Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Freiheit und Sicherheit der Person. (8. 57.) 177 
gehoben erklärt. Das Gesetz v. 23. Juli 1847 enthält betreffs der inländischen Juden 
keine weiteren Beschränkungen in bezug auf die Wahl ihres Aufenthalts und ihres 
Niederlassungsrechtes, als diejenigen, welche im Titel J, Abschnitt 2 desselben für das 
Großherzogtum Posen vorgeschrieben waren. Für diesen Landesteil sollte nämlich (8. 24) 
die bisherige Unterscheidung in naturalisierte und nicht naturalisierte Juden fortbestehen 
bleiben, und nur die naturalisierten Juden sollten (§. 29) den Juden in den übrigen 
Landesteilen gleichgestellt sein; wogegen (§. 33) die nicht naturalisierten Juden vom Er- 
werbe des städtischen Bürgerrechtes ausgeschlossen blieben, die Errichtung eines Wohn- 
sitzes auf dem Lande ihnen nur bedingungsweise gestattet sein, und der Umzug in andere 
Provinzen ihnen gar nicht gestattet werden, und für den vorübergehenden Aufenthalt da- 
selbst die Genehmigung des Oberpräsidenten der Provinz erforderlich sein sollte. v. Rönne 
(4. Aufl., Bd. II, S. 60) war der Meinung, daß durch §. 5 des Gesetzes v. 6. April 
1848 über einige Grundlagen der künftigen preußischen Verfassung 1, und demnächst 
durch Art. 11 der oktroyierten Verfassungsurkunde v. 5. Dez. 1848 und Art. 12 der 
Verfassungsurkunde v. 31. Jan. 1850, auch die Unterscheidung der Juden im Groß- 
herzogtum Posen in naturalisierte und nicht naturalisierte beseitigt und infolgedessen in 
betreff der letzteren alle in den §§. 24—33 des Gesetzes v. 23. Juli 1847 noch fest- 
gesetzten Beschränkungen für aufgehoben zu erachten seien. Diese Ansicht ist grundsätzlich 
falsch. „Nichtnaturalisierte“ Juden sind Fremde, nicht weil sie Juden sind, 
sondern weil sie nicht naturalisiert sind; für Fremde aber besteht das 
„Recht“ der Freizügigkeit grundsätzlich nicht, sondern nur für Deutsche; 
es mag Fremden in der Regel tatsächlich die volle Freizügigkeit gewährt werden wie 
Inländern, aber das „Recht“ der Fremden steht jederzeit und in vollem Umfang zur 
Disposition des Staates, der es ohne weiteres entziehen kann, s. S. 173. Daraus 
folgt, daß der Staat jederzeit auf dem Verwaltungswege die Freizügigkeit der Fremden 
überhaupt oder einzelner Kategorien derselben, z. B. „nicht naturalisierter Juden“, oder 
selbst einzelner Individuen einschränken kann. Das Zirkularreskript des Ministers des 
Innern v. 8. Mai 1840 ist grundsätzlich unhaltbar und längst aufgegeben." Somit be- 
standen allerdings schon vor Erlaß des Freizügigkeitsgesetzes v. 1. Nov. 1867 in Alt- 
preußen in betreff der Freizügigkeit der inländischen Juden, die die Staatsangehörigkeit 
besaßen, keine anderen Beschränkungen, als die allgemeinen auch für christliche Staats- 
bürger vorgeschriebenen. Was dagegen die ausländischen Juden betrifft, so hat der 
§. 71 des Gesetzes v. 23. Juli 1847 vorgeschrieben, daß es zur Niederlassung derselben 
im Preußischen Staate vor Erteilung der Naturalisationsurkunde der Genehmigung des 
Ministers des Innern bedarf 3, und daß ausländische Juden ohne Genehmigung des 
Ministers des Innern weder als Rabbiner und Synagogenbeamte, noch als Gehilfen, 
Gesellen, Lehrlinge oder Dienstboten angenommen werden dürfen", wogegen fremden 
  
1 G. S. 1848, S. 88. Erteilung zuständig sein sollten (M. Bl. d. i. 
: Dies hat auch das Zirk. Reskr. des Min. d.Verw. 1848, S. 373). — Ubrigens hatte früher 
Inn. v. 8. Mai 1848 (M. Bl. d. i. Verw. 1848, auch das Edikt v. 11. März 1812 , betr. die 
S. 149) ausdrücklich anerkannt. bürgerl. Verh. der Juden (G. S. 1812, S. 17) 
3 In gleichem Sinne hatte der zweite Satz in den §5. 31 u. 32 bestimmt, daß es fremden 
des §. 5 des Heimatsgesetzes v. 31. Dez. 1842F Jnden nicht erlaubt sein solle, sich in Preußen 
bestimmt, daß zur „Naturalisation"“ ausländischer niederzulassen, solange sie nicht das preuß. 
Juden die Genehmigung dee Min. d. Inn. ein= Staatsbürgerrecht erworben haben, und daß sie 
geholt werden müsse. Infolge des §. 5 des G. zu dessen Erwerbung nur auf den Antrag der 
v. 6. April 1848 über einige Grundlagen der Bezirkeregierung der Provinz, in welcher die 
preuß. Verfassung hat indes die Kab. O. v. Niederlassung erfolgen soll, mit Genehmigung des 
7. Juli 1848 ausgesprochen, daß in Zukunft die Min. d. Inn. gelangen können. Uber den der- 
Naturalisation fremder Juden von keinerlei maligen Nechtszustand in dieser Beziehung pgl. 
anderen Bedingungen, als die Naturalisation S. S, N. 1. 
ausländischer Christen abhängig gemacht werden Die Erteilung oder Versagung dieser Ge- 
solle, wonächst das Zirk. Nefkr. des Min. d. Inn. nehmigung ist den Regierungoprästdenten über- 
v. 13. Dez. 1848, unter Bezugnahme hierauf, tragen worden Zirk. Reskr. des Min. d. Inn. v. 
bestimmte, daß es zur Naturalisation ausländischer 30. Jan. 1851 und des Justizmin. v. 16. Febr. 
Juden ferner nicht mehr der Genehmigung des 1851, M. Bl. d. i. Verw. 1851, S. 40 und 
Ministers bedürfe, sondern die Regierungen zu deren J. M. Bl. 1851, S. 50). 
  
v. Rönne-Jorn, Preuß. Staatsrecht. 5. Aufl. II. 12
	        
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