Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Dritter Band. Erste Abteilung. (3_1)

112 Die Gesetzgebung. (8. 118.) 
klärung ab, „daß es die Absicht der Staatsregierung sei, in Zukunft stets den Etats- 
entwurf für das nächste Jahr schon im Beginne der Sitzungsperiode des vorhergehenden 
Jahres vorzulegen und auf diesem Wege der bis dahin stattgefundenen verspäteten Ver- 
einbarung des Etats abzuhelfen, weshalb die Staatsregierung das beantragte Gesetz 
hierüber nicht für erforderlich halte“. 1 Das Herrenhaus aber lehnte den Gesetzentwurf des 
Abgeordnetenhauses ab, indem es davon ausging, daß es nicht notwendig sei, die von der 
Staatsregierung bereits aus eigener Bewegung zugesicherte rechtzeitige Vorlegung des Etats 
auch noch in einem besonderen Gesetze festzusetzen.? Da nun sowohl von dem Abgeordneten- 
hause als auch von seiten der Staatsregierung, und zwar in ausdrücklicher Weise durch die 
Publikation des Gesetzes v. 14. Sept. 1866, betreffend die Erteilung der Indemnität, 
anerkannt worden war, daß es eine unbedingte verfassungsmäßige Notwendigkeit sei, 
das Staatshaushaltsgesetz regelmäßig vor Beginn des betreffenden Etatsjahres zu ver- 
einbaren und zu publizieren, so gab die Erwägung der Schwierigkeiten der regelmäßigen 
Erfüllung dieses Arxioms des Art. 99 der Verfassungsurkunde in der Sitzungsperiode des 
Jahres 1866—67 abermals Veranlassung zu einem Abhilfevorschlage. Es war näm- 
lich zu diesem Zwecke im Abgeordnetenhause der Antrag eingebracht worden, „die Staats- 
regierung aufzufordern, die nötigen Vorbereitungen zu treffen, um das Etatsjahr künftig 
auf die Periode vom 1. Juli bis 30. Juni zu verlegen“. 3 Der Zweck dieses Antrages 
war der, eine Feststellung des Etats vor dem Beginne des Etatsjahres und zugleich zu 
ermöglichen, daß die Etatsberatung mit der erforderlichen Gründlichkeit und ohne Uber- 
eilung vorgenommen werden könne. Die Staatsregierung erklärte sich indes entschieden 
gegen eine Veränderung des Etatsjahres, welche von ihr weder als notwendig, noch als 
zweckmäßig anerkannt wurde." Die mit der Vorberatung des Antrages beauftragte 
Budgetkommission des Abgeordnetenhauses war der Ansicht, daß zu einer gründlichen 
Durchberatung des Etats in beiden Häusern des Landtages und zur Publikation des 
Etatsgesetzes ein Zeitraum von vier Monaten erforderlich sei, und daher beantragte sie 
in ihrem Berichte, daß das Abgeordnetenhaus beschließen möge, die Staatsregierung auf- 
zufordern, „den Etat künftig wenigstens vier Monate vor Anfang des Etatsjahres vor- 
zulegen“, wobei dann der Staatsregierung die Initiative in der Aufsuchung des geeig- 
netsten Weges hierzu überlassen bleiben möge.5 Von der Staatsregierung wurde zwar 
die Notwendigkeit eines viermonatlichen Zeitraumes zur Beratung und Feststellung des 
Staatshaushaltsetats nicht unbedingt zugegeben, jedoch wiederholt anerkannt, daß es 
sowohl in ihrem Interesse als in demjenigen der Landesvertretung liege, die Feststellung 
des Staatshaushaltsetats vor Eintritt des Etatsjahres herbeizuführen, und zugleich die 
Zusicherung erteilt, den Etat künftig so zeitig, „als es nach den Umständen möglich 
sei“, aufstellen und vorlegen zu wollen. Das Abgeordnetenhaus beschloß jedoch die Ab- 
lehnung sowohl des Antrages der Budgetkommission als auch des dieser zur Vor- 
beratung überwiesenen Antrages auf Verlegung des Etatsjahres.“ Somit blieb die 
Lage der Sache die, daß zwar die verfassungsmäßige Notwendigkeit bestand, den jähr- 
lichen Staatshaushaltsetat vor dem Beginne des Etatsjahres festzustellen, daß es jedoch 
  
1 Vgl. Stenogr. Ber. des A. H. über die Sitz. 
v. 25. Juni 1862, S. 346. 
2 Der Ber. der Komm. des H. H. v. 29. Juli 
1862 (Drucks. des H. H. 1862, Nr. 549, und Stenogr. 
Ber. desselben 1862, Anl. Bd. II, Nr. 21, S. 74 
—76) hebt noch hervor — was auch bereits von 
dem Abg. v. Rönne-Glogau (vgl. Stenogr. Ber. 
des neugewählten A. H. 1862, Bd. I, S. 364) 
ausgeführt worden war —, daß, wenn eine Be- 
stimmung der beantragten Art für erforderlich 
erachtet werde, solche nur in einem Zusatz zum 
Art. 99 der Verf. Urk. selbst ihre Stelle finden 
könne. Vgl. die Plenarverhaudl. des H. H. v. 
11. Sept. 1862 in den Stenogr. Ber. desselben 
1862, S. 118—119. 
* Vgl. den Antrag des Abg. Michaelis (Stet- 
tin) v. 14. Dez. 1866 (Drucks. des A. H. Nr. 118, 
  
und Stenogr. Ber. desselben 1866 — 67, Anl. 
Bd. II, S. 587, Nr. 118). Dieser Antrag wurde 
in der Sitz. des A. H. v. 17. Dez. 1866 (Stenogr. 
Ber. 1866—67, Bd. II, S. 1197) der Budget- 
komm. zur Vorberatung überwiesen. 
4 Dieselbe Erklärung hat der Fin. Min. v. d. 
Heydt im Namen der Staatsregierung wieder- 
holt in der Sitz. des A. H. v. 16. Jan. 1869 ab- 
gegeben (Stenogr. Ber. des A. H. 1868—69, 
Bd. II, S. 1107). 
5 Vgl. den Bericht der Budgetkomm. des A. H. 
v. 14. Jan. 1867 in den Drucks. desselben 1866 
—67, Nr. 167, und in den Stenogr. Ber. 1866. 
—67, Anl. Bd. III, Nr. 166, S. 738 ff. 
6 Vgl. die Verhandl. in der Sitz. des A. H. 
v. 25. Jan. 1867 (Stenogr. Ber. des A. H. 1866 
—67, Bd. III, S. 1667—88).
	        
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