Das Ministerium der geistlichen usw. Angelegenheiten. (8. 78.) 427
Gesetz v. 10. März 18821 mit Ostfriesland — Konsistorialbezirk Aurich — vereinigt.
Was die evangelische Kirche in der Provinz Schleswig-Holstein mit Einschluß des
Kreises Herzogtum Lauenburg, und in dem Amtsbezirk des Konsistoriums zu Wiesbaden
betrifft, so bestimmte der Art. I der für diese Landesteile erlassenen Verordnung v. 19. Aug.
18782, daß von dem Minister der geistlichen Angelegenheiten die Rechte des Staates
ausgeübt werden: 1. bei dem Erwerbe, der Veräußerung oder der dinglichen Belastung
von Grundeigentum, wenn der Wert des zu erwerbenden oder des zu veräußernden Gegen-
standes, oder wenn der Betrag der Belastung die Summe von 100000 Mark über-
steigt (G. v. 6. April 1878, Art. 32, Nr. 1); 2. bei der Veräußerung von Sachen,
wesbe einen geschichtlichen, wissenschaftlichen oder Kunstwert haben (Art. 32, Nr. 2);
bei der Errichtung neuer, für den Gottesdienst bestimmter Gebäude (Art. 32. Nr. 5).
r grundsätzlich gleicher Weise sind die Rechte des Staates auch geordnet für Hau-
nover und die gesonderte Kirche des Konsistorialbezirks Kassel.3 In besonderer Weise
ist sodann noch geordnet das staatliche Aufsichtsrecht gegenüber den neuerdings gebildeten
parochialen Gesamtverbänden.“
Es ergibt sich somit in betreff der Stellung des Kultusministeriums zu den An-
gelegenheiten der evangelischen Kirche folgendes Resultat: 1. für die ganze Monarchie
in gleicher Weise hat der Minister die Staatsaufsicht über die evangelische
Kirche, nach der alten Schulterminologie das jus circa sacra, wahrzu-
nehmen; 2. für die neun alten Provinzen hat der Minister die ihm durch
positive Gesetzesvorschrift vorbehaltenen Angelegenheiten der kirchlichen
Zentralverwaltang, während alle übrigen dem Oberkirchenrat zugehören;
3.# für die drei neuen Provinzen hat der Minister die gesamte kirchliche
Zentralverwaltung, das sog. jus in sacra. Die näheren Darlegungen über dieses
merkwürdige Stückwerk von Organisation und seine inneren und äußeren Gründe sf.
Band III: Verhältnis von Staat und Kirche.
2. In betreff der katholischen Kirche hat der Minister grundsätzlich die gleiche
Staatsaufsicht wie über die evangelische Kirche, indes die kirchliche Verwaltung
hier nach Diözesanprovinzen gegliedert ist und von den Bischöfen selb-
ständig geführt wird. Das staatliche Aufsichtsrecht ist auch über diese Kirche ein
grundsätzliches, aus der Souveränität des Staates fließendes; eine erschöpfende Auf-
zählung der darin enthaltenen Einzelrechte kann nicht gegeben werden; doch bestehen
hierüber verschiedene Einzelvorschriften, von denen hier beispielsweise hervorgehoben werden
mag das Gesetz v. 20. Juni 1875 über die Vermögensverwaltung in den katho-
lischen Kirchengemeinden ', welches in den §§. 47—54 die Bestimmungen darüber ge-
troffen hat, in welchen Fällen es zur Gültigkeit der Beschlüsse des Kirchenvorstandes und
der Gemeindevertretung der Genehmigung der staatlichen Aufsichtsbehörde bedarf; auf
Grund des §. 55 hat demnächst die Verordnung v. 27. Sept. 1875"8, an deren Stelle jetzt
die Verordnung v. 30. Jan. 1893 (G. S., S. 13) getreten ist, vorgeschrieben, daß die in
den §§. 48, 50—52, 53 und 54 des gedachten Gesetzes angegebenen Aufsichtsrechte des
Staates von dem Minister der geistlichen Angelegenheiten ausgeübt werden: a# bei dem
Erwerbe, der Veräußerung oder der dinglichen Belastung von Grundeigentum (§. 50,
1 G. S., S. 1— Verordnung v. 20. Okt. 1896 (G. S., S. 203),
: G. S. 1878, S. 287. für Hannover Verordnung v. 1. Okt. 1900 (G. S.,
3 Berordnung v. 4 Juni 1835 (G. S. 359), Kons. Bez. Kassel Verordnung v. 16. Nov.
517), für Krankfurt a. M. . 13. Jan. 1 891 ordnung v. 29. Aug. 1898 (G. S., S. 3075, unten
G. S., S. 7). Verordnung v. 10. Jan. 1887. 428. · ,
(G. S., S. 7) für den Kons. Bez. Kassel, für * S. hierzu Friedberg, Kirchenrecht: S. 96,
Hohenzollern Verordnung v. 25. Sept. 1897 (G. S. 212; Zorn, Kirchenrecht, S. 202 ff., und jetzt be-
S. 406, und 28. Nov. 1898 (G. S., S. 337), sonders Schön, Epvangelisches Kirchenrecht in
für die reformierte Kirche in Hannover Ver= Preußen, Bd. 1, S. 222, 229, 239 ff., 243.
ordnung v. 25. Juli 1884 6. S., S. 3199: * S. hierüber Zorn, Kirchenrecht, S. 196 fl.,
ogl. auch G. 1891, S. 7 G. S. 1875, S. 241 ff.
“ BAgl. obrn . 126. N. 6 Berlin betr., dazu * G. S. 1875, S. 571.
S##
r &
*2