Der Landrat. (§. 96.) 629
Erben in auf= und absteigender Linie zusammenzurechnen, und die Abtretung eines Gutes
von dem Vater an den Sohn, bei Lebzeiten des ersteren, sowie in der Ritterschaft die
Sukzession der Seitenverwandten in einem Lehn= oder Fideikommißgute, welches von einem
gemeinschaftlichen Stammvater herrührt, sind der Vererbung in absteigender Linie gleich
zu achten. Dem Könige bleibt vorbehalten, von dem fünfjährigen Vorbesitze auf den
Antrag des Ministers des Innern in einzelnen Fällen aus besonderen Gründen zu dis-
pensieren; auch kann eine solche Dispensation von den Kreistagen schon vor der Wahl
für einen ihnen sonst geeignet erscheinenden Wahlkandidaten nachgesucht werden.?
Über das Verfahren bei den Landratswahlen sind besondere Reglements erlassen?,
nämlich a) für die Provinzen Brandenburg und Pommern v. 22. Ang. 1826“, welches
demnächst auch in den Provinzen Preußen (Kab. O. v. 10. Okt. 1828 5), Schlesien
(Kab. O. v. 2. April 1828 4) und Sachsen (Kab. O. v. 30. April 18277 für an-
wendbar erklärt und durch die Order v. 30. Nov. 1827 8 ergünzt worden ist; b) für
die Rheinprovinz und Westfalen das Reglement v. 17. März 18287, und c) für
das Großherzogtum Posen das Reglement v. 29. April 1829.109 Die Bestimmungen
dieser Reglements sind indes dermalen, insoweit sie mit den Vorschriften der Kreisordnungen
nicht vereinbar sind, für abgeändert zu erachten. Die Wahlen sollen unter dem Vorsitze
eines von der Regierung in jedem einzelnen Falle zu ernennenden Kommissarius abge-
halten werden.11 Sie sollen jederzeit auf einem Kreistage erfolgen, zu welchem der
Kreisdeputierte die Kreisversammlung nach den Vorschriften der betreffenden Kreisordnung
mit der Bekanntmachung einzuladen hat, daß die Landratswahl statthaben werde. 12 Zu
jeder Landratsstelle sind drei Kandidaten zu wählen 12, jedoch reichen in dem Falle, wenn
an wählbaren Personen Mangel ist, ausnahmsweise deren zwei hin. 1 Im Wahltermine
ist über jeden zu präsentierenden Kandidaten einzeln durch Wahlzettel, worauf nur ein
einziger Name genannt ist, der Reihe nach, so vielmal als Kandidaten zu präsentieren
sind, abzustimmen. 15 Abwesende, welche ihre Wahlzettel einsenden wollen, sind verpflichtet,
die Reihenfolge unter den benannten Kandidaten auf den Wahlzetteln bestimmt auszu-
1 Berordnung v. 23. Mür 1839, §. 1 (v.]17. März 1828, §. 7, Regl. v. 29. April 1829,
Kampt, Ann., Bd. XIII, S. 4). #§. 8S. — Es ist nur ein einziger Wahltermin zu
2 §. 2 a. a. . gestatten, und eine Wiederholung der Wahl, so-
* Seitens der Oberpräsidenten sind Über das sern diese nicht wegen absoluter Nichtigkeit not-
Verfahren bei den Landratswahlen folgende In= wendig, um für ablehnende oder sonst ausfallende
struktionen erlassen: für Brandenburg v. 16. Febr. Kandidaten andere aufzustellen, nur mit ministe-
1833 (v. Kampt, Ann., Bd. XVII, S. 17),rieller Genehmigung nachzulassen. Wird diese
für Pommern v. 26. April 1833 (a. a. O., nicht erteilt, so behält es bei dem Vorschlage von
S. 25), für Sachsen v. 12. Jan. 1832 (a. a. O., Amts wegen, um die Zahl der präsentierenden
Bd. XVI, S. 34) und v. 14. Mai 1842 (Kam. Kandidaten zu ergänzen, sein Bewenden (Restr.
Zeit., Bd. VIII, S. 557), für Preußen v. 26. März des Min. des Inn. v. 25. Jan. 1833, v. Kamptzs,
1832 (v. Kamptz, Ann., Bd. XVI, S. 18), Ann., Bd. XVII, S. 9).
für Posen v. 29. Dez. 1831 (a. a. O., S. 25), 18 Regl. v. 22. Aug. 1826, §F. 5.
für Schlesien v. 31. Mai 1832 (a. a. O., S. 30), 14 Regl. v. 17. März 1828, §. 3, Regl. v.
für Westfalen v. 28. Juli 1831 (a. a. O., S. 5), 29. April 1829, §. 3.
für die Rheinprovinz v. 25. Jan. 1832 (a. a. O., 15 Kab. O. v. 23. März 1830 (v. Kamptz, Ann.,
S. 10), v. 25. Jan. 1833 und v. 30. Mai 1835 RDd. XIV, S. 16, Bergius, Gesetzsamml., S
(d. a. O., Bd. XX, S. 513). 343). — Es soll eine allgemeine und eine engere
*" v. Kamptz, Ann., Bd. X, S. 593, und Liste der Wählbaren aufgestellt werden; jene um-
Bergius, Gesetzsamml., Bd. 172. faßt alle Rittergutsbesitzer des Kreises, denen ver-
* Vgl. v. Kamptz, Ann., Bd. XII, S. 956, möge des allgemeinen Erfordernisses zugleich mit
Bergius, a. a. O., S. 266. dem Wahlrechte auch die MWählbarkeit zusteht;
* Vgl. v. Kamptz, Ann., Bd. XVI, S. 30. diese hat den Zweck, der Zersplitterung der Wahl-
7' Vgl. v. Kamptz, Ann., Bd. XVI, S. 34. stimmen vorzubeugen, weshalb niemand darin
VAgl. v. Kamptz, Ann., Bd. XI, S. 872, aufzunehmen ist, dem nicht von einem der Wahl-
Bergius, Gesetzsamml., S. 232. berechtigten eine Stimme zugedacht ist. Es sind
!* Agl. v. Kamptz, Ann. fBd. XII, S. 32, aber darin auch noch diejenigen zu streichen, über
Bergius, g. a. O., S. 257. deren Befähigung die Wahlversammlung sich nicht
1% Vgl. v. Kamptz, Ann., Bd. XIII, S. 476, geeinigt hat (Reskr. des Min. des Inn. v. 31. Juli
Bergius, a. a. O., S. 299. 1839, v. Kamptz, Ann., Bd. XXIII, S. 544).
11 Kab. O. v. 13. Febr. 1846 (Kam. Zeit., Bd.XII., Bei Aufstellung der engeren Liste der Wählbaren
O
S. 339). sollen die eingesandten Stimmzettel entsiegelt und
18 Kab. O. v. 30. Nov. 1827, Nr. 2, Regl. v.] mit berücksichtigt werden, indes soll der Vorsitzende