700 Die Staatsbehörden.
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daß die besondere Gerichtsbarkeit über Militärpersonen sich auf Strafsachen
beschränkt und durch ein besonderes Reichsgesetz geregelt werden soll.! Dieses besondere
Gesetz, die Militärstrafgerichtsordnung, ist ergangen unter dem 1. Dez. 1898 (R. G. Bl.,
S. 1189 ff.).
II. Im Preußischen Staate bestehen als besondere Gerichte:
1. für bestimmt bezeichnete bürgerliche Rechtsstreitigkeiten und Strafsachen:
a) die Rheinschiffahrtsgerichte (vgl. unten B);
b) die Elbzollgerichte: (vgl. unten C);
2. nur für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten: der Geheime Justizrat;
3. nur für Strafsachen und einige Angelegenheiten der nicht streitigen Gerichtsbar-
keit die Militärgerichte;
4. in eigentümlicher Mischung von bürgerlicher und Verwaltungs= beziehungsweise
Disziplinargerichtsbarkeit, sowie ferner von streitiger und Schiedsgerichtsbarkeit:
a) die reichsgesetzlich angeordneten Gewerbegerichte (vgl. unten D);
b) die gleichfalls reichsgesetzlich angeordneten Kaufmannsgerichte (vgl. unten E;
5. die Generalkommissionen als Auseinandersetzungsbehörden und Landwirtschafts-
gerichte;
6. Außerdem bestehen beziehungsweise bestanden in einzelnen Landesteilen noch andere,
ausschließlich für Angelegenheiten der nicht streitigen Gerichtsbarkeit bestimmte besondere
„Gerichte“, welche folgeweise von dem Vorbehalte der §§. 13, 14 des Deutschen Ge-
richtsverfassungsgesetzes nicht berührt werden, nämlich:
a) im Geltungsbereiche des Allgemeinen Landrechtes die Dorfgerichte?;
b) in mehreren Teilen der westlichen Provinzen lokale Behörden unter verschiedenen
Namen, wie Schöffengerichte, Ortsgerichte, Feldgerichte, die in verschiedener Weise die
Funktionen von Grundbuchämtern sowie andere Funktionen der freiwilligen Gerichtsbarkeit
zu besorgen hatten. Durch die jetzt reichsgesetzlich geordnete einheitliche Gestaltung des
Grundbuchwesens und der übrigen freiwilligen Gerichtsbarkeit im ganzen Reiche ergab
sich das Bedürfnis einer Neuregelung dieser ganzen Materie, die nunmehr erfolgt ist
durch das preußische Gesetz v. 21. Sept. 1899 (G. S., S. 249), Art. 104 ff. in wesentlich
übereinstimmender Weise für die landrechtlichen Dorfgerichte, wie für die westlichen Orts-
gerichte,
welch letztere gemäß Art. 122, 123 des angeführten Gesetzes durch königliche
Verordnung v. 20. Dez. 1899 (G. S., S. 40) und v. 28. Okt. 1900 (G. S., S. 365)
neu eingerichtet wurden.
1 Schon der Reichstag des Nordd. Bundes
beschloß in der Sitzung v. 30. März 1870
(Stenogr. Ber. 1870., Bd. I, S. 561—574) auf
den Antrag der Reichstagsabgeordneten Lasker,
v. Bernuth und Frhr. v. Hoverbeck (ebendas.,
Bd. III, Aktenst. Nr. 38, S. 248), „den Reichs-
kanzler aufzufordern, gleichzeitig mit der neuen
Strafprozeßordnung eine Reform der Militär-
gerichtsbarkeit vorzubereiten auf der Grundlage,
daß das Militärstrafverfahren mit den wesent-
lichen Formen des ordentlichen Strafprozesses um-
geben und die Zuständigkeit der Militärgerichte
im Frieden auf Dienstvergehen der Militärpersonen
beschränkt werde“. Da inzwischen diesem Be-
schlusse keine Folge gegeben worden war, so er-
neuerte der Reichstag bei der Beratung der Straf-
prozetßordnung denselben auf den Antrag der
Kommission zur Vorberatung des Entwurfs der
letzteren (vgl. Stenogr. Ber. des Reichst. 1875—76,
Bd. III, Aktenst. Nr. 10, S. 413) in der Sitzung
v. 21. Dez. 1876 (Stenogr. Ber. a. a. O., Bd. II,
S. 994—998), jedoch nur dahin, „daß der Reichs-
kanzler aufzufordern sei, mit tunlichster Beschleuni-
gung dem Reichstage den Entwurf einer Militär=
strafprozeßordnung vorzulegen, in welcher das
Militärstrafverfahren mit den wesentlichen Formen
des ordentlichen Strafprozesses umgeben wird“.
Die von dem Kriegsminister v. Kameke (a. o. O.,
S. 996) abgegebene Erklärung besagte auch schon
damals, daß diesem Beschlusse des Reichstags
Folge gegeben sei. Die Arbeiten aber dauerten
noch mehr als zwei Jahrzehnte und es bereittte
sehr große Schwierigkeiten, die Gegeniätze in
wichtigen prinzipiellen Fragen auszugkeichen, dis
endlich das im Text genannte Gesetz zustande
kommen konnte; s. darüber die interessanten Reichs-
tagsverhandlungen (Stenogr. Ber. d. Reichst.
1897/98, S. 2000 ff.).
* Die früher zu Minden und Beverungen lim
Departement des Appellationsgerichts zu Pader=
born) bestandenen Weserzollgerichte, welche auf
der Weserschiffahrtsakte v. 10. Sept. 1823, Art. 52
(G. S. 1824, S. 25) beruhten, sind infolge des
D. Gerichtsverf. Ges. weggefallen.
s Uber die rechtshistorische Entwicklung in dieser
Materie s. die jetzt antiquierte Darstellung dei
v. Rönne in der 4. Aufl. dieses Werkes, Bd. III,
S. 366 —368.