Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Die besonderen Zivilgerichte. (8. 105.) 701 
B. Die Rheinschiffahrtsgerichte. 
I. Die Rheinschiffahrtsgerichte beruhen auf der zwischen den Uferstaaten 
des Rheins getroffenen Ubereinkunft v. 31. März 18311, welche zwar durch die revidierte 
Rheinschiffahrtsakte v. 17. Okt. 18682 mehrfach abgeändert worden ist, wobei jedoch die 
gedachten Gerichte unter der Benennung „NRheinschiffahrtsgerichte“ aufrecht erhalten worden 
sind. Sie sind im §. 14, Nr. 1 des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes als zulässige 
besondere Gerichte ausdrücklich anerkannt worden. Die Verfassung der preußischen Rhein- 
schiffahrtsgerichte war durch das Gesetz v. 9. März 1870 3 geregelt worden, an dessen 
Stelle indes demnächst das Gesetz v. 8. März 1879“ getreten ist, dessen §. 16 das Ge- 
setz v. 9. März 1870 für aufgehoben erklärt hat. 
II. Das Gesetz v. 8. März 1879 hat (§. 1, Abs. 1) bestimmt, daß als Rhein- 
schiffahrtsgerichte erster Instanz durch königliche Verordnung Amtsgerichte zu bestellen 
sind, welche ihren Sitz am Rhein oder in dessen Nähe haben, und daß in gleicher Weise 
die Bestimmung der Gerichtsbezirke zu erfolgen habe. Auf Grund dieser Bestimmung 
ist durch die königliche Verordnung v. 1. Sept. 1879 5 die Bestellung von 25 Amts- 
gerichten, welche ihren Sitz am Rhein oder in dessen Nähe haben, als Rheinschiffahrts- 
gerichte angeordnet, und es ist jedem dieser Gerichte ein entsprechender Teil des Rheinufers 
als Bezirk zugeteilt." Rheinschiffahrtsgericht zweiter Instanz ist das Oberlandesgericht 
in Cöln, gegen dessen Entscheidung ein Rechtsmittel nicht stattfindet (§. 1, Abs. 2, §. 10, 
Abs. 2 des Gesetzes v. 8. März 1879). Daneben besteht als Berufungsinstanz nach 
Wahl des Berufungsklägers die Zentralkommission für die Rheinschiffahrt in Mannheim, 
jedoch nur bei einem Streitgegenstande von über 50 Franken. Ist ein als Rheinschiff- 
fahrtsgericht bestelltes Amtsgericht mit mehreren Richtern besetzt, so sind bei der Ge- 
schäftsverteilung einem derselben die Geschäfte des Rheinschiffahrtsgerichts zu übertragen 
(§. 3 a. a. O.). In Strassachen verhandeln und entscheiden die Rheinschiffahrtsgerichte 
ohne Zuziehung von Schöffen (§. 4 a. a. O.). Die Geschäfte der Staatsanwaltschaft 
werden von der Staatsanwaltschaft bei den als Rheinschiffahrtsgerichten bestellten Ge- 
richten wahrgenommen (§. 5 a. a. O.). Die sachliche Zuständigkeit der Rheinschiffahrts- 
gerichte wird durch die Vereinbarungen der Rheinuferstaaten" und den §. 13 des Gesetzes 
v. 17. März 1870, betreffend die Ausführung der revidierten Rheinschiffahrtsakte 3, be- 
stimmt (§. 6 a. a. O.). Dieselbe umfaßt a) in Strafsachen die Untersuchung und Be- 
strafung aller Zuwiderhandlungen gegen die schiffahrts= und strompolizeilichen Vorschriften; 
b) in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten die Entscheidung über Klagen: a) wegen Zahlung 
der Lotsen-, Kran-, Wage-, Hafen= und Bohlwerksgebühren und ihres Betrags, 8) wegen 
der von Privatpersonen unternommenen Hemmung des Leinpfades, J) wegen der Be- 
schädigungen, welche Schiffer und Flößer während ihrer Fahrt oder beim Anlanden anderen 
verursacht haben, 5) wegen der den Eigentümern der Zugpferde beim Heraufziehen der 
Schiffe zur Last gelegten Beschädigungen von GGrundeigentum. — Das Verfahren vor 
den Rheinschiffahrtsgerichten richtet sich nach den Vorschriften der Deutschen Zivilprozeß- 
–— 
  
1 G. S. 1831, S. 73 ff. in den Stenogr. Ber. desselben 1878—79, Bod. 1, 
: (H. S 1869, S. 798. — Vgl. insbesondere S. 42 ff., KRomm. Ber. des Abg. H. in den 
Art. 33—40. Siehe ferner Zusanartikel zur re= Stenogr. Ber. des Abg. H. 1878—79, Anl. Bd. 
vidierten Rheinschiffahrtsakte vom 17. Okt. 1868,1, Aktenst. Nr. 128, S S. 1056 ff. und die Ver- 
vom 18. Sept. 1805 (C. S., S. 265), ratifiziert bandl- des Abg. H. in den Sitz. v. 8. Jan. 1879 
am 15. Jan. 187/8 und bekannt gemacht am 15. JuliiSlenogr. Ber. desselben 1878—79, Rd. I, 
198 G. S., S. 266). 180—4870, v. 25. Jan. 1878 (ebendas. Bd. II, 
— — — 
( N 
s(s«.sZ.1RTU,Z.177ff.--anchdachss .9(.I.-·)——913")u.v.:.)8.8an.1-879irbcndaL 
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ergangene Verordn. v. 30. Juni 1834 (G. S. 5 G. S. 1879, S. 609. 
18: 34. S. 1365 und das Gesets v. 24. April 1854 0 D königl. Saorbnung v. 20. Aug. 1900 
(G. S. 1854, S. 203) aufgehoben worden. (G. S., S. 314) für Ruhrort und kömgl. Ver- 
"1 G. S. 1879, S. 139. — Vgl. den Eutmurf ordunng v. 28. Sept. 1105 (G. S., S. 371) 
  
des Ges. (nebst Motiven) in den Stenogr. Ber. für Duisburg und Duioburg Ruhrort. 
des H. H. 1878—79, Anl. Bd., Aktenst. Nr. 6,) Art. 34 der revid. Rheinschiffahrtsakte v. 
S. 11, Komm. Ver. des H. H. ebendaf. Nr. 36. 17. Ott. 1868 G. S. 1869, S. 31#. 
. 107, Verhandl. des H. H. v. 18. Dez. 1878 6. S. 1870, S. 187.
	        
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