144 Das Staatsbürgerrecht. (., 55.)
werden im WAufenthaltsstaate besteuert (§. 2). Ergänzend treten diesen reicherechtlichen
Vorschriften die Bestimmungen des Landesrechtes zur Seite 1, insbesondere auch für die
Besteuerung solcher Personen, die zwar eine deutsche Staatsangehörigkeit, aber weder
Wohnsitz noch Aufenthalt im deutschen Inlande besitzen; das preußische Recht besteuert sie
nur von inländischem Grundbesitz, inländischem Gewerbebetrieb und aus Staatskassen
bezogenem Einkommen.
V. Neben der Steuerpflicht gegenüber dem Einzelstaate steht unter den heutigen
deutschen Staatsverhältnissen noch die Steuerpflicht gegenüber dem Reiche. Bei
Aufrichtung des deutschen Gesamtstaates erfolgte verfassungsmäßig die Verteilung der
Finanzquellen in der Art, daß den Einzelstaaten die direkten, dem Reiche die Zölle
und die indirekten Steuern überwiesen wurden.) Demgemäß bezieht das Reich
die Hauptmasse seiner Einnahmen gemäß dem Zolltarifgesetz v. 25. Dez. 1902 (R. G. B.,
S. 303), den Gesetzen über die Besteuerung von Salz, Branntwein, Bier, Tabak und
inländischem Rübenzucker. Dazu sind noch getreten die Einnahmen aus dem Spielkarten=
und Wechselstempel, sowie die sog. Börsensteuer; endlich noch die Schaumweinsteuer. Die
nähere Darlegung der einschlägigen Rechtsvorschriften gehört dem Reichsstaatsrecht an.
VI. Das System der Gemeindesteuern ist nach dem heute für die gesamte
Monarchie geltenden Kommunalabgabengesetz v. 14. Juli 1893 (G. S., S. 152)
folgendes *:
1. In erster Linie sind die Gemeinden, soweit anderweitige Finanzquellen 5 nicht
ausreichend fließen, angewiesen auf die vom Staat zwar veranlagten, aber zur Erhebung
den Gemeinden überlassenen sog. Realsteuern, nämlich Grund= und Gebändesteuer
sowie die Gewerbesteuern." Diese Steuern werden erhoben entweder nach Maßgabe
selbständiger, statutarisch zu erlassender Steuerordnungen, die der Staatsgenehmigung be-
dürfen?, oder nach Maßgabe der vom Staate erfolgten Veranlagung in Prozenten der-
selben.“ Uber den Begriff Gemeinde s. unter Ziffer 11.
Die genannten Steuern sind also ihrer rechtlichen Natur nach Staatssteuern, in
Hinsicht ihres Ertrages aber Gemeindesteuern. Für die Grund= und Gebäudesteuer sind
maßgebend die beiden Gesetze v. 21. Mai 1861 (G. S., S. 253 ff., 317 ff.); für die
allgemeine Gewerbesteuer das Gesetz v. 24. Juni 1891 (G. S., S. 205); eine besondere
Betriebssteuer hat noch das Gewerbesteuergesetz §. 59 ff. von den Gast= und Schankwirt-
schaften, sowie dem Kleinhandel mit Branntwein und Spiritus eingeführt und speziell
als Kommunalsteuer der Kreise bestimmt. Die besondere Bergwerksabgabe, die die ältere
Gesetzgebung (Ges. v. 12. Mai 1851; G. S., S. 261 und v. 20. Okt. 1862, G. S.,
S. 351) vorgeschrieben hatte, ist durch das Gesetz v. 14. Juli 1893 aufgehoben: die
1 S. dazu G. Meyer, Verw. R., Bd. II, S. gedanken der großen Migquelschen Reform in
219, N. 20.
3 Eink. St. G., §. 2.
Vgl. über die Gestaltung des Reichofinanz-=
rechts Laband, St. R., Bd. IV, S. 382 ff.;
Zorn, St. R., Vd. II, S. 720—805: Arndt,
St. R. 338 ff., 351 ff.; G. Meyer, Verw. N.,
Bd. II, S. 329 ff. Dazu die Schriften und
Arbeiten von Schanz, Der Reichehaushalt und
das Finanzwesen der Einzelstaaten, Finanzarchiv
1895, S. 88 ff.: G. v. Mayr, Die Finanz-
reform, insbesondere vom staaterechtlichen Ge-
sichtspunkte 1902; Köpve, Die Reichsfinanz=
reform 1902; Nehm, Die Reichsfinanzreform,
ihre Gründe und ihre Durchführung 1903;
Kestner, Betrachtungen zur Reichefinanzreform
in den Annalen des Deutschen Reichs 100,
S. I# ff.; Rheinboldt, Das Reichofinanzwesen
1904; v. Jagemann, Reichsfinanzreform 1004.
* Vgl. G. Meyer, Verw. N., Bd. II, S.
224 ff.; Nöll, K. A. G., 4. Aufl., 1902; 5. Aufl.,
1905, besorgt von Freund; über die Grund-
diesem Punkte s. die Denkschr. in Drucks. d. Abg. H.
1892—93, Nr. 8; vgl. auch v. Lesigang in
Conrads Handwörterb., I. Suppl., S. 432 ff.;
Herrfurth, ebendas., S. 590 ff.; und 2. Aufl.,
Bd. V, 275 ff.; Schön, Recht der Kommunal=
verbände, S. 200 ff., 411 ff., 463 ff. u. die hier
zit. Spczialliteratur; auch die Kommentare von
Adickes, 1. Aufl., 1905; Friedrich, 1901;
Schaff, 2. Auft., 1001, Grotefend, 1899 u. a. m.
5 Eine Neuregelung der „Gebühren u. Bei-
träge“ geben die SS. 4—12 d. K. A. G., s. da-
zu Herrfurth, a. a. O., S. 596.
* (G. v. 11. Juli 1893 wegen Aufhebung
direkter Staatssteuern, §§. 1, 2; K. A. G., E. 23.
Die Steuer vom Gewerbebetrieb im Umherziehen
((G. v. Z3. Juli 1876, G. S. 247, abgeändert
durch Ges. v. 23. Dez. 1886, G. S., S. 273) ist
dem Staate verblieben.
7 K. A. G., SS. 23, 25, 29.
* K. A. G., §§. 26, 30; s. Herrfurth, a.
a. O., S. 599.