Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Dritter Band. Erste Abteilung. (3_1)

Staatshaushaltsetat und Kontrolle der Finanzverwaltung. (§. 118.) 119 
Da übrigens auch die Nichtleistung im Staatshaushalt festgestellter Ausgaben 
eine Abweichung von dessen Bestimmungen enthält, so liegt der Staatsregierung auch 
in dieser Beziehung die Verpflichtung ob, den Kammern gegenüber ihr Verfahren zu 
rechtfertigen. Denn wenn diese, indem sie die betreffende Aufwendung für notwendig 
oder nützlich erachteten, die Ausgabe in den Etat aufgenommen haben, so steht es nicht 
in dem bloß einseitigen Ermessen der Staatsregierung, ob sie dieselbe leisten oder unter- 
lassen will, sondern sie ist verbunden, die Gründe darzulegen, welche sie zur Abweichung 
von den etatsmäßigen Feststellungen veranlaßt haben. Den Kammern aber gebührt die 
Befugnis, diese Gründe ihrer Prüfung zu unterziehen, und die Staatsregierung bleibt 
für ihre Unterlassung verantwortlich, insofern diese Prüfung nicht zur Billigung ihrer 
Handlungsweise führen sollte. die Aufnahme eines Ausgabepostens in den Etat enthält 
allerdings selbstverständlich keineswegs die Verpflichtung für die Staatsregierung zur 
Aufwendung der ihr bewilligten Mittel, sondern es ist unzweifelhaft, daß darin in 
erster Linie nur eine „Ermächtigung“ zur Leistung der Ausgabe enthalten ist; daher 
bedarf es nicht der näheren Begründung, daß die Staatsregierung nicht nur berechtigt, 
sondern auch verpflichtet ist, bewilligte Verwendungen zu unterlassen, wenn tatsächliche 
Ursachen die im Etat vorgesehene Ausgabe unstatthaft oder unnötig machen sollten, 
also eine Ersparnis zugunsten der Staatskasse eintreten zu lassen. Allein dies schließt 
nicht aus, daß auch in solchen Fällen den kontrollierenden Kammern das Recht zusteht, 
in jedem einzelnen Falle die Darlegung der Gründe zu verlangen, welche die Staats- 
regierung veranlaßt haben, die von den Kammern als notwendig oder nittzlich erachtete 
Ausgabe zu unterlassen, und die Entscheidung über die Frage, ob diese Unterlassung ge- 
rechtfertigt gewesen sei, kann nicht dem einseitigen Ermessen der Staatsregierung unter- 
liegen, sondern bleibt ebenso wie jede überschreitung der etatsmäßigen Bewilligungen 
der Kontrolle der Kammern unterworfen, welchen die Staatsregierung auch in dieser Be- 
ziehung verantwortlich ist. 
9. Bezüglich der formellen Behandlung und des Begriffes der in Abs. 1 des 
Art. 104 der Verfassungsurkunde gedachten Etatsüberschreitungen ist folgendes hervor- 
zuheben: 
à) Die Frage der formellen Behandlung der Etatsüberschreitungen und der außer- 
etatsmäßigen Ausgaben ist mehrfach Gegenstand der Verhandlungen zwischen der Volks- 
vertretung und der Staatsregierung geworden. Schon bei der Revision der oktroyierten 
Verfassungsurkunde v. 5. Dez. 1848 hat sich die Revisionskommission der Zweiten Kammer 
einstimmig dahin ausgesprochen, daß es die Pflicht der Staatsregierung sei, in allen 
Fällen so bald als möglich die nachträgliche Genehmigung der über den Etat hinaus 
eingetretenen Ausgaben, sowohl der eigentlichen Etatsüberschreitungen als auch der außer- 
ordentlichen Ausgaben, bei den Kammern nachzusuchen, und daß dies nicht bis zur Vor- 
legung der allgemeinen Rechnung über den Staatshaushalt aufgeschoben werden dürfe.! 
Unter Bezugnahme hierauf hat auch bei der Beratung des ersten von der Staatsregierung 
vorgelegten Rechenschaftsberichtes über die Staatseinnahmen und Ausgaben des Jahres 
  
keit der Ergänzung der allerdings vorhandenen werden können. Soll also das hier in Rede 
Lücke. Ganz ohne Mittel befinden sich indes die stehende Recht der Kammern mit Erfolg wirk- 
Kammern in dieser Beziehung nicht. Zuvörderst sam gemacht werden können, so würde es un 
steht ihnen das Recht zu, sich mit einer Be= erläßlich sein, durch ein besonderes Gesetz die 
schwerde (in Form einer Adresse, Art. 81 der hierzu erforderlichen Einrichtungen zu treffen 
Verf. Urk.) an den König zu wenden, welcher und insbesondere den Gerichtshof und das Ver- 
alsdann das Verfahren seiner Beamten miß= fahren für die Untersuchung und Entscheidung 
billigen kann. Dagegen gewährt der Art. 61 der derartiger Konflikte festzustellen. — Vgl. über die 
Verf. Urk. hier — abgesehen davon, daß das darin Grundsätze bezüglich der Verantwortlichkeit der 
vorbehaltene Ministerverantwortlichkeitsgesetznoch Minister wegen Nichteinhaltung der Etats: 
nicht erlassen worden — keinen zureichenden v. Mohl, Württemb. St. R. (2. Ausg.), Bd. I, 
Schutz, weil dadurch die Minister nur wegen S. 625 ff., Bd. II, S. 755 ff. 
Verfassungsverletzung, Bestechung und Verrat 1 Vgl. den Ber. der Rev. Komm. der 2. K. 
angeklagt werden können, und eine von den x Z 
Kammern reprobierte Etatsüberschreitung hier- v 18. Fet 18 (Druckt. o S 0., und 
unter in vielen Fällen nicht wird subsummiert gr. « «-««’«« 
  
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.