Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

280 Das Staatsbürgerrecht. (F. 60.) 
ganzen damaligen Umfang der Monarchie erlassene Verordnung ist durch den Art. II der 
Verordnung v. 25. Juni 18671 auch in den durch das Gesetz v. 20. Sept. 1866 und 
die beiden Gesetze v. 24. Dez. 1866 mit der Monarchie vereinigten Landesteilen, mit 
Ausnahme des vormaligen Oberamtsbezirkes Meisenheim und der vormals bayrischen 
Enklave Kaulsdorf, in Wirksamkeit getreten. In dem vormaligen Oberamtsbezirke Meisen- 
heim gilt dieselbe zufolge der Verordnung v. 13. Mai 1867 und der Verordmmg 
v. 20. Sept. 1867, §. 13, und in der vormals bayrischen Enklave Kaulsdorf zufolge 
der Verordnung v. 22. Mai 1867, Art. 1."“ In dem Herzogtum Lauenburg (jetzt Kreis 
Herzogtum Lauenburg) gilt die Verordnung zufolge des §. 10 des Gesetzes v. 23. Juni 
1876, betreffend die Vereinigung des Herzogtums Lauenburg mit der preußischen 
Monarchie. Das Vereinsgesetz fügt das Vereins= und Versammlungsrecht hinsichtlich 
seiner Auslbung in den allgemeinen Rahmen der Polizeigewalt ein. Ihren allgzge- 
meinen Aufgaben für Ruhe, Sicherheit und Ordnung im Staate zu forgen, 
muß die Polizei in jedem Falle, also auch den Vereinen und Versamm- 
lungen gegenüber, genügen. In neuerlichen parlamentarischen und literarischen 
Erörterungen des Vereins= und Versammlungsrechtes ist dieser Punkt in fast unbegreif- 
licher Weise verdunkelt und verwirrt worden. Demgegenüber mögen hier die ruhigen, 
nicht unter dem Eindruck schwebender Streitfragen geschriebenen Ausführungen eines der 
Kommentatoren des Vereinsgesetzes (Caspar, S. 52 ff.), welche das geltende Recht in 
völlig zutreffender Weise feststellen, wiedergegeben werden: 
„Die Einräumung des Rechtes zur freien Bergesellschaftung gibt den Deutschen 
Rechte nur in dieser Richtung. In allen übrigen Beziehungen bleiben sie, während sie 
von jenem Rechte Gebrauch machen, allen allgemeinen Gesetzen unterworfen. Das scheint 
selbstverständkich; denn dadurch, daß jemand von einer ihm zustehenden Befugnis Gebrauch 
macht, kann er sich nicht in anderer Richtung eine bevorzugte Stellung verschaffen. Es 
bedarf jedoch der Betonung dieses selbstverständlichen Satzes, weil mehrfach versucht 
ist, den Personen, die gerade in Ausübung des Assoziationsrechtes be- 
griffen sind, eine privilegierte Stellung in einer Richtung zu vindizieren, 
nämlich in dem Verhältnis zu der Polizeigewalt. Dies ist unrichtig. 
Die Polizei soll #die nötigen Anstalten zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Sicher- 
heit und Ordnung und zur Abwendung der dem Publiko oder einzelnen Mitgliedern 
desselben bevorstehenden Gefahren treffen#. Zu den Gegenständen, für die die Polizei zu 
sorgen hat, gehören insbesondere ?Ordnung und Gesetzlichkeit bei dem öffentlichen Zu- 
sammensein einer größeren Anzahl von Personen, Sorge für Leben und Gesundheit, 
Fürsorge gegen Feuersgefahr bei Bauausführungen, sowie gegen gemeinschädliche und 
gemeingefährliche Handlungen, Unternehmungen und Ereignisse überhaupta. 
  
über a. a. O., S. 498—657). Es erging viel= dungen der obersten Gerichtshöse, des Ober- 
mehr über diesen Gegenstand die oktroyierte tribunals, des Reichsgerichts und des Oberver- 
Verordnung v. 29. Juni 1849 (G. S., S. 221), waltungsgerichts ein sehr reichhaltiges und wert- 
welche demnächst den Kammern zur Genehmigung volles Material für die Auslegung des Gesetzes. 
vorgelegt worden ist (vgl. die Motive dieser Ver. In der Sitzungsperiode 1861 ist in zwei Petitio- 
ordnung in den Stenogr. Ber. der II. Kammer nen bei dem Abg. H. beantragt worden, die Initia- 
1849—50, Bd. I, S. 202—204). Diese Ver= ive zu einer Revision des G. v. 11. März 1850 
ordnung ist sodann durch das an deren Stelle zu ergreisen. Das Haus der Abgeordneten hat 
getreiene Gesetz über denselben Gegenstand v. indes den Ubergang zur Tagesordnung beschlossen 
1. März 1850 aufgehoben worden (vgl. die (vgl. den Bericht der Petitionskommission v. 2. Mai 
Kommissionsberichte und Verhandlungen darüber861 in den Stenogr. Ber. 1861, Bd. VI, S. 
in den Stenogr. Ber. der II. Kammer 1849—50..,1233—36, und die Verhandlungen darüber in 
Bd. V. S. 2770 ff. und S. 2847 ff., und in der Sitzung v. 5. Juni 1861, a. a. O., Bd. III. 
den Stenogr. Ber. der I. Rammer 1849—50, S. 1639—45). 
Bd. V. S. 2865 ff.). Die parlamentarischen 1 G. S. 1867, S. 921. 
Materialien über das Vereinsgesetz haben sehr 1* G. S. 1867, S. 700. 
geringen Wert; sie bewegen sich nur in endlosen * A. a. O., S. 1534. 
Paraphrasen des Begriffes „Freiheit“ und lassen 4 A. a. O., S. 729. 
bei allen schwierigeren Auslegungofragen gänz-- 5 G. . 1876, S. 172. 
lich im Stich; s. hierüber Entsch. des R. G. in, 2 V9gl. hierüber Entsch. des O. B. G., Bd. VI, 
Strafsachen, Bd. XXI, S. 73; Caspar, S.fsg.zS. 370 ) Uberemfnmmend auch Schwarg, Berf. 
Delius, S. 7. Dagegen ergeben die Entschei= Urk., S. 334 f. 
 
	        
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