Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

722 Die Staatsbehörden. (8. 106.) 
Armee. Die Ernennung der Marineauditeure erfolgte durch den Deutschen Kaiser auf 
den vom Reichskanzler vorzulegenden, durch Vermittlung des Chefs der Admiralität dem- 
selben zugehenden Vorschlag des Generalauditeurs der kaiserlichen Marine.1 
2. Das Generalauditoriat? war der oberste Militärgerichtshof sowohl für das 
preußische Heer als für die Kaiserliche Marine. Dasselbe bildete: a) die zweite Instanz 
in Strafsachen der Militärbeamten; b) die Rekursinstanz in denjenigen Fällen, wo der 
Rekurs gesetzlich zulässig war; c) die begutachtende Behörde in den Fällen, wo kriegs- 
gerichtliche Erkenntnisse zur Bestätigung des Königs oder des Kriegsministers eingereicht 
werden mußten?; d) die vorgesetzte Dienstbehörde der Auditeure und Militärgerichts- 
aktuarien."“ Dasselbe hatte die Geschäftsführung der Militärgerichte nach den darüber be- 
stehenden Vorschriften zu beaufsichtigen, die von den kommandierenden Generalen, den 
Divisionskommandeuren und den sonstigen Militärbefehlshabern bestätigten kriegsgerichtlichen 
Erkenntnisse von drei zu drei Monaten zu prüfen, etwaige Beschwerden in militärgericht- 
lichen Angelegenheiten zu erledigen und Zweifel über die Kompetenz der Militärgerichte 
oder über die Anwendung oder Auslegung der preußischen Militärgesetze zu entscheiden, 
nötigenfalls zur Entscheidung des Königs zu bringen. Gegen die rechtlichen Bescheide 
des Generalauditoriats fand nur der Rekurs an den König statt.“ — Die Verfassung 
des Generalauditoriats war kollegialisch.“ Dasselbe bestand aus dem Generalauditeur der 
Armee, als Vorsitzenden, mit den Befugnissen und Obliegenheiten des Präsidenten eines 
Landesjustizkollegiums' und sechs Räten. Der Generalauditeur der Armee wurde vom 
König ernannt, die Räte des Generalauditoriats wurden aus den Auditeuren erwählt 
und auf den gemeinschaftlichen Vorschlag des Kriegsministers, des Justizministers und 
des Generalauditeurs der Armee vom König bestellt." Das Generalauditoriat war in be- 
treff seiner richterlichen Funktionen selbständig und berichtete unmittelbar an den König, 
im übrigen ressortierte dasselbe von dem Militärjustizdepartement.? 
In Marinejustizsachen führte das Generalauditoriat die Bezeichnung „Generalaudi- 
toriat der Kaiserlichen Marine“ und der Vorsteher desselben die Benennung „General= 
auditeur der Kaiserlichen Marine“. 10 
3. Abgesehen von den Militärgerichten 
im eigentlichen Sinne können in dem Falle, 
  
1 Vgl. Jahrb. der Preuß. Gerichtsverf., Jahr- 
gang XV (Berlin 1882), S. 104. 
* Vgl. Starke, Beitr. zur Kenntnis der be- 
stehenden Gerichtsverf., Tl. 1, §. 120, S. 331. 
— Dasselbe erhielt durch die Dienstinstruktion v. 
20. Okt. 1800 (Rabe, Samml., Bd. VI, S. 286, 
Militärgesetzsamml., S. 32) seine endgültige Ver- 
fassung. Die Bestimmungen dieser Instruktion 
sind indes wesentlich dadurch modifiziert worden, 
daß durch die Kab. O. v. 19. Juli 1809 (s. oben, 
Text zu II) der Militärgerichtsstand in allen An- 
gelegenheiten der Zivilgerichtsbarkeit aufgehoben 
worden ist. Auf die gedachte Instruktion wird 
auch im §. 88, Tl. II des Militärstrafgesetzb. v. 
3. April 1845 (G. S. 1845, S. 346) in betreff 
des Gen.-Anditoriats verwiesen. 
2 Dem Gen.-Auditoriate lag auch ob, die 
von den kommandierenden Generalen, den Di- 
visionskommandeuren und den sonstigen Militär- 
befehlshabern bestätigten rechtskräftigen Erkennt- 
nisse gegen Personen des Soldatenstandes seiner 
Prüfung zu unterwerfen, zu welchem Zwecke ihm 
solche von drei zu drei Monaten eingesendet wer- 
den mußten (§. 195, Tl. II des Militärstrafgesetzb. 
v. 3. April 1845, G. S. 1845, S. 361). 
* Militärstrafgesetzb. v. 3. April 1845, Tl. II, 
§. 86 (G. S. 1845, S. 346), Instr. v. 20. Okt. 
1800, Tit. II. §§. 3 ff. — In betreff der Audi- 
teure war das Gen.-Auditoriat auch der Disziplinar- 
gerichtshof erster Instanz (G. v. 7. Mai 1851, 
  
§. 70, G. S. 1851, S. 218). Ebenso in be- 
treff der bei dem Gen.-Auditoriate angestellten 
Bureau- und Unterbeamten (G. v. 21. Juli 1852, 
#§. 64, G. S. 1852, S. 478). 
* Militärstrafgesetzb a. a. O., §. 87. 
* Instr. v. 20. Okt. 1800, Tit. 3, §. 2. 
7 AM. a. O., Tit. 1. §. 6. In den in der 
A. G. O., §. 20, Tit. 1 und §. 10, Tit. 2. 
Tl. III erwähnten Fällen berichtete der Gen.= 
Auditeur unmittelbar an den König (a. a. O., 
§. 6). Sämtliche Subalternen des Gen.-Andi- 
toriats wurden von ihm allein angestellt (d. a. O., 
Tit. 4, §. 1). Ferner lag ihm ob, für Besetzung 
erledigter Auditeurstellen Sorge zu tragen; seine 
desfallsigen Vorschläge gingen an das Militär- 
justizdepartement, welches darüber an den König 
berichtete (Regul. v. 21. Jan. 1812, §. 4, Militär-= 
gesetzsamml., S. 91). Beim Ausbruch eines Krieges 
folgte der Gen.-Auditeur dem Heere ins Feld, gehörte 
dann zum Stabe des en chef kommandierenden 
Generals, und mußte dafür Sorge tragen, daß die 
Feldoberauditeure und sämtliche übrigen zur Feld- 
militärjustiz gehbrigen Personen mit der erforder- 
lichen Instruktion versehen wurden. (Instr. v. 
20. Okt. 1800, a. a. O., S. 32.) 
8 A. a. O., Tit. 2, §. 1 und Jahrbuch der 
Preuß. Gerichtsverf., Jahrg. XV (1882), S. 105. 
Vgl. oben, S. 351, 440. 
10 Allerhöchster Erlaß v. 23. Mai 1876 (R. 
G. Bl. 1876, S. 165).
	        
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