Staat und Kirche. (8. 129.)
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verkündete 1, durch Staatsgesetz vom 6. Aug. 18832 bestätigte „Kirchengemeinde= und
Synodalordnung für die evangelisch-reformierte Kirche der Provinz Han-
nover“ hervor. Diese Kirchengemeinde= und Synodalordnung bestellte als Selbstver-
waltungsorgane der Kirchengemeinden die Kirchenräte und die Gemeindevertretungen; Or-
gane der Synodalbezirke sind die Bezirkssynode und der Bezirkssynodalvorstand; den
Abschluß nach oben bildet die Gesamtsynode, welche aus dem reformierten General-
superintendenten, aus den von den Bezirkssynoden zu wählenden geistlichen und weltlichen
Abgeordneten und aus fünf vom Landesherrn zu berufenden Mitgliedern besteht; die
Synode wählt einen Vorstand, der sich aus dem Vorsitzenden und je einem geistlichen
und weltlichen Beisitzer zusammensetzt. Endlich wurde durch Allerh. Erlaß v. 20. Febr.
18844 das Konsistorium zu Aurich zur reformierten Zentralkirchenbehörde der Provinz
erhoben und dieser die Zuständigkeiten des Oberkirchenrats zu Nordhorn und der Konsi-
storien zu Osnabrück, Stade und Hannover bezüglich der kirchlichen Verwaltung der ihnen
bisher unterstellten evangelisch-reformierten Gemeinden übertragen. Damit war die Ver-
fassung der evangelisch-reformierten Kirche der Provinz zum Abschluß gelangt.
Die Kirchenverfassung der evangelisch-lutherischen Kirche der Provinz Han-
nover erfuhr, nachdem bereits durch Allerh. Erlaß v. 13. April 1885 die konsistorialen
Kompetenzen des Magistrats zu Osnabrück und des Klosters Loccum beseitigt und die
Konsistorien zu Osnabrück und Otterndorf aufgehoben? waren, einige Anderungen durch
das Gesetz v. 6. Mai 1885 3, welches die Ausübung der Rechte des Staates, soweit
sie bisher von konsistorialen Behörden wahrgenommen waren, entsprechend der Regelung
in der altpreußischen Landeskirche den Staatsbehörden überwies. Spätere Ergänzungen
der im übrigen unverändert fortgeltenden Kirchenvorstands= und Synodalordnung v.
9. Okt. 1864 brachten das Kirchengesetz betreffend die Vertretung der evangelisch-lutherischen
Kirche der Provinz Hannover und ihrer Bezirkssynodalverbände in vermögensrechtlichen An-
gelegenheiten v. 24. Mai 1900 nebst Staatsgesetz v. 25. Mai 1900?, das Kirchengesetz
betreffend die Bildung von Gesamtverbänden in der evangelisch-lutherischen Kirche der Provinz
Hannover v. 7. Juni 1900 nebst Staatsgesetz v. 8. Juni 1900 10, endlich das Kirchen-
gesetz betreffend die Erhebung von Kirchensteuern in den Kirchengemeinden und Gesamtver-
bänden der evangelisch-lutherischen Kirche der Provinz Hannover v. 10. März 1906 nebst
Staatsgesetz v. 22. März 1906. 11
II. Provinz Schleswig-Holstein.
In den Herzogtümern Schleswig und Holstein 12 standen die unglückliche politische
amtlicher Quellen, Aurich. Kommentar zur K. G.
u. S. O., in E. Giese, Kirchenges. der evangel.=
reform. Kirche der Provinz Hannover, 1902,
S. 1 ff.
1 G. S. 1882, S. 224; Ausführungserlaß v.
28. April 1884 (K. G. Bl. S. 33).
2 G. S. 1883, S. 295; Novelle vom 14. Juli
1895 (G. S. 1895, S. 283); Ausführungsverordn.
v. 25. Juli 1884 (G. S. 319), bzw. 30. Jan. 1893
(G. S. 10).
* Über die Wirkung des Erlasses dieser K. G.
u. S. O. auf den reform. Cötus vgl. Schoen,
Bd. I, S. 140.
4 G. S.1884, S.77; Schoen, Bd. I, S. 140.
5 Weiteren Ausbau erfuhr diese Verfassung
durch das Kirchenges., betr. die Erhebung von Kir-
chensteuern in den Kirchengemeinden der evangel.=
reform. Kirche der Prov. Hannover v. 10. März
1906 nebst Staatsges. v. 22. März 1906 (G. S.
41) und Verordn. v. 23. März 1906 (G. S. 54).
5 G. S. 1885, S. 138.
* Das Konsistorium zu Stade wurde durch
Allerh. Erlaß vom 8. Dez. 1902 (G. S. 1902,
S. 337) aufgehoben; seine Geschäfte gingen auf
das Konsistorium in Hannover über.
§ G. S. 1885, S. 135; Ausführungsverordn.
v. 24. Juni 1885 (G. S. 274), bzw. 30. Jan. 1893
(G. S. 10).
* G. S. 1900, S. 143, 145.
10 G. S. 1900, S. 271, 273; Verordn. v.
1. Okt. 1900 (G. S. 359).
11 G. S. 1906, S. 23, 41; Verordn. v. 23. März
1906. (G. S. 54).
12 Über die frühere Verfassung der evangel.=
luther. Kirche in Schleswig-Holstein: Matthige,
Beschreibung der Kirchenverfassung in den Her-
zogtümern Schleswig und Holstein, 2 Tle., 1778
und 1786; Laß, Anleitung zur Kenntnis der
landesherrl. Verordn. in Kirchensachen 3, 1768;
Johannsen, Versuch, das kanonische Recht, in-
sofern es für die Protestanten brauchbar ist, mit
den eigenen Worten der Kirchengesetze für die
Herzogtümer Schleswig und Holstein zu belegen,
3 Bde., 1804; Callisen, Abriß des Wissens-
würdigsten aus den den Prediger und sein Amt
in den Herzogtümern Schleswig und Holstein be-
treffenden Verordnungen 8, 1843; Christian-
sen, Handbuch zur Orientierung über die in
der Provinz Schleswig-Holstein in den Jahren
1865—71 im Kirchen-, Schul= und Armenwesen
edierten Gesetze, Verfügungen und oberlichen Er-
lasse, 1872; Falck, Handbuch des schlesw.-holst.