Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

638 Die Staatsbehörden. (C. 97.) 
bestehende Einrichtungen und geltende Gesetze oder Anordnungen eine Abweichung be- 
dingen. Insbesondere sind ihm übertragen: a) alle Funktionen der Landräte in den- 
jenigen Fällen, in welchen nach den in der Provinz Schleswig-Holstein eingeführten oder 
noch einzuführenden altländischen Gesetzen, Verordnungen und Einrichtungen die Mit- 
wirkung des Landrats eintritt; b) die Funktionen, welche bisher den Oberbeamten zu- 
standen, soweit sie nicht auf andere Behörden übergehen; c) die Aufsicht über die Polizei- 
verwaltung in allen Ortschaften des Kreises. 
Das durch das Gesetz v. 23. Juni 18761 mit der preußischen Monarchie für 
immer vereinigte, in bezug auf die staatliche Verwaltung vorläufig der Provinz Schles- 
wig-Holstein zugeteilte Herzogtum Lauenburg bildet zufolge des 8. 6 des gedachten Ge- 
setzes einen besonderen landrätlichen Kreis unter der Benennung „Kreis Herzogtum Lauen- 
burg“, auf dessen Landrat die §§. 2 und 3 der vorgedachten Verordnung v. 22. Sept. 
1867 Anwendung finden. 
3. Was die Provinz Hannover betrifft, in welcher zufolge der Verordnung v. 
12. Sept. 18672 die Einteilung in Amtsbezirke aufrecht erhalten worden war, so hat 
die gedachte Verordnung (§. 5) bestimmt, daß für weitere Verwaltungszwecke durch Zu- 
sammenlegung von Amtsbezirken und selbständigen Städten Kreise zu bilden seien, und 
§. 6 hat dann ferner vorgeschrieben, daß vorläufig der Minister des Innern mit Ge- 
nehmigung des Königs einen Amtshauptmann des Kreises mit der Wahrnehmung der 
den ganzen Kreis umfassenden Geschäfte zu beauftragen hat, welcher Beamte während 
der Dauer des Auftrages den Titel „Kreishauptmann“ führt. Der Kreishauptmann 
tritt (nach §. 7 a. a. O.) überall, wo in den in der Provinz Hannover publizierten, die 
Militär= und Steuerverfassung betreffenden Gesetzen, Verordnungen und Instruktionen der 
Landrat genannt wird, an dessen Stelle. Im übrigen, und soweit künftige Gesetze und 
Verordnungen nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmen, übt im Bereiche der Provinz 
Hannover der Amtshauptmann die Funktionen des Landrats aus. Jetzt ist auch hier 
die Kreisverfassung mit dem Landrat ganz ebenso wie in allen übrigen Provinzen der 
Monarchie durchgeführt. 
S. 97. 
Die übrigen Kreisbeamten. 
I. Die Kreismedizinalbeamten. Der Landrat war seit Ausbildung dieses 
Amtes zugleich Kreismedizinalpolizeibeamter und hatte als solcher die Verpflichtung, auf 
alles zu achten, was das öffentliche Gesundheitswesen in seinem Kreise betrifft, ins- 
besondere bei Seuchen und ansteckenden Krankheiten Maßregeln zur Verhütung weiterer 
Verbreitung zu treffen und Sorge dafür zu tragen, daß den Erkrankten die notwendige 
Hilfe werde, ferner auf die gesundheitsmäßige Beschaffenheit der Lebensmittel zu achten, 
bei Viehseuchen die gesetzlichen Vorschriften in Ausführung bringen zu lassen, endlich die 
Aufsicht über sämtliche der Armen= und Krankenpflege dienenden Anstalten seines Kreises 
zu führen. An diesen allgemeinen Gesichtspunkten ist auch jetzt nichts geändert und 
demgemäß bestimmt das Gesetz v. 16. Sept. 1899“ (G. S., S. 172) im §. 1, Abl. 5: 
„Dem Landrat und der Polizeibehörde verbleiben die ihnen nach der geltenden Gesetz- 
gebung zustehenden Befugnisse in Angelegenheiten des Gesundheitswesens.“ 
Für alle medizinal= und sanitätspolizeilichen Angelegenheiten sind jedoch besondere 
Kreismedizinalbeamte bestellt, welche als Gehilfen und technische Berater des Landrats 
die „staatlichen Gesundheitsbeamten“ des Kreises sind und als solche den Amtstitel 
„Kreisarzt“ führen. Jeder Kreis hat in der Regel seinen eigenen Kreisarzt, doch 
  
1 G. S., S. 170. Es ist dies das Gesetz betr. die Dienst- 
* G. S., S. 1497. stellung des Kreisarztes und die Bildung von 
* Vgl. Instr. für die Landräte v. 31. Dez. Gesundheitskommissionen. 
1816, §§. 40, 41 und 47.
	        
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