Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Die Stein-Hardenbergschen Reformen. (§. 69.) 359 
Stein, welcher schon vor der Katastrophe, als er als Minister an die Spitze des 
ersten Realdepartements des Generaldirektoriums getreten war, zu gründlichen Reformen 
geraten hatte !1, wurde der Schöpfer einer neuen Verwaltungsorganisation, welche in Fest- 
haltung der historischen Grundlagen des Preußischen Staates, insbesondere der verwaltungs- 
rechtlichen Grundgedanken Friedrich Wilhelms l., einen fast vollständigen Neubau dar- 
stellte; daraus erst hat sich entwickelt, was seitdem Preußens innere Verwaltung vor der- 
jenigen anderer Länder vorteilhaft ausgezeichnet hat. liberall mit der Kraft des 
Reformators die Rücksicht auf den historischen Entwicklungsgang des Staates weise ver- 
bindend, erkannte der große Staatsmann es als erstes Erfordernis, den preußischen Be- 
hörden eine veränderte Gestaltung zu geben und solchergestalt eine zweckmäßigere formelle 
Geschäftsbehandlung herbeizuführen?, während zugleich zahlreiche materielle Anordnungen 
den Bestrebungen der wissenschaftlich fortgebildeten Staats= und Volkswirtschaftslehre und 
den begründeten Forderungen der Zeit Rechnung trugen. Die Anderungen und Um- 
gestaltungen, welche nunmehr die Verfassung und Einrichtung der Behörden erhielt, war von 
den heilsamsten Erfolgen. 
II. Das Publikandum v. 16. Dez. 1808, betreffend die veränderte Verfassung der 
obersten Staatsbehörden der preußischen Monarchie in Beziehung auf die innere Landes- 
und Finanzverwaltungs, erklärte in seinem Eingange die rücksichtlich der obersten Ver- 
waltungsbehörden bestehenden Einrichtungen für aufgehoben, „um den Behörden eine 
verbesserte, den Fortschritten des Zeitgeistes, der durch äußere Verhältnisse veränderten 
Lage des Staates und den jetzigen Bedürfnissen desselben angemessene Geschäftseinrichtung 
zu geben“. Die neue Verfassung bezweckte — wie es weiter heißt — „der Geschäfts- 
verwaltung größtmöglichste Einheit, Kraft und Regsamkeit zu geben, sie in einem obersten 
Punkte zusammenzufassen und die Geisteskräfte der Nation und des Einzelnen auf die 
zweckmäßigste und einfachste Art für solche in Anspruch zu nehmen“. Zur Erreichung 
dieses Zweckes — bemerkt der Eingang des Publikandums sodann ferner — „„geht die 
Regierungsgewalt künftig von einem, dem Oberhaupte des Staates unmittel- 
bar untergeordneten obersten Standpunkte aus, von welchem nicht allein 
das Ganze übersehen, sondern auch zugleich auf die Administration ge- 
wirkt wird“. Rücksichtlich der Geschäftsbehandlung bestimmt das Publikandum grund- 
sätzlich, „daß eine möglichst kleine Zahl oberster Staatsdiener an der Spitze 
einfach organisierter, nach Hauptverwaltungs zweigen abgegrenzter Be- 
hörden im genauesten Zusammenhange mit dem Regenten die öffentlichen 
Geschäfte nach dessen unmittelbar ihnen erteilten Befehlen selbständig und 
selbsttätig mit voller Verantwortlichkeit zu leiten und so auf die Admini- 
stration der untergeordneten in gleicher Art gebildeten Behörden kräftig 
einzuwirken habe“. 
Die oberste Leitung der ganzen Staatsverwaltung sollte sich (§. 1 des Publikandums) 
in dem Staatsrate unter des Königs unmittelbarer Aufsicht vereinigen. Die Organi- 
sation desselben blieb indes vorbehalten und gelangte erst später zur Ausführung, wobei 
demselben eine Verwaltung nicht beigelegt wurde. Das Ministerium sollte nur aus 
  
1 Bgl. Steins Denkschrift v. 27. April 1806 der Geschäfte v. 23. Nov. 1807 / Pertz, Bd. II, 
„Darstellung der fehlerhaften Organisation des S. 642 ff.). 
Kabinetts und der Notwendigkeit der Bildung Agl. Mylins, X. C. (#., Tom. XII, p. 527, 
einer Ministerialkonferenz“) in Pertz, 20% Leben Rabe, Sammlung, Bd. IX, S. 383. — Dies 
des Freih. v. Stein, 2. Aufl., Bd. I, S. 331 ll., .. Publikandum erschien zwar erst, nachdem Stein am 
ietzt bes. M. Lehmann, Bd. I, . 401 f 24. Nov. 18308 aue dem preußischen Staatsdienste 
Nanke, Hardenberg, Bd. V, S. 369 ff. ausgeschieden war (s. Bd. 1. S. 25), und weicht 
2 Der erste große Plan Steins. ist die Nassauer in manchen Punkten von dem an demselben Tage 
Denkschrift vom Juni 1807, „Uber die zweck= vom Könige genehmigten, aber niemals publizierten 
mäßige Bildung der obersten und der Provinziale Steinschen Entwurf gleichen Namens ab; es ist 
Finanz= und Polizeibehörden in der preußischen indes, was die leitenden Gedanken betrifft, ald 
Monarchie“, abgedruckt bei Pertz, Bd. l, S. 438 ff.; sein Vermächtnis zu betrachten; vgl. Pertz, Das 
ogl. M. Lehmann, Bd. II, S. 11 ff., 65 ff.:Leben des Freih. v. Stein, Bd. II, S. 289, 290) 
E. Meier, Reform, S. 363; weiterhin Steine und 642 ff.: ferner die aktenmäßige Darstellung 
Bericht, an den König über die oberste Leitung von E. Meier, Reform. S. 177—189. 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.