730 Die Staatsbehörden. (8. 107.)
Den Disziplinargerichten für richterliche Beamte sind auch überwiesen: a) dem
großen Disziplinarsenate der Beschluß, daß ein Fall vorliege, in welchem die unfreiwillige
Versetzung eines Richters von einer Stelle auf eine andere im Interesse der Rechtspflege
dringend geboten sei 1, und b) Beschlüsse in dem Verfahren auf unfreiwillige Versetzung
in den Ruhestand.
3. Die Mitglieder des Reichsgerichts sind keiner Disziplinargewalt unterworfen.
Wenn ein Mitglied zu einer Strafe wegen einer entehrenden Handlung oder zu einer
Freiheitsstrafe von längerer als einjähriger Dauer rechtskräftig verurteilt ist, so kann das-
selbe durch Plenarbeschluß des Reichsgerichts seines Amtes und seines Gehaltes für ver-
lustig erklärt werden.) Dies gilt ebenso analog von den Mitgliedern des Bundesamtes
für Heimatwesen."
4. Die Mitglieder der Bezirksausschüsse, jedoch mit Ausnahme des Regierungs-
präsidenten, stehen unter dem Richterdisziplinargesetz v. 7. Mai 1851, beziehungsweise
v. 26. März 1856. Die für Ausübung der Disziplinargewalt zuständige Behörde ist
der Disziplinarsenat des Oberverwaltungsgerichts (L. V. G., §. 32).
5. Für die richterlichen Militärjustizbeamten (Kriegs= und Oberkriegsgerichtsräte,
erging im Anschluß an die Militärstrafgerichtsordnung ein besonderes Reichsgesetz v.
1. Dez. 1898 (G. S., S. 1297). Danach kann bei „„geringen Dienstvergehen“ der
Präsident des Reichsmilitärgerichts den Beamten dieses Gerichtshofes, im übrigen können
die Kriegsministerien Mahnungen erteilen (§. 2), indes die eigentlichen Disziplinarstrafen:
Warnung, Verweis, Geldstrafe bis zur Höhe des einmonatlichen Diensteinkommens, Straf-
versetzung und Dienstentlassung, nur im Wege geordneten Verfahrens durch die Dis-
ziplinarbehörden verhängt werden können (§8§. 3, 15 ff.). Diese sind als erste Instanz
die Disziplinarkammern, als höhere Instanz der Disziplinarhof; für die Mitglieder des
Reichsmilitärgerichts ist der letztere einzige Instanz (§. 7); Disziplinarkammern werden
gebildet für den Bezirk eines oder mehrerer Armeekorps sowie beim Oberkommando der
Marine; sie bestehen aus fünf Oberkriegs= beziehungsweise Kriegsgerichtsräten unter Vor-
sitz des ältesten (§. 8); der Disziplinarhof besteht aus den richterlichen Mitgliedern des
Reichsmilitärgerichts und ist beschlußfähig in der Zahl von sieben Mitgliedern unter Vor-
sitz des ältesten Senatspräsidenten (§. 11). Das Verfahren ist im Anschluß an die
Militärstrafgerichtsordnung genau gesetzlich geregelt. Mitglieder des Reichsmilitärgerichts
können nicht auf dem Disziplinarwege versetzt werden (§F. 32, Abs. 1). In Bayern ist
der Landesgesetzgebung vorbehalten, einen besonderen Disziplinarhof für die bayerischen
richterlichen Militärjustizbeamten zu errichten (§. 38).5
6. Die Mitglieder des Oberverwaltungsgerichts stehen unter einer durch den Dis-
ziplinarsenat (s. Bd. I. S. 530, und hier unten III, D) auszuübenden Disziplinargewalt
nur insofern, als 1. Mitglieder, die zu einer Strafe wegen einer entehrenden Handlung
oder zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einjähriger Dauer verurteilt sind, ihres Amtes
und Gehalts verlustig erklärt werden können; 2. gegen Mitglieder, gegen die wegen eines
Verbrechens oder Vergehens das Hauptverfahren eröffnet ist, die vorläufige Enthebung vom
Amte ohne Gehaltsverlust ausgesprochen werden kann und bei Untersuchungshaft von Rechts
wegen eintritt; 3. bei dauernder Unfähigkeit zur Erfüllung der Amtspflicht wegen körper-
licher oder geistiger Gebrechen eine zwangsweise Versetzung in den Ruhestand ausgesprochen
werden kann.
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1 §§. 51—55 des Ges. v. 7. Mai 1851, 8. 8 4 G. v. 6. Juni 1870, §. 43.
des Ges. v. 9. April 1879. 5 S « · · .
s§§.56—64ocsGes.v.7.Mai1851,§.14,Bll;z)d«§«"3wch«9es«WANT1899 MS
Abs. 2 des Ges. v. 9. April 1879. — Bei Mit- “ ’««, » ,
gliedern des Reichsgerichts ist in diesem Falle das 3 *— die Verwaltungsgerichtsbarkeit, #.
Plenum des Reichsgerichts zuständig (s. 131 des . Juli
D. Gerichtsverf. Ges.). 2. Aug. 1880 (G. S. 1880, S. 328), F. 2.
7 §S. 128 des D. Gerichtsverf. Ges. v. 27. Jan.22, 24, in Verbindung mit G. v. 8. Mai 1889
1877 (R. G. Bl. 1877, S. 65). (G. S., S. 107), §. 1, Abs. 1 u. 6.