Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Dritter Band. Erste Abteilung. (3_1)

132 Die Gesetzgebung. (8. 118.) 
Entlastung der Staatsregierung nach Vorlegung der Jahresrechnungen, Indemnität er- 
teilt werde“, und fügte in Art. 2 hinzu, „daß die Staatsregierung für das Jahr 1866 
zu den Ausgaben der laufenden Verwaltung (bis zur Höhe von 154 Millionen Talern) 
ermächtigt werde“. Die mit der Vorberatung beauftragte Budgetkommission des Ab— 
geordnetenhauses erklärte sich im Prinzip mit der von der Staatsregierung nachgesuchten 
Erteilung der Indemnität wegen der seit dem Beginne des Jahres 1862 ohne gesetzlich 
festgestellten Staatshaushaltsetat geführten Verwaltung sowie damit einverstanden, daß 
nur auf diesem Wege, nämlich durch ein die Erteilung der Indemnität aussprechendes 
Gesetz, die der Staatsregierung zur Last fallende Verfassungsverletzung heilbar sei und 
daß die in dieser Weise herbeizuführende Beendigung des Konflikts und die Versöhnung 
mit der Krone durch die veränderten Verhältnisse und das wahre Interesse des Landes 
geboten sei. Es wurde indes für nötig erachtet, einesteils durch einen Zusatz zu dem 
Gesetzentwurf die Folgen der Indemnitätserteilung dahin zu erläutern, daß es bezüglich 
der Verantwortlichkeit der Staatsregierung so gehalten werden solle, als wenn die Ver- 
waltung auf Grund gesetzlicher Staatshaushaltsetats geführt wäre, andernteils der 
künftigen Rechnungslegung und Entlastung dadurch die erforderliche finanzielle Grund- 
lage zu geben, daß die von der Staatsregierung mitgeteilten Ubersichten der Staats- 
einnahmen und Ausgaben für die Jahre 1862—1865 als Grundlagen dafür statt der 
Etatsgesetze erklärt würden. Außerdem erklärte die Kommission es für wünschenswert, 
dem in Art. 99 der Verfassungsurkunde unzweifelhaft vorausgesetzten Grundsatze, daß 
das Staatshaushaltsgesetz regelmäßig vor dem Beginne des Etatsjahres festgestellt sein 
müsse, und der bezüglichen von der Staatsregierung wiederholt erteilten Zusicherung in 
dem zu erlassenden Gesetze einen bestimmten Ausdruck zu geben. Die Staatsregierung 
erklärte sich bereits in der Beratung der Kommission mit diesen Vorschlägen einverstanden. 
Aus der Vereinbarung der Staatsregierung mit der Budgetkommission des Abgeordneten- 
hauses ist der Gesetzentwurf hervorgegangen, welcher nach Annahme seitens des Abgeord- 
netenhauses und nach erfolgter Zustimmung des Herrenhauses die Sanktion der Krone 
erhalten hat.! Dieses Gesetz v. 14. Sept. 1866 spricht zunächst in Art. 1 aus, 
„daß die demselben als Anlagen beigefügten Ubersichten der Staatseinnahmen und Aus- 
gaben für die Jahre 1862—1865 statt des verfassungsmäßigen und alljährlich vor 
Beginn des Etatsjahres zu vereinbarenden Staatshaushaltsgesetzes als 
Grundlagen für die Rechnungslegung und die Entlastung der Staatsregierung dienen 
sollen““; es bestimmt sodann in Art. 2, „daß der Staatsregierung in bezug auf die seit 
dem Beginne des Jahres 1862 ohne gesetzlich festgestellten Staatshaushaltsetat geführte 
Verwaltung vorbehaltlich der Beschlußfassung des Landtages über die Entlastung der 
Staatsregierung nach Vorlegung der Jahresrechnungen Indemnität erteilt werde, der- 
gestalt, daß es rücksichtlich der Verantwortlichkeit der Staatsregierung so gehalten werden 
solle, wie wenn die Verwaltung in der erwähnten Zeit auf Grund gesetzlich festgestellter 
und rechtzeitig publizierter Staatshaushaltsetats geführt worden wäre“. Art. 3 des Ge- 
setzes ermächtigt die Staatsregierung für das Jahr 1866, für welches abermals ein 
Staatshaushaltsetat nicht vereinbart worden ist, zu den Ausgaben der laufenden Ver- 
waltung bis zur Höhe von 154 Millionen Talern. Endlich bestimmt noch Art. 4, daß 
die Staatsregierung verpflichtet sein solle, dem Landtage eine Nachweisung über die Ein- 
nahmen und Ausgaben des Jahres 1866 vorzulegen. Durch den Erlaß dieses Gesetzes 
hat der Konflikt zwischen dem Abgeordnetenhause und der Staatsregierung bezüglich der 
in den Jahren 1862 bis einschließlich 1866 stattgefundenen Verwaltung ohne gesetzlich 
festgestelltes Budget seine Erledigung gefunden. Seitdem ist das in Art. 99 der Ver- 
fassungsurkunde vorausgesetzte Staatshaushaltsgesetz zwischen den beiden Häusern des 
  
1 Vgl. den Ber. der Budgetkomm, des A. H. komm. des H. H. v. 6. Sept. 1866 (Stenogr. Ber. 
v. 27. Aug. 1866 (Stenogr. Ber. des A. H. 1866 des H. H. 1866 —67, Anl. Bd., Nr. 15, S.127 ff.), 
—67, Anl. Bd. I, Nr. 39, S. 138 ff., u. Drucks. und Drucks, desselben 1866—67, Nr. 40) und 
Nr. 39), Plenarsitz. des A. H. v. 1. u. 3. Sept. Plenarsitz. des H. H. v. 8. Sept. 1866 (Stenogr. 
1866 (Stenogr. Ber. des A. H. 1866—67, Bd. I, Ber. des H. H. 1866—67, S. 79 ff.). 
S. 149 ff. u. S. 177 ff.); den Ber. der Budget- 2 G. S. 1866, S. 563.
	        
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