Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Freiheit und Sicherheit der Person. (8. 57.) 165 
nung, der Geschäftsräume oder des befriedeten Besitztums ohne Beisein des Richters 
oder des Staatsanwalts stattfindet, so sind, wenn dies möglich, ein Gemeindebeamter 
oder zwei Mitglieder der Gemeinde, in deren Bezirk die Durchsuchung erfolgt, zuzuziehen. 
Die als Gemeindemitglieder zugezogenen Personen dürfen nicht Polizei= oder Sicher- 
heitsbeamte sein (§. 105, Abs. 2). Die in den Absätzen 1 und 2 des §. 105 ange- 
ordneten Beschränkungen der Durchsuchung finden keine Anwendung auf die im §F. 104, 
Abs. 3 bezeichneten Wohnungen und Räume (§. 105, Abs. 3). Durchsuchungen in 
militärischen Dienstgebäuden erfolgen mittels Ersuchen an die Militärbehörde, und auf 
Verlangen der Zivilbehörde (Richter, Staatsanwaltschaft) unter deren Mitwirkung. Des 
Ersuchens an die Militärbehörde bedarf es jedoch nicht, wenn die Durchsuchung von 
Räumen vorzunehmen ist, welche in militärischen Dienstgebäuden ausschließlich von Zivil- 
personen bewohnt werden (§F. 105, Abs. 4 wie §. 98, Abs. 4). Der Inhaber der zu 
durchsuchenden Räume oder Gegenstände darf der Durchsuchung beiwohnen. Ist er ab- 
wesend, so ist, wenn dies möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Haus- 
genosse oder Nachbar zuzuziehen. Dem Inhaber oder der in dessen Abwesenheit zu- 
gezogenen Person ist in den Fällen des §. 103, Abs. 1 der Zweck der Durchsuchung 
vor deren Beginn bekannt zu machen. Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf die 
Inhaber der im §. 104, Abs. 2 bezeichneten Räume (§. 106). Dem von der Durch- 
suchung Betroffenen ist nach deren Beendigung auf Verlangen eine schriftliche Mitteilung 
zu machen, welche den Grund der Durchsuchung (§§. 102, 103) sowie im Falle des 
§. 102 die strafbare Handlung bezeichnen muß. Auch ist demselben auf Verlangen ein 
Verzeichnis der in Verwahrung oder in Beschlag genommenen Gegenstände, falls aber 
nichts Verdächtiges gefunden wird, eine Bescheinigung hierüber zu geben (§. 107). Werden 
bei Gelegenheit einer Durchsuchung Gegenstände gefunden, welche zwar in keiner Be- 
ziehung zu der Untersuchung stehen, aber auf die erfolgte Verübung einer anderen straf- 
baren Handlung hindeuten, so sind dieselben einstweilen in Beschlag zu nehmen. Der 
Staatsanwaltschaft ist hiervon Kenntnis zu geben (§F. 108). Die in Verwahrung oder 
in Beschlag genommenen Gegenstände sind genau zu verzeichnen und zur Verhütung von 
Verwechslungen durch amtliche Siegel oder in sonst geeigneter Weise kenntlich zu machen 
(§. 109). Eine Durchsicht der Papiere — Briefe, Telegramme, Tagebücher, Geschäfts- 
papiere u. dgl. — des von der Durchsuchung Betroffenen steht nur dem Richter zu. 
Andere Beamte sind zur Durchsicht der aufgefundenen Papiere nur dann befugt, wenn 
der Inhaber derselben die Durchsicht genehmigt. Andernfalls haben sie die Papiere, 
deren Durchsicht sie für geboten erachten, in einem Umschlage, welcher in Gegenwart 
des Inhabers mit dem Amtssiegel zu verschließen ist, an den Richter abzuliefern. Dem 
Inhaber oder dessen Vertreter ist die Beidrückung seines Siegels gestattet; auch ist er, 
falls demnächst die Entsiegelung und Durchsicht der Papiere angeordnet wird, wenn dies 
möglich, aufzufordern, derselben beizuwohnen. Der Richter hat die zu einer strafbaren 
Handlung in Beziehung stehenden Papiere der Staatsanwaltschaft mitzuteilen (§. 110). Über 
Dienstpapiere vgl. Strafprozeßordnung §. 96. 
2. Außerhalb dieser Vorschriften der Reichsstrafprozeßordnung über Durchsuchungen 
und Haussuchungen bestehen indes noch Spezialbestimmungen hierüber, welche neben den 
Vorschriften der Reichsstrafprozeßordnung, zufolge der Bestimmungen des §. 5 und des 
§. 6, Ziffer 3 des Einführungsgesetzes zur letzteren, in Geltung geblieben sind, insoweit 
  
des Reichsgerichts v. 5. Dez. 1879, in Hart- 
manns Zeitschr., Bd. VI, S. 224). Vgl. auch 
H. Seuffert bei Stengel, Bd. 1I, S. 291; 
Entsch. d. Reichegerichte i. Strafs., Bd. II, Nr. 
110, Bd. XIII, S. 270 ff. 
weitere Vorschriften instruktionellen Inhalts für 
entbehrlich erachtet. Selbstverständlich ist, daß 
mit möglichster Schonung zu verfahren ist und 
insbesondere zu einer gewaltsamen Offnung 
verschlossener Behältnisse usw. nur im Notfalle 
1 Vgl. hierzu F. Bl. f. d. D. R. 1380, Nr. 
26 die näheren Bestimmungen über „Militär- 
behörde“, s. auch vöwe, S. 379 f. 
: Bezüglich des bei Durchsuchungen zu be- 
obachtenden Verfahrens hat die Reichsstraf- 
prozeßordnung sich auf die Aufstellung der in den 
88. 106 ff. erteilten Bestimmungen beschränkt und 
  
geschritten werden darf. — Vgl. übrigens die (auf 
das G. v. 12. Febr. 1850 gestützten und durch 
die Reichsstrafprozebordnung modifizierten) Be- 
stimmungen in den Zirk. Reskr. des Min. d. Inn. 
v. 13. Juni 1849 u. 9. März 1860 (M. Bl. 
d. i. Verw. 1849, S. 132 u. 1860, S. 40; J. 
M. Bl. 1860, S. 118).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.