Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

466 Die Staatsbehörden. (8. 84.) 
glieder des Provinzialrates werden von dem Oberpräsidenten vereidigt und in ihre Stellen 
eingeführt (§. 14, Abs. 1 a. a. O.).1 Der Provinzialrat ist beschlußfähig, wenn mit 
Einschluß des Vorsitzenden fünf Mitglieder anwesend sind; die Beschlüsse werden nach 
Stimmenmehrheit gefaßt; bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den 
Ausschlag (§. 15 a. a. O.). Die näheren Vorschriften über das Verfahren sind ge- 
troffen durch Regulativ des Ministers des Innern v. 28. Febr. 1884 (Min. Bl. d. 
inn. Verw., S. 35). Danach versammelt sich der Provinzialrat auf Berufung des 
Vorsitzenden (§. 2), der für die richtige Erledigung der Geschäfte zu sorgen hat (§. 5 ff.); 
mündliche Verhandlungen mit Parteien sind nicht vorgeschrieben, können aber stattfinden 
(§. 10 ff.); der Vorsitzende verkündet den gefaßten Beschluß oder läßt ihn zustellen 
(I. 14); der Provinzialrat kann nur im kollegialischen Beschlußverfahren tätig werden 
(§5. 1, Abs. 2), geschäftsleitende Verfügungen trifft der Vorsitzende allein. 
V. Durch die Dienstinstruktion für die Oberpräsidenten v. 31. Dez. 1825 ist ihr 
Wirkungskreis und ihr Verhältnis zu den Regierungen und sonstigen Provinzialbehörden 
ihres Bezirks in folgender Weise festgesetzt worden: 
1. Ihr Wirkungskreis in den ihnen anvertrauten Provinzen umfaßt: a) die eigene 
Verwaltung aller derjenigen Angelegenheiten, welche die Gesamtheit der Provinz be- 
treffen oder sich auch nur über den Bereich einer Regierung hinaus erstrecken; b) die 
Oberaufsicht auf die Verwaltung der Regierungen, der Provinzialsteuerdirektionen und 
der Generalkommissionen; ch die Stellvertretung der. obersten Staatsbehörden in be- 
sonderem Auftrage und bei außerordentlicher Veranlassung (§. 1 der Justruktion 
v. 31. Dez. 1825); d) dazu kommt nunmehr noch als ein besonders bedeutsames Stück 
der Amtstätigkeit der Oberpräsidenten die Staatsaufsicht über die seit 1875 zu- 
erst in den sog. Kreisordnungsprovinzen, weiterhin in sämtlichen Pro- 
vinzen der Monarchie eingerichtete Selbstverwaltung der Provinzen, die 
sog. Landesverwaltung. Diese Funktion der Oberpräsidenten ist dermalen an Stelle 
der ihnen früher zugewiesenen „ständischen Angelegenheiten“ getreten.? 
2. In den der eigenen Verwaltung der Oberpräsidenten übertragenen Angelegen- 
heiten (s. oben zu 1 a) bilden sie die unmittelbare Instanz, und die Provinzialbehörden, 
namentlich die Regierungen, sind ihre Organe. Zu diesen Angelegenheiten gehören ins- 
besondere: a) alle öffentlichen, für mehrere Regierungsbezirke der Provinz eingerichteten 
Institute; jedoch haben sie die Befugnis, die spezielle Verwaltung solcher Austalten der 
Regierung zu delegieren, in deren Bezirk ein solches Institut belegen ist; b) die Sicherheits- 
anstalten, welche sich auf mehr als einen Regierungsbezirk zugleich erstrecken, als Sanitäte- 
anstalten, Viehseuchenkordons, Landesvisitationen usw.; c) Pläne zu neuen Anlagen, Melio- 
rationen, Strom= und Runststraßenbauten, insofern solche die Grenzen eines Regierungs 
bezirks überschreiten; d# die Verhandlungen mit den kommandierenden Generalen in allen 
Gegenständen, welche das ganze Armeekorps betreffen 3; e# die Wahrnehmung des jus 
CEiren Sacra catholicorum nach Anleitung des §. 4 der Dinstistruktion für die Kon- 
sistorien v. 23. Okt. 1817 (§. 2 der Instruktion v. 31. Dez. 1825)1, an deren Stelle 
  
1 Uber die Enthebung der gewählten Mit-II. S. 177, N. 3) und ersetzt durch die Vor- 
glieder bezw. Stellvertreter von ihren Stellen im schriften der neuen Provinzialordnungen: ostl. 
Wege des Didziplinarverfahrens vgl. V. V. (S., Provinzen §. 26 ff., 114 ff. Bgl. überhaupt 
§. 11, Abs. 2— 4 mit §. 2 d. Ges. v. 21. Juli Schön, R. d. Romm. Verb., S. 466. 
18.,2, betr. Dienstvergehen der nichtrichterlichen s Z. B. bei Auswahl der Gegend zur Zu- 
Beamten: die Einleuung des Verfahrens, Er= sammienziehung der Korps für große Ubunngen, 
neunung des Untersuchungstommisssars und Ver= bei Verlegung von Truppen aus einem Reg. Bez. 
treters der Staaldanwaltschaft erfolgt durch den in den anderen, ferner bei Mobilmachungen usw. 
Minister des Innern; TDisziplinargericht ist der — In Ersezangelegenheiten bildet der Oberprast 
Dienplinarsenat des S berverwaltungegerichts dem mit dem kommandierenden General die drine 
(Ges. v. S. Mai 1880, G. S., S. 10. Eine Instanz (ogl. oben S. 123). 
anderweitige Disziplinargewalt besteht über die 4 Der §. 2 der Instr. v. 31. Dez. 1825 batte 
Mitglieder des Provinzialrates nich. den Oberpräsidenten auch die Aufsicht auf die 
: Die älteren Vorschriften sind jent gegen= Zensur Übertragen, welche Bestimmung durch den 
standolos s. dieselben bei v. Ronne, 1. Aufl., Art. 27 der Verf. Urk. antiquiert ist vgl. 2500
	        
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