Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Dritter Band. Erste Abteilung. (3_1)

118 Die Gesetzgebung. (F. 118.) 
zu Remunerationen verwendet werden; doch kann über Ersparnisse in den Spezialetats 
auch anderweitig verfügt werden (§. 23); im übrigen dürfen außerordentliche Remune- 
rationen und Unterstützungen nur aus den hierzu im Etat bestimmten Fonds gewährt 
und aus den für Hilfsarbeiter bestimmten Fonds keine Remunerationen an etatsmäßig 
angestellte Beamte gewährt werden (88§. 24, 25). Auch für die Uberlassung von Dienst- 
wohnungen sind feste Etatsregeln aufgestellt (§§. 28, 29). 
8. Wenn sich nach der Ansicht der Staatsregierung bei der Staatsverwaltung Be- 
dürfnisse herausstellen, welche bei der Aufstellung des Staatshaushaltsetats entweder gar 
nicht oder doch nicht ausreichend vorausgesehen worden, und wenn deshalb gewisse, den 
vereinbarten Etat überschreitende Ausgaben gemacht worden sind, so ist die Regierung 
nach Abs. 1 des Art. 104 der Verfassungsurkunde verpflichtet, die nachträgliche Ge- 
nehmigung der Kammern zu diesen Etatsüberschreitungen einzuholen. Es gebührt 
mithin den Kammern das Recht der Prüfung, ob die vorgekommenen Etatskberschrei- 
tungen gerechtfertigt sind; daraus folgt von selbst, daß sie, im Falle sie die Uber- 
zeugung hiervon nicht gewinnen können, berechtigt wie verpflichtet sind, ihre Genehmigung 
zu versagen. Diese Versagung rechtfertigt sich indes nur alsdann, wenn die Kammern 
nicht anerkennen können, daß die Abweichungen vom Etat zur Führung einer verfassungs- 
mäßigen Regierung erforderlich gewesen seien; auch versteht sich von selbst, daß die 
Kammern, wenn sie die Notwendigkeit einer Mehrausgabe anerkennen, ihre nachträgliche 
Genehmigung nicht versagen dürfen, sowie auch, daß nichts sie hindert, nachträglich auch 
bloß nützliche Uberschreitungen des Etats zu genehmigen, und daß auch der vollständige 
Nachweis der nützlichen Verwendung von der Verantwortlichkeit für die Uberschreitung 
zu befreien geeignet sein kann. Hinsichtlich der Uberschreitung des Ausgabeetats aber 
steht im Falle versagter nachträglicher Genehmigung die Sache ebenso, als wäre von 
Anfang an keine Vereinbarung über die Notwendigkeit der betreffenden Ausgaben erfolgt: 
denn die einseitige Verausgabung ist als bloße Tatsache zu betrachten und kann als 
solche das Bewilligungsrecht der Kammern, welches in der Notwendigkeit einer Ver- 
einbarung über den Staatsbedarf besteht, nicht rückwärts vernichten. Dabei versteht 
es sich auch von selbst, daß, da die Etats der verschiedenen Zentralbehörden und deren 
Rubriken voneinander getrennt vereinbart und durch das Hauptetatsgesetz gesetzlich fest- 
gestellt werden, die Uberschreitungen in dem einen Etat oder in einer Rubrik rechtlich 
nicht durch Ersparungen in anderen Etats oder Rubriken gedeckt oder gerechtfertigt werden 
können, sofern nicht hierüber eine Bestimmung besonders vereinbart und in den Staats- 
haushaltsetat oder in das ihn feststellende Gesetz aufgenommen ist. Unzweifelhaft ist 
auch, daß es der Genehmigung eines jeden der beiden Häuser bedarf, um die Uber- 
schreitungen für gerechtfertigt erachten zu können, so daß also jede Uberschreitung bis 
dahin ungerechtfertigt bleibt, wo solche sowohl von dem Hause der Abgeordneten, als von 
dem Herrenhause nachträglich genehmigt worden ist. Dies folgt nicht bloß aus dem 
Ausdrucke: „Genehmigung der Kammern“ (Abs. 1 des Art. 104 der Verfassungsurkunde), 
sondern ganz besonders auch aus der Natur des Zweikammersystems, wonach die Sache 
nicht so aufgefaßt werden kann, als müßten sich beide Kammern über die Versagung 
einigen; vielmehr liegt diese schon vor, wenn kein von beiden Kammern übereinstimmend. 
gefaßter Beschluß die Anerkennung oder Bewilligung nachträglich ausspricht. Diese 
nachträgliche Genehmigung ist lediglich eine Ergänzung des nach Art. 99 der Verfassungs- 
urkunde zu vereinbarenden Budgetgesetzes. Was aber die Folgen betrifft, wenn das eine 
oder das andere Haus die Genehmigung versagt oder wenn beide Häuser hierin über- 
einstimmen, so kann darüber kein Zweifel obwalten, daß dann die Verantwortlichkeit für 
die ungerechtfertigte Überschreitung demjenigen Staatsminister zur Last bleibt, welcher 
solche durch Unterzeichnung der betreffenden Erlasse übernommen hat 1 (Art. 44 der Ver- 
fassungsurkunde). 
  
1 Der Umstand, daß es nach jetziger Lage der die festgehaltene Ansicht der Staatsregierung, daß 
Verfassungszustände an rechtlich zureichenden die Ausgabe notwendig gewesen, auch eine mate- 
Mitteln fehlt, durch welche die Kammern im= rielle Wirksamkeit zu verschaffen, kann im Prinzip 
stande sind, der versagten Genehmigung wider nichts ändern, sondern zeigt nur die Notwendig-
	        
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