Gesetzlich bevorzugte Staatsbürger. (8. 51.) 51
beziehungsweise neu eingeführt werden!, ist die standesherrliche Autonomie auch heute
noch frei, da das Reichsrecht selbst solche Schranken nicht aufrichten wollte; die Vor-
schriften des B. G. B. können auf dem Wege dieser Autonomie abgeändert werden, falls nur
das Landesrecht dies nicht verbietet. Andere Reichsgesetze dagegen ziehen der standes-
herrlichen Autonomie eine unübersteigliche Schranke, falls nicht ein ausdrücklicher Vor-
behalt gemacht ist.1
B. Rechtsverhältnisse in Beziehung auf ihre Besitzungen und Einkünfte.
1. Den Standesherren und ihren Familien bleiben in Absicht auf ihre Besitzungen
alle Rechte und Vorzüge, welche aus ihrem Eigentum und dessen ungestörtem Genusse
herrühren (F§. 22 der Instr.). Dies „Recht“ hat jetzt jedermann.
2. Den Standesherren bleibt in ihren standesherrlichen Bezirken die Benutzung
jeder Art der Jagd-“ und Fischereigerechtigkeit 5, der Bergwerke, der Hütten= und Hammer-
werke, soweit sie ihnen bereits zusteht; jedoch muß dieselbe nach den Landesgesetzen und
den für deren Ausführung ergehenden Anordnungen der oberen Staatsbehörden geschehen"
(§. 23 der Instr.).
3. Sie genießen für ihre „Domänen“ ohne Unterschied, ob dieselben in Domanial=
1 S. dazu Mugdan, Materialien z. B. G.
B. I., S. 155. Daß dagegen das Hausrecht der
landesherrl. Häuser — Art. 57 — dem Lan-
desrecht nicht unterworfen ist, führt aus Rehm,
Fürstenrecht, S. 73.
: Vgl. hierzu G. Meyer, St. R. 5. Aufl.,
S. 755 f.: Schücking in d. D. Jurist.-Ztg.
1903, Nr. 2. Das G. v. 17. Febr. 1875 Über
das Volljährigkeitsalter, das keinen Vorbehalt zu-
gunsten der standesherrlichen Autonomie enthält,
ist ersetzt durch B. G. B., §. 2, somit fällt
diese Materie jetzt unter die im Text bezeichnete
Autonomie, da die Großjährigkeit doch jedenfalls
unter die „Familienverhältnisse“ gehört. Das
gleiche gilt für das G. v. 6. Febr. 1875 über
Personenstand und Eheschließung, insoweit dessen
Vorschriften durch das B. G. B. bezw. Einf. G.,
Art. 46 ersetzt sind, also insbes. für die Ehe-
schließung; insoweit das G. v. 6. Febr. 1875
vom B. G. B. unberührt blieb, ist also die
Autonomie der Standesherren ausgeschlossen, in-
soweit es durch das B. G. B. „berührt“ ist, be-
steht sie — jedenfalls ein höchst eigentümlicher
und bedenklicher Rechtszustand. Diesem Resultat
ist nur auszuweichen durch die Annahme, daß
die Autonomie, insoweit sie reichsgesetzlich be-
seitigt war, auch durch den generellen Vorbehalt
im Einf. G., Art. 58, nicht mehr wieder herge-
stellt werden konnte. Die Streitfrage hat wichtige
rechtliche Konsequenzen: kann z. B. durch stan-
desherrliche Autonomie Ebenbürtigkeit als Vor-
aussetzung einer gültigen Ehe vorgeschrieben wer-
den? Bornhak, St. R. I. S. 319 verneint
dies, vgl. Entsch. d. R. G. i. Zivils. II, S. 145.
Bgl. auch preuß. Vormundsch. O. v. 5. Juli
1875, §. 101.
* Dies garantiert auch der Art. XIV, Lit. c
der Bundesakte. was indes nicht dahin zu verstehen
ist, daß das Eigentum der Standesherren den
auf allgemeinen Gesetzen beruhenden Beschrän-
kungen des Privateigentumes, neuen Zwangs.,
Ablösungs-, Expropriations-, Gemeinheits-Auf-
hebungs-, Pfand= und Hypothekengesetzen ent-
zogen oder deren Gültigkeit von der Einwilligung
der Standesherren abhängig gemacht sei evgl.
Zachariä, D. St. u. B. R., 3. Aufl., Bd. 1,
S. 520). — Die im §. 22 der Instr. den Stan-
desherren auch noch ausdrücklich vorbehaltenen
Lehnsherrlichkeitsrechte sind beseitigt durch die all-
gemein erfolgte Aufhebung des lehnsherrl. Ober-
eigentums. Der §. 22 a. a. O. bestimmt übrigens
auch noch, „daß die Lehnsverhältnisse, in welchen
ohnehin einzelne Standesherren zu Kaiser und
Reich standen, bei Vorderlehen der Standes-
herren als aufgehoben, hingegen bei inländischen
Reichsafterlehen der Standesherren, Aktiv= und
Passivlehen, soweit diese inmittelst nicht allo-
difiziert worden sind, als fortdauernd zu betrachten
sind“. gl. hierüber auch: Vollgraff, Die
d. Standesherren (1824), S. 691, und Bahl
kampf, Die d. Standesherren (1844), S 93;
v. Meyer, Corpus Constit. German., 2. Aufl.,
(1845), H. 2, S. 317, Note 7.
* Nach dem G. v. 31. Okt. 1848, betr. die
Aufhebung des Jagdrechts auf fremdem Grund
und Boden (G. S., S. 343), nur auf ihrem
Eigentum.
5 Dies schützt indes die Standesherren nicht
gegen die Ablösung nach den Grundsätzen des
G. v. 2. März 1850 zur Ergänz. der Gemein-
heits-Teil.-O. v. 7. Juni 1821, sondern dies
Gesetz findet auch auf solche nach demselben für
ablösbar erklärte Gerechtigkeiten Anwendung,
welche den Mediatisierten durch Staatsverträge
überwiesen und garantiert worden sind (vgl. das
Erk. des Rev.-Kolleg. für Landes-Kult.-Sachen
v. 2. Sept. 1851 in dessen Zeitschr., Bd. IV,
S. 344 ff.).
* Diese Rechte setzt auch der §. 5 der V. v,
21. Juni 1815 speziell fest und bestimmt noch,
in Ubereinstimmung mit dem §. 23 der Instr.
daß die Standesherren dem Staate den Vorkauf
der erzielten Metalle, Mineralien und Fabrikate
nach den Marktpreisen lassen müssen. — Vgl.
übrigens ". 250 des allgem. Bergges. v. 24. Juni
1865 (G. S. 1865, S. 758). Das besondere
S#tolberg- Nohlaische Bergamt ist durch Vertrag
16. 16. März 186
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