der Erfahrung zu bemessende
Oierzu bemerkte der Berichterstatter Lasker, # Anzahl von Rekruten“ auszuheben ist, um Ab-
5 * · D -- 1 22 à s ILI 3 7« 65565— *
„daß über die Frage, welche Wasfengattungen gänge zu decken; Wehrordnung, §. 173, Ziff. 5,
1
besondere Erfordernisse haben und demgemäß ver- Abs. 3, S. 77.
sorgt werden müssen, auch durch Aushebung * Vgl. hierzu Wehrordnung, §. 34, S. 73, Ziff. 7.
v. Rönne-Zorn, Preuß Staatsrecht. 5. Aufl. 11. 9