Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

618 Die Staatsbehörden. (§. 98.) 
Rreisausschusses einen Stellvertreter auf solange, bis die Bestätigung der Wahl erfolgen 
kann (§. 84). Der Gemeindevorsteher hat als Ortsobrigkeit insbesondere die Gesetze und 
Verordnungen, sowie die Verfügungen der vorgesetzten Behörden auszuführen (F. 88, 
Abs. 4, Ziff. 1; über weitere Funktionen des Gemeindevorstehers s. ebenda, Ziff. 2—81. 
Die Polizeiverwaltung hat der Gemeindevorsteher nicht; sie liegt in Schleswig-Holstein 
ebenso wie in den alten Provinzen den Amtsvorstehern ob (s. schlesw.-holst. Kreisordnung, 
§. 32 ff., 48 ff.), doch ist er Hilfsorgan der Polizei und hat als solcher die Befugnis, 
alle Maßnahmen zu treffen, die zur Aufrechthaltung von Ruhe, Ordnung und Sicherheit 
erforderlich sind (I§. 90, Abs. 2), sowie insbesondere der vorläufigen Festnahme und Ver- 
wahrung von Personen nach Strafprozeßordnung §. 127 und §. 6 des Gesetzes v. 
12. Febr. 1850, der Beaufsichtigung der unter Polizeiaufsicht stehenden Personen, der 
Ausführung der vom Amtsvorsteher wie der Staats= und Amtsanwaltschaft angeordneten 
Polizeimaßregeln, der Entgegennahme der Meldungen neuanziehender Personen (§F. 91). 
Für einzelne Dienstzweige oder Dienstverrichtungen können besondere besoldete Gemeinde- 
beamte bestellt werden (§F. 117). In den selbständigen Gutsbezirken ist der Gutsvorsteher 
Ortsobrigkeit mit den Rechten des Gemeindevorstehers (§. 123); doch bedarf er der vor- 
herigen Bestätigung seitens des Landrats, die nur unter Zustimmung des Kreisausschusses 
versagt werden kann (F. 125). 
In einigen Kreisen (Husum, Ditmarschen) finden sich althistorische Samtgemeinden. 
Außerdem können auch sonst zur Wahrnehmung einzelner kommunaler Angelegenheiten 
durch Beschluß des Kreisausschusses mit Zustimmung der Beteiligten kommunale Ver- 
bände gebildet werden.? 
VI. Die vormalige freie Stadt Frankfurt a. M. mit ihrem bisherigen Land- 
gebiete, nebst dem früher unter großherzoglich hessischer Souveränität gestandenen Teile 
des Oberbezirks Niederursel, bildet, zufolge §. 4, Nr. 11 der Verordnung v. 22. Febr. 
1867 5, den jetzigen Stadtkreis Frankfurt a. M., an dessen Spitze, zufolge des §. 8 
a. a. O., als Verwaltungsbeamter und Organ der Regierung ein Landrat steht. Dem 
Magistrat der Stadtgemeinde Frankfurt a. M., einschließlich Sachsenhausen und deren 
Gemarkung“, liegt ob, innerhalb des Gebietes der Stadtgemeinde die Gesetze und Ver- 
ordnungen, sowie die Verfügungen der vorgesetzten Behörden auszuführen.¾ Der Bürger- 
meister insbesondere ist verpflichtet, die ihm von der Regierung etwa zu übertragenden 
Geschäfte und Zweige der örtlichen Polizeiverwaltung, sowie alle diejenigen örtlichen Ge- 
schäfte der Kreis-, Bezirks-, Provinzial= und allgemeinen Staatsverwaltung zu übernehmen. 
für welche nicht andere Behörden bestimmt sind; einzelne dieser Verrichtungen können mit 
Genehmigung der Regierung einem anderen Magistratsmitgliede übertragen werden." 
Die örtliche Polizeiverwaltung in der Stadt Frankfurt a. M. und den Ortschaften 
Bornheim, Oberrad, Niederrad, Hausen, Niederursel, Bonames, Bockenheim und Rödel- 
heim ist dem Landrat als Polizeipräsidenten übertragen, welcher befugt ist, sich der Ge- 
meindevorstände in den genannten Außenortschaften als seiner Organe bei der Ausübung 
der Polizei zu bedienen. 
VII. In den Stadt= wie Landgemeinden können für einzelne Zweige der Verwal- 
tung besondere Ausschüsse oder Deputationens gebildet werden; alle Städte= und 
Gemeindeordnungen sehen dies vor. Diese Ausschüsse bilden verwaltungsrechtlich einen 
Bestandteil der Ortsobrigkeit und stehen unter den für diese geltenden Grundsätzen und 
Rechtsvorschriften. Andererseits können solche Ausschüsse auch einen lediglich beratenden 
Charakter haben. 
  
  
1 Landgemeinde O. v. 4. Juli 18092 ((8. S., §. 1 der Verordnung v. 29. Juni 1867 G. 
S. 147, SS. 121 — I211. Schön, S. 350 f. S. 1867, S. 917). Über Bockenheim s. Ges. v. 
*: Landgemeinde O., §. 178 ff. :"31. März 1895 (G. S., S. 7870. — Agl. bier 
3 G. S. 1867, S. 275. über, sowie über die Befugnis des Min. dee Inn. 
“* §. 1 des Gemeindeverf.Ges. für die Stadt Frank= zur Ubertragung einzelner Zweige der örtlichen 
furt a. M. v. 205. März; 186716. S. 1867, S. 401)0. Polizeiverwaltung an die betreff. Gemeinden zur 
5 S. 63, Nr. 1 a. a. O. eigenen Verwaltung das Nähere Bd. III Polizei:. 
  
* S. 690 q. a. O. Schön, Recht der Komm. Verb., S. 139 ff.
	        
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