616 Die Staatsbehörden. (8. 9.)
evangelischen Kirche ihres Bezirkes persönlich zu beaufsichtigen und auf sie einzuwirken
befugt und verpflichtet sind (F. 1 der Instruktion v. 14. Mai 1829). Die Gegenstände,
auf welche sie ihr Augenmerk vorzüglich zu richten haben, sind: a) die Lehrart der Geist-
lichen, br die Reinheit, Ordnung und Würde des evangelischen Gottesdienstes, c) die
Beschaffenheit, der Gebrauch und die Verwaltung der für die kirchlichen Zwecke bei den
einzelnen Gemeinden vorhandenen kirchlichen Mittel, d) der bei den Gemeinden herrschende
kirchliche Geist, e) der Wandel der Kirchenbeamten, k) die Beschaffenheit der Elementar-
und niederen Bürgerschulen, #) die religiöse und kirchliche Tendenz der gelehrten und
höheren Bürgerschulen (§. 6 a. a. O.). Auch gehört die Ordination zu ihrem Amts-
kreise (§. 22 a. a. O.). Schleswig-Holstein hat zwei Generalsuperintendenten, Hannover
vier lutherische und einen reformierten, Hessen-Nassau drei.
IV. Von den Konsistorien beziehungsweise den Generalsuperintendenten ressor-
tieren die Superintendenten, als unmittelbare Aufseher der einzelnen ihnen unter-
gebenen Diözesen oder Kreise, desgleichen in der Provinz Schleswig-Holstein die Kirchen-
pröpste.1
Von den Konsistorien ressortieren ferner die Prüfungskommissionen für die
beiden theologischen Prüfungen. Es bestehen für den Bezirk eines jeden Kon-
sistoriums zwei solcher Prüfungskommissionen, nämlich für die Provinz Ostpreußen in
Königsberg, für Westpreußen in Danzig, für Brandenburg in Berlin, für Pommern in
Stettin, für Schlesien in Breslau, für Posen in Posen, für Sachsen in Halle und in
Magdeburg, für Westfalen in Münster und für die Rheinprovinz in Koblenz. Sie sind
gebildet aus dem Generalsuperintendenten als Vorsitzenden, den theologischen Mitgliedern
des Konsistoriums, den vom Oberkirchenrat berufenen Professoren der Theologie und zwei
bis drei Abgeordneten, die die Provinzialsynoden aus ihrer Mitte als Mitglieder mit
vollem Stimmrecht entsenden.?
Etwas abweichend, wenn auch in der Hauptsache nach den gleichen Gesichtspunkten,
sind die Verhältnisse in den drei neuen Provinzen geordnet.?
Eine Mitwirkung des Staates, wie solche das Gesetz v. 11. Mai 1873 über Vor-
bildung und Anstellung der Geistlichen (G. S., S. 191) gefordert hatte, findet jeert in
keiner Form mehr statt; die einschlägigen Vorschriften sind nunmehr durch Gesetz v. 21. Mai
1886 (G. S., S. 147) und v. 11. Juli 1883 (G. S., S. 109) vollständig beseitigt.
V. Den Konsistorien zur Seite stehen ferner die Provinzialsynodalvorstände,
welche teils selbständig, teils in Verbindung mit den Konsistorien an der kirchlichen Ver-
waltung der Provinz teilnehmen.“
Die Provinzialsynode wählt bei ihrem jedesmaligen Zusammentritt ihren Präses,
dessen Wahl der Bestätigung des Oberkirchenrats bedarf, sowie bis zu sechs Mitgliedern
des Vorstandes nebst Stellvertretern; der Vorstand bleibt in Funktion bis zur Wahl des
neuen Vorstandes.
Der Provinzialsynodalvorstand vertritt in der Zeit der nichtersammelten Synode
diese letztere und hat von diesem Gesichtspunkt aus eine Reihe von selbständigen Funk-
tionen, insbesondere behufs Ausführung der Beschlüsse der Synode und Vorbereitung der
neuen Synode. 5
1 Vgl. Kirchengemeinde= und Synodalordnung ! Hannover: Verordnung v. 4. Mai 186.
für die evangelisch-lutherische Kirche der Provinz
Schleawig-Holstein v. 4. Nov. 1876, 88. 72—84
(G. S. 1376. S. 176 ff.). Auf die Aueschüsse
der Propsteisynoden sind die Geschäfte, welche bis-
her den Kirchenvisitationen obgelegen haben, so-
weit sie sich auf kirchliche Angelegenheiten beziehen
und nicht in der Ausübung von Staatsaufsichts-
Tchten bestehen, übergegangen (vgl. §S. 81 a. a.
O.). — Vgl. überhaupt Schön, Evangel. Kirchen-
Fer r S. 264 fi.
: Alrchengemeinde-
65, Ziff. 9.
und Synodalordnung, 8.
(G. S., S. 473). Konsistorialbezirk Wiesbaden:
Kirchengemeinde= und Synodalordnung v. 1. Juli
1877 (G. S. 1878, S. 212), §. 72, Ziff. 2.
für Schleswig-Holstein s. Staatshandbuch 1905.
S. 533. Konsistorialbezirk Kassel, ebendas., S:
675
Kirchengemeinde= und Synodalordnung, 58.
66—68.
5 Kirchengemeinde= und Synodalordnung, §.
68, Ziff. 1—1, 7.