(§. 62.) 311
Erwerbungen und in Berücksichtigung der bereits eingeleiteten Verträge über Territorial=
veränderungen mit Oranien und Nassau ordnete die Verordnung v. 30. April 1815 die
Bildung von zwei besonderen Provinzen aus den Bestandteilen der jetzigen Rheinprovinz
an, nämlich: "
a) der Provinz Cleve-Berg, welche folgende Landesteile enthalten sollte:
a#im Bezirke der Regierung für das Herzogtum Berg: auf dem rechten Rhein-
#fer das Herzogtum Berg mit Broich und Styrum, Essen und Werden, die von Nassau
und Oranien erworbenen Länder, die Wied-, Neuwiedschen und Runkelschen Besitzungen
zum Teil, die Solmsschen, welche unter nassauischer Hoheit sich befanden, die Herrschaften
Homburg, Gimborn und Neustadt, auch Wildenburg, auf dem linken Rheinufer die Kan-
tone Urdingen, Neersen, Viersen, Odenkirchen, Elsen, Neuß und Dormagen;
8) im Bezirke der Regierung der Herzogtümer Cleve und Geldern und des Fürsten-
tumes Mörs: auf dem rechten Rheinufer das Herzogtum Cleve mit Elten, auf dem
linken Rheinufer die Kantone Cleve, Kalkow, Tanten, Rheinbergen, Mörs, Kempen,
Krefeld, Bracht und Krüchten ganz; die Kantone Wankum, Geldern, Goch und Kranne-
burg, mit Ausnahme des davon getrennten Uferbezirkes längs der Maas und den
preußischen Anteil an dem Kanton Roermonde;
b) der Provinz Großherzogtum Niederrhein, welche folgende Landesteile ent-
halten sollte:
a) im Bezirke der Regierung des Großherzogtums Jülich: auf dem linken Rhein-
ufer die Kantone Rheinbach, Bonn, Brühl, Cöln, Weyden, Bergheim, Kerpen, Lechenich,
Zülpich, Gemünd, Froizheim, Düren, Jülich, Erkelenz, Hainsberg, Sittard preußischen
Anteils, Geilenkirchen, Herzogenrath preußischen Anteils, Linnich, Aachen, Burtscheid,
Eschweiler, Montjoie, Eupen mit dem preußischen Anteil an dem Kantone Aubel, Schleiden
und Reiferscheidt;
8) im Bezirke der Regierung des Mosellandes: auf dem linken Rheinufer die Kan-
tone Kronenburg, Malmedy, St. Vith, den preußischen Anteil an dem Departement der
Wälder und der Saar, letzterer mit Ausnahme des zu Cöln gelegten Kantons Reifer-
scheidt, das ganze Departement Rhein und Mosel mit Ausnahme der zu Cöln gelegten
Kantone Rheinbach und Bonn; endlich alles, was Preußen am rechten Moselufer erhielt,
mit den Besitzungen des Grafen von Pappenheim.
Diese Bestimmungen der Verordnung v. 30. April 1815 haben indes Verände-
rungen erlitten. Durch die Staatsverträge mit dem Königreiche der Niederlande und
den Herzogen und Fürsten von Nassau! erwarb Preußen verschiedene oranische Erb-
länder, welche mit der Rheinprovinz vereinigt wurden.? Durch die Schlußakte des
Wiener Kongresses v. 9. Juni 1815 erwarb Preußen ferner die Stadt Wetzlar mit
ihrem Gebiete ?2, welche gleichfalls der Rheinprovinz zugeteilt wurde. Endlich trat
Die Provinzen.
1 Vgl. Traktate v. 31. Mai 1815 (Anhang zur
G. S. 1818, S. 22 und 30), Besitznahmepatent
v. 21. Juni 1815 (G. S. 1815, S. 126), Grenz-
traktate v. 26. Juni und 7. Okt. 1816 (Anhang
zur G. S. 1818, S. 78, 113).
: Vgl. die spezielle Aufzählung dieser Gebiete
bei Starke, a. a. O., S. 6. Es gehören dazu
das Fürstentum Siegen mit den Amtern Bur-
bach und Neuenkirchen (welches indes nicht
zur Rheinprovinz gelegt, sondern der Provinz
Westfalen zugeteilt wurde), die Amter Linz,
Altenwied, Schöneberg, Altenkirchen, Schönstein,
Freusberg, Friedewald, Dierdorf, Neuerburg,
Hammerstein mit Irlich und Engers, Heddes-
dorf, Braunfels, Greifenstein und Hohensolms,
das Kirchspiel Hamm, ein Teil des Amtes
Hersbach, die Stadt Neuwied, der auf dem
rechten Rheinufer belegene Teil des Amtes Val-
lendar, und von dem Amte Ehrenbreitstein die
rechte Rheinseite.
Die vormalige Reichsstadt Wetzlar und deren
Gebiet wurde als Grasfschaft durch den Reichs-
deputationshauptschluß vom Jahre 1803 dem
bisherigen Kurfürsten von Mainz, als Kurerz=
kanzler und Kurfürsten von Regensburg (seit
1806 Fürst-Primas von Deutschland), überwiesen
und 1810 mit dessen übrigen Staaten mit Frank-
reich vereinigt. Sie hatte zuletzt zum Groß-
herzogtume Frankfurt gehört. Durch den Art. 42
der Wiener Schlußakte gelangte dieselbe an
Preußen, welches dagegen wieder von den rheini-
schen Besitzungen a) an Oldenburg Teile der
Kantone Herstein, Birkenfeld, Hermeskeil, Wadern,
St. Wendel und Baumholder (das Fürstentum
Birkenfeld genannt), b) an Sachsen-Koburg Teile
der Kantone Grumbach, Baumholder, St. Wendel,
Kusel, Tholey und Ottweiler (das Fürstentum
Lichtenberg genannt), und c) an Hessen-Homburg
den Kanton Meisenheim und Teile des Kantons
Grumbach abtrat.