Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Die Konsistorien. (8. 94.) 611 
28. Die Anordnung von Kirchenvisitationen und die Erteilung von Visitationsbescheiden. 
Insofern sich jedoch die Visitation auch über die dem Ressort der Regierung angehörigen 
Gegenstände erstreckt, sind die Visitationsverhandlungen dieser vorzulegen und hat die 
Regierung das weitere darauf zu befinden.! 29. Die Beaufsichtigung der Pfarr= und 
Superintendenturarchive. Dazu ist noch beizufügen 30. die kirchliche — über die 
Staatsaufsicht s. S. 427 — Aufsicht über die Vermögensverwaltung der Gemeinden nach 
Maßgabe des Kirchengesetzes v. 18. Juli 1892 und der Allerhöchsten Verordnung v. 
8. März 1893 (K. G. u. V. Bl. 1893, S. 9, 12), sowie 31. die Ausführung des 
großen Diensteinkommensgesetzes v. 2. Juli 1898 (K. G. u. V. Bl., S. 61) nebst 
Staatsgesetz vom gleichem Datum (G. S., S. 155), wodurch die Gehaltsverhältnisse 
der evangelischen Geistlichen eine seste Grundlage erhalten haben. 32. Die Erteilung 
der vorgeschriebenen Genehmigungen nach Maßgabe des Kirchengesetzes v. 26. Mai 
1905 (K. G. u. V. Bl., S. 31), nebst Staatsgesetz v. 14. Juli 1905 (G. S., 
S. 277). v 
Die dem Ressort der Regierungen vorbehaltenen evangelischen Kirchenangelegenheiten 
hatte die Verordnung v. 27. Juni 1845, betreffend das evangelische Kirchenwesen (§. 3), 
dahin bestimmt, daß dazu gehören sollen: 1. die Regulierung des Interimistikums in 
streitigen Kirchen-, Pfarr= und Küstereibausachen; 2. die Aufsicht über die Kirchenbücher; 
3. die Sorge für die Anlegung und Unterhaltung der Kirchhöfe; 4. die Anordnung und 
Vollstreckung der zur Aufrechthaltung der äußern kirchlichen Ordnung erforderlichen poli- 
zeilichen Vorschriften; 5. die Aufsicht über das Vermögen der dem landesherrlichen Patro- 
nate nicht unterworfenen Kirchen, kirchlichen Stiftungen und Institute, sowie die Aus- 
übung der landesherrlichen Aufsichts= und Verwaltungsrechte in Ansehung des Vermögens 
der dem landesherrlichen Patronate unterworfenen Kirchen, kirchlichen Stiftungen und 
Institute; 6. die Ernennung oder Bestätigung der für die Verwaltung des kirchlichen 
Vermögens anzustellenden weltlichen Kirchenbedienten, sowie die Aufsicht über deren amt- 
liche und sittliche Führung und die damit verfassungsmäßig verbundenen Disziplinar- 
befugnisse. Wo aber über das Vorhandensein eines kirchlichen Bedürfnisses oder die Ab- 
messung seines Umfanges Zweifel entstehen, ingleichen wo es sich um die Verwendung 
der bei der Vermögensverwaltung einzelner Kirchen, kirchlichen Stiftungen und Institute 
(Nr. 5) sich ergebenden Uberschüsse handelt, sollte sich die Regierung mit dem Konsisto- 
rium in näheres Einvernehmen setzen. In diesen Angelegenheiten sollte den Regierungen 
(nach §. 4 a. a. O.) auch die Befugnis verbleiben, die Geistlichen ihres Bezirks durch 
Ermahnungen, Zurechtweisungen und Ordnungsstrafen zur Erfüllung ihrer Obliegenheiten 
anzuhalten. Dagegen sollten (nach §. 5 a. a. O.) zum gemeinschaftlichen Geschäfts- 
kreise der Konsistorien und Regierungen gehören: a) die Veränderung bestehender, sowie 
die Einführung neuer Stolgebührentaxen, und b) die Veränderung bestehender, sowie die 
Bildung neuer Pfarrbezirke. — Das Gesetz v. 3. Juni 1876, betreffend die evangelische 
Kirchenverfassung in den acht älteren Provinzen der Monarchie", hat dann aber im Art. 21 
bestimmt, daß die Verwaltung der Angelegenheiten der evangelischen Landeskirche, soweit 
solche bisher von dem Minister der geistlichen Angelegenheiten und von den Regierungen 
geübt worden sind, auf den evangelischen Oberkirchenrat und die Konsistorien als Organe 
der Kirchenregierung übergehen solle. Den Regierungen ist demzufolge in Beziehung auf die 
Angelegenheiten der evangelischen Landeskirche nur die ihnen bisher zugestandene Wahr- 
nehmung der staatlichen Aufsichtsrechte verblieben, wogegen die Ausübung der bisher von 
den Regierungen wahrgenommenen kirchenregimentlichen Befugnisse auf die Konsistorien 
übergegangen ist. Gemeinsam für die Zuständigkeit der Regierungen und Konsistorien 
bleibt die Neubildung und Veränderung bestehender Pfarrbezirke. Von den bisher zum 
  
1 Instr. v. 23. Okt. 1817, §. 2, Nr. 7. * Über das Verhältnis dieses Kirchengesetzes 
Der Zirk.-Erlaß v. 1. Okt. 1847 fügt jedoch zu A. V. N. II, 11, §. 164 s. Entsch. des Reiche 
hinzu, daß den Regierungen die Befugnis vor Perichts v. 27. April 1903, mitgeteilt K. G. u. 
behalten werde, von der Aufbewahrung der das V. Bl. 1903, S. 69. 
Vermögen der Kirchen und kirchlichen Institute G. S. 1876, S. 125 ff. 
betreff. Urkunden und Verhandlungen auch ihrer- „ Vgl. oben, S. 57. 
seits Kenntnis zu nehmen und Vorkehrung zu treffen. 
3907“
	        
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