Kathol. Kirche seit Erlaß der Verfassungsurkunde.
gegen die Anstellung ungeeignet erscheinender Personen Einspruch zu erheben.
G. 131.) 229
Nachdem
das Gesetz in den §§. 2 und 3 die Fälle, in welchen die Erlangung des Rechts auf
geistliche Amtstätigkeit seinen Vorschriften unterworfen sein soll 1, spezialisiert hat, setzt
es in den §§. 4—92 das Nähere über die Vorbildung zum geistlichen Amte fest und
trifft dabei zugleich die erforderlichen Anordnungen über die Einrichtung der Lehranstalten,
die Qualifikation und Anstellung des Lehrpersonals,
kirchlichen Bildungsanstalten.3
sowie die staatliche Kontrolle der
Die §§. 15—17 gestalten das staatliche Einspruchsrecht
näher aus *, während die §§. 195 und 20 einen besonderen Schutz der bereits im Amte
befindlichen und künftig anzustellenden Geistlichen begründen 5, und §. 21 bestimmt, daß
Min. d. geistl. Ang. die Statuten und der Lehr-
plan einzureichen und die Namen der Leiter
und Lehrer, welche Deutsche sein müssen, mitzu-
teilen; 2. Der Lehrplan ist dem Universitätsplan
gleichartig zu gestalten; 3. Es ist zur Anstellung
an diesen Anstalten die wissenschaftliche Befähi-
gung erforderlich, an einer deutschen Staatsuni-
versität in der Disziplin zu lehren, für welche
die Anstellung erfolgt. Der Minister macht die
zur wissenschaftlichen Vorbildung geeigneten Se-
minare öffentlich bekannt. Die Wiedereröffnung
der Seminare für die Erzdiözese Gnesen-Posen
und die Diözese Kulm wird durch königl. Ver-
ordnung bestimmt (§. 6). Während des vorge-
schriebenen Universitätsstudiums dürfen die Stu-
dierenden einem kirchlichen Seminar nicht ange-
hören (§. 7). Alle der Vorbildung der Geistlichen
dienenden kirchlichen Anstalten stehen unter der
Aufsicht des Staates (§. 9). Die kirchlichen Obe-
ren sind befugt, Konvikte für Zöglinge, welche
Gymnasien, Universitäten und kirchliche Semi-
nare besuchen, hinsichtlich deren die gesetzlichen
Voraussetzungen für den Ersatz des Universitäts-
studiums erfüllt sind, zu errichten und zu unter-
halten. Sie sind ferner befugt, die zur theologisch-
praktischen Vorbildung bestimmten Anstalten (Pre-
diger= und Priesterseminare) wieder zu eröffnen.
Dem Minister sind Statuten und Hausordnung
einzureichen, sowie die Namen der Leiter und Er-
zieher, welche Deutsche sein müssen, mitzuteilen
(Novelle v. 21. Mai 1886, Art. 3, 4; Hin-
schius, a. a. O., Tl. 2, S. 27 ff.). Die in den
§§. 9—14 des Ges. v. 11. Mai 1873 enthaltenen
besonderen Vorschriften wegen der Staatsaufsicht
über die bezeichneten kirchlichen Vorbildungs-
anstalten sind aufgehoben.
1 Die Vorschriften des Gesetzes kommen zur
Anwendung, gleichviel, ob das Amt dauernd oder
widerruflich übertragen werden oder nur eine
Stellvertretung oder Hilfsleistung in demselben
statthaben soll. Die Anzeigepflicht der geist-
lichen Oberen und das Einspruchsrecht der
Staatsregierung findet keine Anwendung: 1. bei
der Ubertragung von Seelsorgeämtern, deren In-
haber unbedingt abberufen werden können; 2. bei
der Übertragung von Pfarrämtern, welche nicht
dauernd erfolgt; 3. bei der Anordnung einer
Hilfsleistung oder Stellvertretung in einem geist-
lichen Amte; 4. wenn eine geistliche Amtshand-
lung von einem gesetzmäßig angestellten Geist-
lichen in dem Bezirk eines anderen besetzten oder
erledigten geistlichen Amtes vorgenommen wird,
ohne daß dieser dabei die Absicht bekundet, dort
ein geistliches Amt zu übernehmen. Die mit der
Stellvertretung oder Hilfsleistung in einem geist-
lichen Amte gesetzmäßig beauftragten Geistlichen
gelten auch nach Erledigung dieses Amtes als ge-
setzmäßig angestellte Geistliche. Die Anzeige-
pflicht besteht nur für die dauernde Übertragung
von Pfarrämtern und die Ubertragung von geist-
lichen Amtern, welche nicht unter die zu 1 bis
4 aufgezühlten fallen (§. 2 in der bei Hin-
schius, Kirchengesetze 1886— 87, Tl. 2, S. 25 f.,
formulierten Fassung). Die vorstehenden Bestim-
mungen, sowie die Vorschriften des §. 1 kommen
vorbehaltlich der Bestimmungen des §. 26 auch
zur Anwendung, wenn einem bereits im Amte
stehenden Geistlichen ein anderes geistliches Amt
übertragen oder eine widerrufliche Anstellung in
eine dauernde verwandelt werden soll (§. 3, in
der Fassung bei Hinschius, a. a. O., S. 26).
8. 9, Abs. 2, 3, bis 8. 14 sind aufgehoben
Ges. v. 21. Mai 1886. Art. 5).
3 Siehe S. 228, Note 12.
4 Die geistlichen. Oberen sind, vorbehaltlich der
in Anm. 1 bezeichneten Ausnahmen, verpflichtet,
demjenigen Kandidaten, dem ein geistliches Amt
übertragen oder der in ein anderes geistliches
Amt versetzt oder dessen widerrufliche Anstellung
in eine dauernde umgewandelt werden soll, dem
Oberpräsidenten unter Bezeichnung des Amtes
zu benennen. Innerhalb dreißig Tagen nach
der Benennung kann der Oberpräsident Ein-
spruch gegen die Anstellung erheben, wenn es
sich um die dauernde Ubertragung eines Pfarr-
amtes handelt (8. 15). Der Einspruch ist nur
zulässig, a) wenn dem Anzustellenden die gesetz-
lichen Erfordernisse zur Bekleidung des geistlichen
Amtes fehlen, b) wenn aus einem auf Tatsachen
beruhenden Grunde, welcher dem bürgerlichen
oder staatsbürgerlichen Gebiete angehört, für die
Stelle nicht geeignet ist. Die Tatsachen, welche
den Einspruch begründen, sind anzugeben (8. 16).
Die Übertragung eines geistlichen Amtes, welche
den Vorschriften der 8§. 1—3 zuwiderläuft oder
welche vor Ablauf der in 8. 15 für die Er—
hebung des Einspruchs gewährten Frist erfolgt,
gilt als nicht geschehen (8. 17; Hinschius,
a. a. O., Tl. 2, S. 30 f.). — Die katholischen
Bischöfe (Erzbischöfe, Fürstbischöfe) haben, bevor
sie die staatliche Anerkennung erhalten, dem
König den Eid zu leisten. Verordn. v. 13. Febr.
1887 (G. S. 1887, S. 11).
5 §. 18 ist aufgehoben (Ges. v. 29. April 1887,
Art. 2, §F. 3).
( §. 19: Die Errichtung von Seelsorgeämtern,
deren Inhaber unbedingt abberufen werden kön-
nen, ist nur mit Genehmigung des Min. d.
geistl. Ang. zulässig. §. 20: Anordnungen oder
Vereinbarungen, welche die durch das Gesetz be-
gründete Klagbarkeit der aus dem geistlichen
Amtsverhältnis entspringenden vermögensrecht-