472 Die Staatsbehörden. (F. 84.)
gegenüber den neugebildeten Gesamtparochien; auch diese Aufsicht ist teils dem Minister,
teils dem Oberpräsidenten, teils dem Regierungspräsidenten übertragen.1
3. Betreffend die Aufsichtsrechte des Staates bei der Vermögensverwaltung in den
katholischen Kirchengemeinden, so ist deren Ausübung, zufolge Art. 1, Nr. 2 der Ver-
ordnung v. 27. Sept. 1875 2, dem Oberpräsidenten in den Fällen des §. 50, Nr. 7
des Gesetzes v. 20. Juni 1875 über die Vermögensverwaltung der katholischen Kirchen-
gemeinden? — nänlich bei Ausschreibung, Veranstaltung und Abhaltung von Samm-
lungen, Kollekten usw. für kirchliche, wohltätige oder Schulzwecke außerhalb der Kirchen-
gebäude — übertragen, und zugleich im Art. 2 der Verordnung v. 27. Sept. 1875
bestimmt worden, daß dem Kirchenvorstande die Berufung gegen die betreffenden Ver-
fügungen des Oberpräsidenten an den Minister des Innern und den Minister der geist-
lichen Angelegenheiten zusteht, sowie auch, daß dem Kirchenvorstande die Berufung an
den Oberpräsidenten zusteht gegen Verfügungen der Regierungspräsidenten in den Fällen,
in welchen diese zufolge Art. 1, Nr. 3 der Verordnung v. 27. Sept. 1875 die Rechte
des Staates auszuüben haben.
Auch in der katholischen Kirche sind neuerdings auf Anregung des Staates für
materielle Bedürfnisse der Kirche gemeindeartige Gesamtverbände gebildet und diesen gegen-
über die Rechte des Staates zum Zwecke der Aufsicht über die Vermögensverwaltung
besonders festgestellt worden."
4. Was die Ausfsichtsrechte des Staates bei der Vermögensverwaltung in den
katholischen Diözesen in Gemäßheit des Gesetzes v. 7. Juni 18765 betrifft, so hat die
Verordnung v. 29. Sept. 1876", Art. 1, Nr. 4 dem Oberpräsidenten die Ausübung
dieser Aufsichtsrechte in denienigen Fällen übertragen, wo solche nicht, zufolge der Be-
stimmungen des Art. 1, Nr. 1, 2 und 3 dem Minister der geistlichen Angelegenheiten
oder dem Finanzminister in Gemeinschaft mit dem Minister der geistlichen Angelegen-
heiten, bezw. der Oberrechnungskammer übertragen ist. Zugleich hat der Art. 3 der
Verordnung bestimmt, daß gegen die Verfügungen des Oberpräsidenten den verwaltenden
Behörden die Berufung zusteht, und zwar in denjenigen Fällen, in welchen das Ressort
des Ministers des Innern beteiligt ist, an diesen und den Minister der geistlichen An-
gelegenheiten, in allen übrigen Fällen an den Minister der geistlichen Angelegenheiten.
VIII. Zum unmittelbaren Ressort der Oberpräsidenten gehören noch gewisse besondere
Angelegenheiten und Anstalten der einzelnen Provinzen, nämlich:
1. in der Provinz Ostpreußen: a) die Landesmeliorationsangelegenheiten der Pro-
vinz, verwaltet von vier Meliorationsbauämtern, b) die Schutzpocken-Impfanstalt in
Königsberg, c) das Seeamt in Königeberg";
2. in der Provinz Westpreußen: a) die Weichselstrombauverwaltung, bestehend seit
1. April 1884 (Vorschr. v. 22. Januar 1889), b) die Ausführungskommission für die
Regulierung der Weichselmündung in Danzig, c) die Landesmeliorationsangelegenheiten
der Provinz, verwaltet durch drei Meliorationsbauämter, d) die Schutzpocken-Impfanstalt
für die Provinz, e) das Seeamt zu Danzig;
3. in der Provinz Brandenburg: a) die Landesmeliorationsangelegenheiten der Pro-
vinz, b) die Überwachung der Maßregeln gegen die Reblaus, c) die Staatskommissare
bei der Börse in Berlin, d) die Handwerkskammer in Berlin;
4. in der Provinz Pommern: a) die Landesmeliorationsangelegenheiten der Provinz,
b) die Reblauskommission, c) die Schutzpocken-Impfanstalt in Stettin, 4) die Seeämter
in Stettin und Stralsund, ei das Marienstift in Stettin, dessen Einkünfte zur Be-
1 Alte Prov.: V. v. 20. Okt. *ie (G. S., 4 V. v. 4. Jan. 1904 (G. S., S. 1).
S. 203), Hannover: luth. V. v. 1. Okt. 1000 5 G. S 1876, S. 149 ff.
(G. S., S. 359), für die Rheinprovinz und G. S. 1876, S. 401 ff.
Westfalen s. Ges. v. 1. Juli 1901 (S. S., Bd. III. . 6 res Reichsgef. v. 27. Juli 1877, ben.
Verhältuis von Staat u. Kirche). die irsihn von Seeunfällen (R.
: G. S. 1875, S. ö71 ff. 1977, 2. 550).
* G. S. 1875, S. 252. I