Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Die Ortsverwaltung. 643 
(8. 98.) 
und in der Rheinprovinz, mit Ausnahme des Regierungsbezirks Koblenz und eines Teils 
des Regierungsbezirks Trier, desgleichen in den Provinzen Schleswig-Holstein, Hannover 
und Hessen-Nassau bestanden früher keine Kreiskassen, sondern hier standen die Elementar= 
steuererheber mit der Regierungshauptkasse in direkter Verbindung. In den übrigen Landes- 
teilen ist die amtliche Hauptfunktion der Kreiskassen beziehungsweise deren Rentmeister 
die Einziehung und Verrechnung der direkten Steuern; sie sind jedoch verpflichtet, auch 
sonst alle diejenigen Geschäfte ohne einen Anspruch auf besondere Entschädigung zu über- 
nehmen, welche ihnen von ihrer vorgesetzten Behörde überwiesen werden. Die den Kreis- 
kassen zunächst vorgesetzte Behörde ist die Bezirksregierung, und wenn mit der Kreiskafse 
ein Hauptsteueramt für die indirekten Steuern verbunden ist, bezüglich der Geschäfte dieser 
Kasse der Provinzialsteuerdirektor. Der Landrat ist nur insoweit befugt, der Kreiskasse 
Anweisungen zu erteilen, als solche aus seinem Verhältnisse als Kassenkurator hervor- 
gehen, oder auf einen Auftrag der vorgesetzten Regierung, oder auf besondere Bestimmung 
sich grünnden. Wird der Rentmeister durch Krankheit oder in anderer Weise gehindert, 
sein Amt zu verwalten, so hat er davon dem Landrat sofort Anzeige zu machen, welcher 
für die Stellvertretung Sorge zu tragen hat. Der Rentmeister ist für die vorschrifts- 
mäßige Verwaltung der Kreiskasse verantwortlich. Uber die Art und Weise seiner Ge- 
schäftsführung enthält die Geschäftsanweisung v. 18. Febr. 1856 die näheren Bestim- 
mungen. 
Jetzt ist diese Organisation der Kreiskassen auf die ganze Monarchie ausgedehnt? 
und es bestehen nur mehr ganz geringfügige Besonderheiten; s. unten, Bd. III: Finanz- 
wesen. 
Fünfter Titel. 
Die Ortsverwaltung. 
8. 98. 
Abgesehen von den besonderen Organen von Provinzialverwaltungsbehörden für Zwecke 
der Lokalverwaltung, deren bereits bei der Darstellung der Organisation der Provinzial- 
verwaltung gedacht wurde, bestehen für die Besorgung der örtlichen Geschäfte der 
Kreis-, Bezirks-, Provinzial= und allgemeinen Staatsverwaltung, insbesondere der Polizei- 
verwaltung, lokale Verwaltungsbehörden, die jedoch mit Ausnahme der königlichen Polizei- 
behörden — s. unten II. — durchweg nicht in erster Linie Staatsbehörden, sondern Organe 
der Selbstverwaltung sind. In dieser letzteren, ihrer Haupteigenschaft, gehören sie nicht 
in diesen Zusammenhang. Da aber der Staat notwendigerweise auch einer lokalen Be- 
hördenorganisation bedarf, bedient er sich der gemeindlichen Selbstverwaltungsorgane auch 
für die Zwecke der allgemeinen Landesverwaltung; demgemäß sind die Gemeinde- 
behörden kraft Auftrages zugleich Staatsorgane und stellen in dieser 
ihrer Doppelnatur die Ortsobrigkeit dar. Dies Prinzip ist in allen geltenden 
Städte= und Landgemeindeordnungen anerkannt. 
I. Was die Städte der östlichen Provinzen und der Provinz Westfalen betrifft, so 
bilden hier die Magistrate, in der Rheinprovinz die Bürgermeister, die Obrigkeit 
  
liegt, sind verpflichtet, auch die Fonds und die Das Recht der preuß. Kreis= und Provinzial= 
Einnahmen des Kreisverbands (die Kreiskom= verbände, §. 31, S. 101. 
munalkasse) zu verwalten (Reskr. des Min. der 
Fin. und des Inn. v. 2. Okt. 1842, M. Bl. d. 
i. Verw. 1842, S. 333,; es steht jedoch dem 
Kreistage frei, eine besondere Kreiskommunalkasse 
zu errichten und diese durch einen eigenen Be- 
amten verwalten zu lassen. — Vgl. v. Möller, 
1 Agl. Geschäftsanweisung für die Kreissteuer- 
einnehmer v. 18. Febr. 1856, S. 1 (M. Bl. d. 
i. Verw. 1856, S. 108). 
* Seit 1882; vgl. Bekanntmachung d. Fin. 
Min. v. 11. Juni 1882 für diejsenigen Provinzen, 
die bis dahin andere Einrichtungen hatten. 
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