Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

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Das Staatsbürgerrecht. (S. 59.) 
Gerichtsverhandlungen dagegen besteht ein derartiges Privileg nicht; ihre Wiedergabe 
steht lediglich unter den allgemeinen strafrechtlichen und besonderen preßrechtlichen Vor- 
schriften.: 
C. Betreffend die Beschlagnahme von Druckschriften (Abschn. IV).2 Über 
die Beschlagnahme als Maßregel des Strafprozesses, die nicht in diesen Zusammenhang 
gehört, s. Strafprozeßordnung, §. 94 ff., sowie die Kommentare, s. auch S. 269. 
1. Eine nichtrichterliche? — Staatsanwalt oder Polizei — Beschlagnahme von 
Druckschriften findet statt: a) wenn eine Druckschrift den Vorschriften der §§. 6 und 7 des 
Reichspreßgesetzes — nur bei Zuwiderhandlung gegen diese Paragraphen gestattet das 
Gesetz Beschlagnahme — nicht entspricht; b) den Vorschriften des §. 14 a. a. O. zuwider 
verbreitet wird; c) wenn durch eine Druckschrift einem auf Grund des §. 15 des Reichs- 
preßgesetzes erlassenen Verbot zuwidergehandelt wird; d) wenn der Inhalt einer Druck- 
schrift den Tatbestand einer der in den §§. 85 (öffentliche Aufforderung zu Hochverrats, 
95 (Majestätsbeleidigung), 111 (öffentliche Aufforderung zu strafbaren Handlungen), 130 
(öffentliche Aufreizung zum Klassenkampf) oder 184 (Verbreitung unzüchtiger Darstellungen, 
  
Rechtsgrundsätze angenommen: a) Der wahrheits- 
getreuen Berichten von den öffentlichen Sitzungen 
der Kammern zugesicherte Schutz kommtselbständigen 
Ausführungen und Außerungen des Verfassers 
nicht zu statten (Erk. v. 2. März 1854, Hart- 
mann Preßgesetz, S. 227). b) Als „Berichte von 
den öffentlichen Sitzungen des Landtages“ sind 
nur einfache Referate über die in der be- 
treffenden Verhandlung vorgekommenen Tat- 
sachen und darin gehaltenen Reden zu ver- 
stehen; dagegen sind reflektierende Zeitungsartikel 
deshalb nicht straflos, weil die strafbaren Stellen 
aus der Rede eines Abgcordneten unter Namhaft- 
machung desselben entlehnt sind (Erk. v. 31. März 
1864, J. M. Bl. 1364, S. 159, M. Bl. d. i. 
Verw. 1864, S. 157; Oppenhoffs Rechtsprechung, 
Bd. IV. S. 429; Goltdammers Arch., Bd. XII, 
S. 494). c) Nicht jeder wörtliche Abdruck einer ein- 
zelnen in einem Hause des Landtages gehaltenen Rede 
ist als ein „Bericht von einer öffentlichen Sitzung“ 
anzusehen; insbesondere paßt diese Bezeichnung 
nicht, wenn eine einzelne der Staatsregierung 
Mangel zum Vorwurf machende Rede ohne die 
Verteidigung des angegriffenen Ministeriums und 
ohne die in der Situng erfolgte Berichtigung der 
Tatsachen abgedruckt wird (Beschluß v. 9. Juni 
1865, Oppenhoffs Rechtsprechung, Bd. VI, S. 177; 
Goltdammers Archiv, Bd. XlII. S. 695). 
d) Eine unvollständige Mitteilung über eine 
Landtagsverhandlung kann als „Bericht“ und 
deshalb für unbedingt straflos erachtet werden, 
wenn die Unvollständigkeit nur in der Erschöpfung 
des Raumes des betressenden Blattes ihren Grund 
hat und eine Vervollständigung im nächsten Blatte 
ernsthaft beabsichtigt wird (Beschluß v. 20. Juli 
1865, Oppenhof#s Rechtsprechung, Bd. VI. S. 273. 
e) Eine Darstellung, welche sich nicht darauf 
beschränkt, dar in einer Landtagsesitzung Ver- 
handelte wiederzugeben, sondern an diese Ver- 
handlungen auch noch anderweitige Reflerionen 
  
knüpft, ist nicht als ein Bericht von jener Siung 
anzusehen, und daher nicht grundsäulich von jeder 
Verantwortlichkeit frei „Erk. v. 14. März 1806, 
Oppenhoffo Rechtsprechung, Bd. VII. S. 1711. 
f. Als wahrheitsgetreuer „Bericht von einer 
Landtagssivung“ ist nur eine solche Darstellung 
anzusehen und von jeder Verantwortlichkeit des Seuffer! bei Slengel, Bd. I, S. 181. 
Redakteurs usw. befreit, welche ein Gesamtbild 
von dem in der Sitzung Geschehenen wiedergibt. 
Die herausgerissene Rede eines einzelnen Mit- 
gliedes stellt einen solchen Bericht nicht dar, sollte 
sie auch sich selbst als solchen bezeichnen und sich 
als Ergänzung eines früher abgebrochenen Be- 
richtes darstellen #Beschluß v. 20. April 1866, 
Oppenhoffs Rechtsprechung, Bd. VII, S. 236; 
Goltdammers Archiv, Bd. XIV, S. 1362. 
g Es ist jedoch nicht unerläßlich, daß der 
Bericht alle in einer bestimmten Sitzung statt. 
gefundenen verschiedenen Verhandlungen umpfasse, 
sondern es kann jeder selbständige Teil der Ver- 
handlungen einer Sitzung zum Gegenstande eines 
Berichtes im Sinne des §. 38 gemacht werden 
(Beschluß v. 3. April 1867, Oppenhoffs Recht- 
sprechung, Bd. VIII, S. 232: Goltdammers Arch., 
Bd. XV, S. 420. h) Auf die dem wahrbeitege- 
treuen Berichte über Verhandlungen des Reichstages, 
bezw. eines Landtages gewährte Befreiung von jeder 
Verantwortlichkeit hat die Wiedergabe einzelner Saue 
aus einer solchen Verhandlung, welche zu anderen 
Zwecken geschrieben sind, keinen Anspruch (Erk. 
v. 23. Febr. 1875, Oppenhoffs Rechtsprechung, Bd. 
XVI. S. 147). i) Der Wiederabdruck einer einzelnen 
Rede kann, wenn dieselbe, aus dem Zusammenhange 
der Verhandlungen lodgerissen, in tendenzköser 
Weise wiedergegeben wird, dem Berichterstauer 
die gesetzliche Befreiung entziehen; aber wann 
dies der Fall, ist quaestio facti (Erk. v. 
28. Juni 1876, Oppenhoffs Rechtsprechung. Bd. 
XVII. S. 469; Goltdammers Arch., Bd. XXI, 
S. 52345. Vgl. zu der Materie auch Laband, 
St. R., Bd. 1, S. 320 ff. und die dort angegebene 
neuere Rechtsprechung. 
1 v. Lirzt, S. 160 f. und die dort ange 
gebenen oberstrichterlichen Erkenntnisse. 
: Uber die diesem Abschnitt des Geienzes zu 
grunde liegenden Prinzipien vgl. Marquard 
sen, S. 190 ff. u. v. Liszt. S. 117 ffl.: G. 
Meyer, Verw. R., Bd. I. S. 184 ff.; Oerm. 
Seuffert in Stengels Wörterbuch, Bd. I, 
S. 180 f. Vgl. auch über den Begriff „Be- 
schlagnahme“ Entsch. des Reichsgerichte in Strass., 
Bd. XX, S. 32 ff. 
* Uber die örtliche Zuständigkeit s. O.
	        
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