Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Die Oberpräsidenten. (8. 84.) 469 
verpflichtet, Beschwerden über Verfügungen der genannten Behörden anzunehmen, zu prüfen 
und, insofern sie begründet sind, auf ihre Erledigung zu wirken (§. 70. Die Abhilfe muß 
aber durch den Oberpräsidenten von den Behörden selbst erfordert werden, und wenn diese 
auf ihrer Verfügung beharren zu müssen vermeinen, und der Oberpräsident sich von der 
Haltbarkeit der angeführten Motive nicht überzeugt, so ist die Behörde zwar verpflichtet, 
seine Entscheidung zu vollziehen, es steht ihr indes frei, wenn sie ihre Bedenken durch 
die Entscheidung des Oberpräsidenten nicht gehoben glaubt, davon dem betreffenden 
Minister Anzeige zu machen, wovon sie dann aber den Oberpräsidenten zugleich zu benach- 
richtigen hat §. 71.1 Auch sind sie befugt, Beschwerden in Bergwerks-, Salz-, Lotterie- 
und Gestütangelegenheiten?, welche nicht den technischen Betrieb betreffen, zu untersuchen 
und von den dabei wahrgenommenen Mängeln und Mißbräuchen der oberen Verwaltungs- 
behörde zur Abhilfe Kenntnis zu geben, welche in jedem Falle von dem Erfolge Nach- 
richt zu erteilen hat. 
5. Die Oberpräsidenten sollen' auch in Beziehung auf die Militärverwaltung, 
namentlich bei bedeutenden Anschaffungen für dieselbe, auf eine angemessene Weise ein- 
wirken. Daher liegt ihnen ob, bei größeren Anschaffungen von Gegenständen für diese 
Verwaltung, soweit solche durch die Militärintendanturen bewirkt werden, das gemein- 
same Interesse der Provinz mit dem der Militärverwaltung in Ubereinstimmung zu 
bringen, weshalb die Militärintendanturen in allen bedeutenden diesfälligen Angelegen- 
heiten ihre Anschaffungspläne dem Oberpräsidenten vorzulegen haben (§. 91. 
G. Sie sollen auch die Zivilversorgung der Militäranwärter nach Maßgabe der 
hierfür ergangenen gesetzlichen und bundesrätlichen Vorschriften ? zum Gegenstande ihrer 
Aufmerksamkeit machen und bei den ihnen untergeordneten Behörden kontrollieren (§. 10)1. 
7. Als Stellvertreter der obersten Staatsbehörden (s. oben zu lo, sind die Ober- 
präsidenten: a) die nächste Instanz bei Konflikten der ihnen untergeordneten Regierungen 
unter sich und mit den für andere Verwaltungsangelegenheiten verordneten besonderen 
Behörden; b) ermächtigt und verpflichtet, bei außerordentlichen Ereignissen und Gefahr 
im Verzuge die augenblicklich erforderlichen Anordnungen zu treffen; ingleichen c3 bei 
eingetretenem Kriege und vorhandener Kriegsgefahr für die Provinz, bis zu etwaigen 
anderweiten Anordnungen, die gesamte Zivilverwaltung zu übernehmen. d. Ferner sind 
den Oberpräsidenten nachfolgende einzelne Verwaltungsgegenstände überwiesen: 1) die Kon- 
zessionen zur Anlegung neuer Apotheken"; 2) die Bewilligung von Kram= und Vieh- 
märkten erfolgt jetzt durch den Provinzialrat mit Beschwerde an den Handelsminister ?, 
nur für Berlin noch durch den Oberpräsidenten allein ; 3) den Oberpräsidenten ist 
ferner vorbehalten die vom Staate zu erteilende Genehmigung für die Gründung neuer 
und die Erweiterung, Umänderung, Einschränkung oder Aufhebung schon bestehender ge- 
meinnütziger Anstalten?; 4) die Genehmigung zur Ausschreibung öffentlicher Kollekten 
in den einzelnen Regierungobezirken oder in der Provinz, jedoch mit Ausnahme der 
Kirchenkollekten; 5) die Genehmigung der von den Regierungen in Vorschlag zu bringen- 
den Anstellung der Okonomiedirektoren großer Institute, auch da, wo diese Institute in 
ihrer Wirksamkeit auf einen einzelnen Regierungsbezirk beschränkt sind"; 6) Urlaubsbe- 
  
1 Strafverfügungen können die Oberpräsidenten Bogl. dazu R. Gew. §. 6, ferner Jolly 
8. 
Wörterb. I, 
an die Regierungen nicht erlassen, sondern müssen in 
wegen der nötigen Rüge an den Minister berich- 
ten (R. der Min. der Fin. und des Inn. v. 
25. Okt. 1834, v. Kampt, Ann., BMd. XIX, S. 5). 
* Die im §. 8 der Dienstinstruktion auch noch 
erwähnten Beschwerden in Post und Münziachen 
scheiden aus, da das Post= und Telegraphen wie 
das Münzwesen jetzt zur Komvetenz des Reiches 
gehören. Ebenio haben die Obervpräsidenten mit 
„Veschwerdesachen gegen die WMiilitär Intendan. 
turen“ heute nichts mehr zu tun. 
3 S. hierzu die eingehende 
Laband, Bd. IV, S. 215 ff. 
gegebene Spezial-Literatur. 
Darlegung bei 
und die dort an 
  
Stengels 
* Zust. G., S. 127. 
. Zufl G., S. 43. 
*Zu derartigen Anstalten gehören auch die 
Schützengilden und es fällt daher die Prüfung 
und Bestätigung der Statuten derselben, sofern 
es sich nicht um die Abänderung einer landes- 
herrlich sanktionierten Grundverfassung oder um 
die Verleihung noch nicht besessener Korporations- 
rechte handelt, unter dar Ressort der Oberpräsidien 
R. des Min. des Inn. v. 10. Febr. 1864, M. 
Bl. d. i. Verw. 1864, S. 40. 
* In betreff der Besetzung der Beamtenstellen 
bei den Straf, Besserungs, Arrest und Ge-
	        
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