Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Der Evangelische Oberkirchenrat. (§. 82.) 449 
zu prüfen, ob, wo und wie nach Maßgabe der erfolgten Rechnungsprüfung etwa eine 
Abänderung der bestehenden Gesetzgebung angezeigt ist. (Gesetz v. 27. März 1872, 
§. 12.) 
Über die rechtlichen Beziehungen der Oberrechnungskammer zur Volksvertretung s. u. 
Bd. III in der Lehre vom Staatshauehaltsgesetz. 
IV. Der preußischen Oberrechnungskammer ist durch das Norddeutsche Bundesgesetz 
v. 4. Juli 18681, unter der Benennung: „Rechnungshof des Norddeutschen Bundes“, 
die Kontrolle des gesamten Bundeshaushaltes durch Prüfung und Feststellung der Rech- 
nungen aller Einnahmen und Ausgaben von Bundesgeldern, über Zugang und Ab- 
gang von Bundeseigentum und über die Verwaltung der Bundesschulden, zunächst 
für die Jahre 1867, 1868 und 1869, übertragen worden. Das Gesetz hatte vor- 
geschrieben, daß die Oberrechnungskammer zu diesem Zwecke durch eine auf Grund 
näherer Bestimmung des Bundesrates eintretende Vermehrung ihrer Mitglieder nach Be- 
dürfnis zu verstärken sei und daß die hiernach neu hinzutretenden Mitglieder vom Bun- 
desrate zu wählen und vom Bundespräsidium anzustellen seien. Durch spätere Bundes-, 
beziehungsweise Reichsgesetze ist die Wirksamkeit des Bundesgesetzes v. 4. Juli 1868 
auf die folgenden Jahre und auf die Kontrolle des gesamten Haushaltes des Deutschen 
Reiches, sowie des Landeshaushaltes von Elsaß-Lothringen und des Staatshaushaltes 
der Kolonien ausgedehnt worden; das Reichsgesetz v. 11. Febr. 1875 hat dann bestimmt, 
daß die für die Wirksamkeit der Oberrechnungskammer als preußische Rechnungsrevisions- 
behörde geltenden Bestimmungen, insbesondere diejenigen des Gesetzes v. 27. März 1872, 
betreffend die Einrichtung und die Befugnisse der preußischen Oberrechnungskammer, in 
gleicher Weise für den Rechnungshof des Deutschen Reiches zur Anwendung 
kommen sollen. Die besondere Dienstinstruktion des Reichsrechnungshofes ist v. 5. März 
1875.2 
Diese Einrichtung ist nunmehr dauernd geworden, nachdem die Versuche der Reichs- 
regierung, eine selbständige Ordnung dieser Dinge im Rahmen des Reichsstaatsrechts zu- 
stande zu bringen, am Widerspruche des Reichstages gescheitert sind.? 
8. 82. 
XI. Der Evangelische Oberkirchenrat.“ 
Gleichfalls, wenn auch nach anderer Richtung wie die Oberrechnungskammer, eine 
besondere rechtliche Stellung in der zentralen Behördenorganisation nimmt der Evan- 
gelische Oberkirchenrat ein. 
I. Der Evangelische Oberkirchenrat ist durch Allerhöchsten Erlaß v. 29. Juni 1850 
und das demselben beigefügte Ressortreglement für die evangelische Kirchenverwaltung ? 
eingesetzt worden. Er ist an die Stelle der durch den Allerhöchsten Erlaß v. 26. Jan. 
1849 mit der Leitung der inneren evangelischen Kirchensachen beauftragten Abteilung 
des Ministeriums der geistlichen Angelegenheiten als selbständige, von dem Mini- 
sterium der geistlichen Angelegenheiten unabhängige, unmittelbar unter 
dem Könige stehende Behörde“" getreten und sein Ressort demgemäß durch den 
  
1 B. G. Bl. 1868, S. 433 ff. 5 G. S. 1850, S. 343 ff. 
Zentralblatt für das Deutsche Reich, S. 157. * Uber die großen grundsätzlichen kirchen- 
* S. hierüber Laband, Staaterecht des Deut= politischen Bewegungen, die damit für die evan- 
schen Reiches Bd. IV, S. 217. gelische Landeskirche der neun alten Provinzen 
4 Vgl. Jacobson, Das evangelische Kirchen= der preußischen Monarchie einen wenigstens re- 
recht des Preußischen Staates, S. 168 ff.; Schön, lativen Abschluß fanden, vgl. Zorn, Kirchen- 
Evangelisches Kirchenrecht. Bd.1, S. 238 ff.: Zorn, recht, S. 202 ff.: Schön, Evangelisches Kirchen- 
Kirchenrecht, S. 66. Agl. auch oben S. 425 ff. recht, -. 69 fl. 
v. Rönne Zorn, Preuß. Staatsrecht. 5. Auft II. 275
	        
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