Das Finanzministerium. (§S. 73.) 389
Endlich aber stellte das gedachte Gesetz das Institut unter die allgemeine Oberaussicht
des Staates und ordnete zu deren Führung ein aus drei Staatsbeamten bestehendes
Kuratorium an. — Die Kabinettsorder v. 3. Mai 1821 bestimmte ferner, daß der
Gewinn der Seehandlung fortan nicht an die Staatskassen abgeführt, sondern dem Kapital-=
vermögen der Seehandlung zugefügt werden solle, um sie in den Stand zu setzen, nicht
allein die zu den gewöhnlichen Zahlungen erforderlichen Bestände in Bereitschaft zu halten,
sondern auch einen Fonds sammeln zu können, welcher in außerordentlichen Fällen außer
den Grenzen des abgeschlossenen Staatshaushaltsetats zur Disposition des Königs vor-
handen sei. In dieser Organisation hat das Institut die Belebung der Industrie und
die Förderung der materiellen Landeswohlfahrt als wesentlichen Teil seiner Bestimmung
betrachtet und ist mit der Anlage zahlreicher großartiger Einrichtungen, der Beteiligung
bei anderen industriellen Unternehmungen und dem Erwerbe von Grundstücken und Schiffen
vorgegangen." Der in dieser Geschäftsführung gemachte Gewinn war seit dem Jahre
1820 dem Kapitalvermößgen der Seehandlung zugesetzt worden, bis die Kabinettsorder v.
25. Juni 1841 bestimmte, daß das Institut von seinem Gewinne und ohne Schmäle-
rung seines Kapitalvermögens jährlich 100 000 Taler zu einem Fonds für außerordentliche
Staatsbauten abzuführen habe.) Die Erschütterungen des Jahres 1848 sind indes für
die Seehandlung nicht ohne nachteilige Rückwirkung geblieben. Weder im Jahre 1848,
noch in den beiden folgenden Jahren konnten jene 100 000 Taler an die Staatskasse
abgeliefert werden. Durch den Allerhöchsten Erlaß v. 17. April 1848, Nr. II, sub 25
wurde die Seehandlung dem Finanzminister untergeordnet 5; seitdem besteht auch das in
der Kabinettsorder v. 17. Jan. 1820 angeordnete Kuratorium nicht mehr.' In dieser
demnächstige Abgabe an die Salzdebitspartie, 1815 (vgl. in der angeführten Schrift von Rother,
Einziehung der Salzdebitsüberschüsse in Ost= und S. 3) bestimmte daher auch, daß den gewerb-
Westpreußen, Litauen und Schlesien, Besorgung lichen Unternehmungen der Seehandlung keine
aller für Rechnung des Staates im Auslande weitere Ausdehnung gegeben und neue Fabrik-
vorfallenden Geldgeschäfte genannt. Speziell wird anlagen nicht unternommen werden sollten, so-
auch erwähnt der Ankauf der dem Staate un- fern nicht in außergewöhnlichen Fällen und aus
entbehrlichen Produkte des Auslandes. Von der überwiegenden Gründen für die allgemeine Landes-
Mitwirkung bei Beschaffung des überseeischen wohlfahrt Ausnahmen hiervon durch den König
Salzes und zur Einziehung der Salzdebitsüber= genehmigt werden sollten.
schüsse in Preußen und Schlesien wurde die See- # Nicht publiziert.
handlung später durch die Kab. O. v. 14. Febr. 4 Es ist dieser Betrag bis zum Jahre 1848
1845 (G. S. 1845, S. 98) entbunden und dies alljährlich, und zwar seit der Kab. O. v. 27. Febr.
Geschäft der Steuerverwaltung allein überlassen. 1846 an die Generalstaatskasse abgeführt worden.
—
— Ubrigens gelten, wie die oben angeführte Schrift 5 G. S. 1848, S. 110
von Rother (S. 10) ausdrücklich bemerkt, für * Sie hörte dadurch also auf, ein selbständiges
die Seehandlung die Grundsätze: a) daß sie in Staatsinstitut zu bilden, und unterliegt seitdem
ihren kaufmännischen Geschäften gleiche Lasten, der Oberaufsicht des verantwortlichen Ministers.
wie die übrigen Kaufleute, zu tragen, mithin * Der Bericht der Budgetkommission des Abg.
auch Stempelkosten, Postporto und andere der-= H. v. 2. Aug. 1862 (vgl. Stenogr. Ber. 1862,
artige Ausgaben zu zahlen, auch von den ihr Bd. VI, Anl. Nr. 109, S. 836) bemerkt: „Statt
durch den Staat zugewiesenen Geschäften außer des durch die Kab. O. v. 17. Jan. 1820 ein-
den baren Auslagen nur die gewöhnliche kauf= gesetzten Kuratoriums ist das Seehandlungsinstitut
männische Provision zu zichen hat, b) daß sie durch den Allerhöchsten Erlaß v. 14. April 1848
iwm allen Fällen, wo sie mit Kaufleuten kon= der Oberaufsicht des Finanzministers untergeordnet
kurriert, kein Vorrecht ausüben darf, sonst aber worden. Für die Geschäfte und Verpflichtungen
die Rechte des Fiskus hat, c) daß sie für die der Seehandlung leistet der Staat nach der Kab. O.
Besoldungen und Pensionen ihrer Beamten ohne v. 17. Jan. 1320 vollständige Garantie. Nach
Beihilfe der Staatskassen aus ihrem Erwerbe dem mehrere andere Geschäftsbetriebe, nament-
sorgen muß. lich überseeischer Handel und Reederei, aufgegeben
1 Bgl. diese nicht publizierte Kabinettsorder in worden, ist die Seehandlung gegenwärtig, ab
Gräff und v. Rönne, Ergänzung der preußischen gesehen von dem Besitze einiger gewerblicher
Rechtsb. (3. Ausg.), Bd. IV, S. 279. Etablissements, ein Staatsbankierhaus, welches
Dies geschah indes im weiteren Umfange, Geld-, Wechsel= und Effektengeschäfte betreibt.
als mit der eigentlichen und ursprünglichen Be Das Stammkapital, welches sie ursprünglich vom
stimmung des Instituts zur Unterstützung von Staate erhalten, hat die Seehandlung an den
Handel und Gewerbe durch den Staat, und Staatsschatz zurückgezahlt: ebenso die Vorschüsse,
mit der Notwendigkeit, Fonds hierfür flüssig welche sie 1843 und 1844 erhielt, der Staats.
zu erhalten, vereinbar war. Die an den Staats- kasse restituiert, so daß sie lediglich mit selbst-
minister Rother erlassene Kab. O. v. 14. Febr. erworbenen Mitteln wirtschaftet.“ Ubrigens ent