454 Die Staatsbehörden. (S. 82.)
diese Lande dem Konsistorium zu Koblenz unterstellt und die Aufsichterechte des Staates
in gleicher Weise wie für die alten Provinzen geregelt worden.
Die rechtliche Stellung des Oberkirchenrates und der als seine Organc in den
Provinzen fungierenden Konsistorien ist danach folgende:
1. Oberkirchenrat und Konsistorien sind die Behörden zur Ausübung des
landesherrlichen Kirchenregiments;
2. das Kirchenregiment der Landesherren über die evangelische Kirche war nach
seiner Entwicklung seit 1530 tatsächlich und rechtlich ein Bestandteil des Staatsregimente,
die Behörden des Kirchenregiments demnach Staatobehörden;
3. diese Entwicklung war in Preußen bereits seit 1848 durchbrochen und ist durch
die Gesetzgebung der 70er Jahre derart in ihr Gegenteil gewandelt worden, daß a½ der
Grundsatz der Selbständigkeit der Kirche verfassungsmästig auerkannt wurde,
I# das Kirchenregiment des Landesherrn demgemäß nicht mehr als ein
Stück des Staatsregiments, sondern als eine selbständige Gewalt des
Landesherrn zu betrachten ist, C: ÖOberkirchenrat und Konsistorien
somit nicht Staatsbehörden, sondern selbständige Kirchenbehörden des
Landesherrn sind:
4. daraus ergibt sich, daßs die Akte des Kirchenregiments grundsäulich und prä
sumtiv den Kirchenbehörden zukommen und den Staatsbehörden nur noch inso
weit vorbehalten sind, als ihnen aunsdrückliche Gesetzesvorschriften
hierfür einen Rechtstitel gewähren, während andererseits die Staats-
aufsicht über die Kirche nur durch Staatsbehörden wahrgenommen
werden kann;
5. daß Kirchenbehörden und Kirchenbeamte mit den Rechten von Staatsbehörden
und Staatsbeamten ausgestattet sind, sei es gewohnheitorechtlich, sei es durch positive
Rechtsvorschrift, ist durch die gekennzeichnete Entwicklung in keiner Weise augsgeschlossen:
6. Streitfragen über die Grenzen von Staat und Kirche entscheidet, insoweit nicht
gesetzliche Vorschriften Entscheidung bieten, der König.
III. Der Evangelische Oberkirchenrat bildet für die neun älteren Provinzen der
Monarchie die oberste Kirchenbehörde, und durch ihn erfolgt auch die Vertretung der
evangelischen Landeskirche in ihren vermögensrechtlichen Angelegenheiten.? Derselbe ver
waltet die ihm übertragenen Angelegenheiten kollegialisch, steht in direktem Verkehr mit
den übrigen Behörden und berichtet unmittelbar an den König.) Veränderungen dieser
1 Die Einzeldarstellung, soweit sie demgemäs das er davon Kennnie genommen habe. Durch
überhaupt noch dem Staatorecht angehört, l. in Kab. O. v. 5. Febr. 18.55 (vgl. in den Akten-
Bd. III; vgl. auch Zorn, Kirchenrecht, S. 306: stiicen aus der Verwaltung des Cvangelischen
Schön, Cvangelisches Kirchenrecht, S. 154 ff., DOberkirchenrates, Bd. II. H. 2, S. 77 ist ge
223 ff., bes. S. 232 ff. unter III über den recht sianet worden, Generalverfügungen in Fallen
lichen Charakter der Kirchenregimentsbehörden und besonderer Dringlichkeit erst nach dem Abgange
ihrer Glieder. mitzuteilen, deogleichen da, wo besondere (Gründe
Art. 19, Abs. 1 des G. v. 3. AJuui 1876 dies angemessen erscheinen lassen, die Mitteilung
(G. S. 1876, S. 130), welcher zugleich benimm, der Immediatberichte vor deren Abgange zu unter
dast bierin die Befuguis zur Aufnahme von An-lassen, dagegen aber gleichzeitig mit dem Ab
leihen nicht einbegriffen ist. — Abs. 2 fügt hinzu, geben des Ammediatberichtes dem Minister Ab-
daß schriftliche Willenserklärungen, welche die schrift desselben vorzulegen. Diese Vorschriften
Landeskirche Dritten gegenüber rechtlich verpflichten sehr charakteristischer Art, welche schon nach der
sollen, der Unterschrift des Präsidenten dese Eran: Entwichklung von 1848 sinnlos waren, sind sethi
gelischen Oberkirchenrates oder dessen Stellver= verständlich gegenüber dem G. v. 3. Juni 1975
treters und der Beidrückung des Amtesiegels be: ganz gegenstandelos. Das unzweifelhaft in vielen
dürfen, sowie des Vermertes, dasß der (GCeneral und wichtigen Fragen erforderliche Zusammen
#ynodalvorstand bei dem Beschlusse mitgewirkt hat. wirken von Kultueminister und ÖOberkirchenrat
5 S. 2, Abs. 1 des Ressortreglements v. 20. Juni| kann nur zum Teile in die Form positiver Rechts-
1850 bestimmte, daß die (Generalverfügungen vorschriften gekleidet werden, ist aber in der
des C Oberkirchenrates im Konzepte und Immediat Hauptsache bestimmt durch staatemännuche Er-
berichte im Konzepte und in der Reinschrift dem kenninis und amtlichen Takt: Streitfragen n
Minister der geistlichen Angelegenheiten vorzu- rebns dubiis ct arduis“ entscheidet der König
legen sind, welcher auf der Reinichrift vermerkt, i#s. oben N. 1 n. die dort zit. Literatur?. — Der