Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Dritter Band. Erste Abteilung. (3_1)

Das geltende Recht der ev. Kirche. (8. 128.) 205 
c) Die Provinzialsynode! übt ein Besteuerungsrecht für provinzielle kirchliche 
Zwecke: und zur Deckung der Provinzialsynodalkosten (K. G. u. S. O. 88. 65, Nr. 7, 
72, 74). Letztere werden mangels anderer dafür gewidmeter Mittel und mangels eigener 
Vermögenseinkünfte auf die Kreissynoden repartiert (K. G. u. S. O., §§. 71, 72; rhein.= 
westf. K. O., §. 135). Umlagebeschlüsse betreffend neue kirchliche Ausgaben zu provinziellen 
Zwecken bedürfen der Zustimmung des Konsistoriums und der Bestätigung 3 durch den 
Oberpräsidenten, gegen dessen Verfügung die Beschwerde an den Minister der geistlichen 
Angelegenheiten stattfindet (K. G. u. S. O., §. 65, Nr. 7; Ges. v. 3. Juni 1876, Art. 10, 
Nr. 3; 11, Abs. 2; Verordn. v. 9. Sept. 1876, Art. II). Die Gesamtsumme der zu provin- 
ziellen Zwecken zu beschließenden Umlagen darf 1% der Gesamtsumme der Staatseinkommen- 
steuer der zur evangelischen Landeskirche gehörigen Bevölkerung nicht übersteigen (Ges. 
v. 3. Juni 1876, Art. 16; Staatsges. v. 28. Mai 1894, S. 4; Kirchenges. v. 2. Sept. 
1880). Sämtliche Umlagen der Provinzialsynode auf die Kreissynoden erfolgen nach 
einer Matrikel, welche vorläufig vom Konsistorium, endgültig von der Provinzialsynode 
unter Zustimmung des Konsistoriums aufzustellen und vom Oberpräsidenten zu bestätigen 
ist (widrigenfalls Beschwerde an den Minister zusteht). (Ges. v. 3. Juni 1876, Art. 11, 
15, Abs. 3; K. G. u. S. O., §. 65, Nr. 7, §. 72; rhein.-westf. K. O., §. 135; Verordn. v. 
9. Sept. 1876, Art. II). Die Etatsperiode ist dreijährig. 
d) Die Generalsynode?n übt ein Besteuerungsrecht für landeskirchliche Zwecke 
und zur Deckung der Generalsynodalkosten (G. S. O., §§. 14, 38, 40). Letztere werden 
mangels anderer dafür gewidmeter Mittel auf die Provinzialsynoden repartiert (G. S. O., 
§. 38; Ges. v. 3. Juni 1876, Art. 20). Die Bewilligung neuer Ausgaben für landes- 
kirchliche Zwecke, soweit sie durch Umlagen auf die Kirchenkassen oder Kirchengemeinden 
gedeckt werden sollen, erfolgt im Wege der kirchlichen Gesetzgebung (G. S. O., §. 14; 
Ges. v. 3. Juni 1876, Art. 14)0. Dabei bedarf es einer zweimaligen Beratung und 
Beschlußfassung in der Generalsynode (G. S. O., §. 32, Abs. 4). Kirchengesetze, durch 
welche neue Ausgaben für landeskirchliche Zwecke bewilligt werden, bedürfen, bevor sie 
dem Könige zur Sanktion vorgelegt werden, der Zustimmung des Staatsministeriums 
(Ges. v. 3. Juni 1876, Art. 15, Abs. 1). Die Gesamtsumme der Umlagen für pro- 
vinzielle und landeskirchliche Zwecke darf zusammen (abgesehen von den Synodalkosten) 
6%% der Gesamtsumme der Staatseinkommensteuer der zur evangelischen Landeskirche 
gehörigen Bevölkerung nicht übersteigen. Kirchengesetze, welche diesen Prozentsatz doch 
übersteigen, bedürfen der Bestätigung durch ein Staatsgesetz. Wieviel von den inner- 
halb jener Grenzen zulässigen Umlagen durch die Provinzialsynode und wieviel durch die 
Generalsynode ausgeschrieben werden darf, sollte durch landeskirchliches Gesetz bestimmt 
werden (Ges. v. 3. Juni 1876, Art. 16); das Kirchengesetz betreffend die Ausschreibung 
von Umlagen für provinzielle und landeskirchliche Zwecke v. 2. Sept. 1880 hat 1% an die 
Provinzialsynode überwiesen. Die der Generalsynode danach zufallenden 5% sind heute 
bereits erheblich überschritten worden.5“ Seit dem Inkrafttreten (1. April 1908) der 
neuen Kirchengesetzgebung des Jahres 1909 zur Besserung der wirtschaftlichen Lage der 
Geistlichen und ihrer Angehörigen werden für landeskirchliche Zwecke 7½ , zuzüglich 
des den Provinzialsynoden zustehenden 1%, also im ganzen 8½2 % der von den Mit- 
  
1 Giese, Kirchensteuerrecht, S. 288 ff.; Schoen, 
Bd. II, S. 596. 
: lber diesen Begriff Giese, a. a. O., S. 289; 
Entsch. des O. V. G. v. 26. Mai 1899, Bd.XXXVI, 
S. 190 ff. 
*s Diese Bestätigung ist insbes. zu versagen, 
wenn Bedenken hinsichtlich der Ordnungsmäßig- 
keit des Beschlusses, der Angemessenheit des Ver- 
teilungsfußes oder der Leistungsfähigkeit des Be- 
zirkes bestehen. 
4 Giese, Kirchensteuerrecht, S. 290 ff.; 
Schoen, Bd. II, S. 597. 
5 Seit Staatsges. v. 28. Mai 1894, §. 4; 
früher: 4 %. 
  
* Die zur Bewilligung des die 5% über- 
steigenden Prozentsatzes erforderliche staatsgesetz- 
liche Bestätigung erteilte das Staategesetz, betr. 
die Pfarrbesoldung, das Ruhegehaltswesen und 
die Hinterbliebenenfürsorge für die Geistlichen der 
evangel. Landeskirchen v. 26. Mai 1909, Art. 1 
und 5, in der Form, daß es die für die Alters- 
zulagekasse, die Ruhegehaltskasse und den Pfarr- 
witwen= und -waisenfonds zu erhebenden allge- 
meinen kirchlichen Umlagen als auf den staats- 
gesetzlich für allgemeine Umlagen in den Landes- 
kirchen festgesetzten Höchstbetrag (Altpreußen: 5% 
bzw. 6 %) nicht zur Anrechnung kommend be- 
zeichnete. Giese, Kirchensteuerrecht, S. 291f.
	        
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