Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

Rechtsverhältnisse des niederen Adels. (8. 52.) 73 
bedienen darf, welcher nicht zu der Familie gehört, der dieses Wappen entweder aus- 
drücklich beigelegt ist, oder die dasselbe von alten Zeiten her geführt hat. Der §. 360, 
Ziffer 8 des Reichsstrafgesetzbuches aber erklärt die unbefugte Annahme von Titeln, 
Würden oder Adelsprädikaten für eine Ubertretung, welche mit Geldstrafe bis zu fünfzig 
Talern oder mit Haft bestraft werden soll.1 Die Adelsprädikate selbst sind in Preußen 
rechtlich nicht festgestellt; herkömmlich sind deren fünf vorhanden: Herzog, Fürst, Graf, 
Freiherr, von. 
Was die besonderen Rechte des Adels betrifft, hinsichtlich welcher übrigens der §. 80, 
Tl. II, Tit. 9 des Allgem. Landrechts auf die für die verschiedenen Provinzen bestehenden 
Gesetze und Verfassungen hinweist, so ist hier noch derjenigen Gesetzgebung zu gedenken, 
welche in neuerer Zeit einem Teile des rheinischen und westfälischen Adels eine auto- 
nomische Dispositionsbefugnis beigelegt hat. » 
1. Durch Kabinetsorder v. 16. Jan. 1836" wurde den Häuptern derjenigen Fa- 
milien des rheinischen ritterbürtigen Adels, welche nachweisen können, daß sie zu den 
Geschlechtern gehören, welchen vor Einführung der fremdherrlichen Gesetzgebung die Be- 
fugnis zugestanden hat, autonomische Bestimmungen in betreff ihres Nachlasses und 
Güterbesitzes treffen zu dürfen 5, ein Recht der Autonomie in Hinsicht der Disposition 
über ihren Nachlaß zugesichert, und es erging demnächst hierüber die Verordnung v. 
  
  
adlige Personen kein ausschließliches Recht haben. 
Schon die Juristen des 14. Jahrhunderts nahmen 
an, daß auch der Bürgerstand ein Wappen an- 
zunehmen befugt, welches seine Nachkommenschaft 
fortzuführen berechtigt sei, sofern dadurch der aus- 
schließende Besitz eines anderen nicht gestört wird. 
Vgl. Eichhorn, Einl. in das d. Privatr., § 63, 
u. dess. d. St. u. R. Gesch., Bd. II, §. 341 
Anm.; Philipps, Grundsätze des gem. d. Pri- 
vatr., Bd. II, S. 70; Beseler, System des 
gem. d. Privatr., Bd. III, S. 44; Krenner, Uber 
die Siegel vieler Münchener Bürgergeschlechter 
(in den histor. Abhandl. der Münchener Akademie 
1813., Bd. II); Th. Bernhardi, Stkizze der 
Geschichte des Wappenrechtes (in der d. Viertel- 
jahrsschrift 1353, S. 184 ff.). 
1 Ob das Adelsprädikat Teil des Namens 
oder doch ein sowohl die Familien= als die Stan- 
deszugehörigkeit ausdrückender Zusatz ist (Eck, Vor- 
träge über das R. d. B. G. B. I, (1903. S. 
42), ist von Wichtigkeit auf dem Gebiete des 
Namenrechts. Vgl. Bülow, Namenrecht und 
Adelsrecht, d. Jur. Ztg., Bd. 1 (1896), S. 432; 
dagegen Mantey, das. II (1897), S. 220 und 
Arch. für öff. R., Bd. 13 (1898), S. 20—80, 
„Der deutsche niedere Adel und das bürgerl. Ge- 
setzbuch“; Brettner, d. Jur. Ztg. II (1897), 
S. 242: Küntzel, in Gruchots Beiträgen 1897, 
S. 443: Verhandlungen des 24. deutschen Ju- 
ristentages, Bd. 3, S. 117 ff., 151 ff., 191 ff., 
insbesondere über die Frage, ob durch das B. G. B. 
die Vorschriften der Landesrechte über den Uber- 
tang und die Führung adliger Namen berührt 
werden: Staudinger, „Namensrecht und Adels- 
recht“ (zusammenfassender Artikel) D. Jur. Ztg., 
Bd. III (1898), S.362; endlich Sohm und wieder 
Bülow, das. Bd. IV (1899), S. 8 ff., Bd. V 
(1900), S. 373 ff.). 
* Uber die fortbestehende Gültigkeit dieser Auto- 
nomierechte ogl. S. 72. Über das dieser 
autonomischen Sukzessionsbefugnis zugrunde 
liegende salische und ripuarische Sukzessionssystem 
im Ritterstande, besonders am Niederrhein, ogl. 
  
den Aufsatz in v. Kamptz, Jahrb., Bd. XIVI, 
S. 247 ff., u. XLVII, S. 97 ff; vgl. auch 
Neubauer in dem Aufs. J. M. Bl. 1879, S. 
49—51. · 
s Die Zugehörigkeit zum Adel ist vielfach die 
bestimmungsgemäße Voraussetzung zum Genuß 
von Stiftungen, sowie zum Eintritt in gewisse 
Ritterorden (Johanniter= und Malteserorden). 
S. Peitz, Einrichtung des Adelsbuchs 1903. 
“ Vgl. in Bergius, Ergänz. zur Gesetzsamml., 
S. 562, u. in v. Kamptz, Jahrb., Bd. XIVII, 
S. 399. 
* Die Familien des „ritterbürtigen rheinischen 
Ritterstandes“, auf welche diese Gesetzgebung Be- 
zug hat, sind diejenigen, welche der vormaligen 
reichsunmittelbaren Ritterschaft des rheinischen 
Ritterkreises angehören. Der Art. XIV der d. 
Bundesakte, welcher die Privilegien der im J. 
1806 und seitdem mittelbar gewordenen ehe- 
maligen Reichsstände festgestellt hat, enthält nämlich 
(am Schlusse) zugleich folgende Festsetzungen in 
bezug auf die vormalige Reichs-Ritterschaft: „Dem 
ehemaligen Reichsadel werden die sub Nr. 1 u. 
2 angeführten Rechte, nämlich Freiheit der Wahl 
des Aufenthaltsortes und das Recht der Familien- 
autonomie nach den Grundsätzen der früheren 
deutschen Verfassung, Anteil der Begüterten an 
Landstandschaft, Patrimonial= und Forstgerichtsbar- 
keit, Ortspolizei, Kirchenpatronat und der privi- 
legierte Gerichtsstand zugesichert. Diese Rechte 
werden jedoch nur nach Vorschrift der Landes- 
gesetze ausgeübt. In den durch den Frieden 
von Lunéville v. 9. Febr. 1801 von Deutschland 
abgetretenen und jetzt wieder damit vereinigten 
Provinzen werden bei Anwendung der obigen 
Grundsätze auf den ehemaligen unmittelbaren 
Reichsadel diejenigen Beschränkungen stattfinden, 
welche die dort bestehenden, besonderen Verhältnisse 
nötig machen.“ — Zu der in diesem letzten 
Satze des Art. XIV gedachten Kategorie gehören 
die hier in Betracht kommenden Familien des 
ritterbürtigen rheinischen Ritterstandes (vgl. über 
die Rechtsverhältnisse der ehemaligen reichsun-
	        
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