Das Polizeiverordnungsrecht. (§. 114.) 33
der Provinzial-, Polizei= und Finanzbehörden 1, eines der wichtigsten Grundgesetze der
Stein-Hardenbergschen Verwaltungsreform, bestimmte in §. 45 a. E. (vgl. 8. 40 a. E.),
daß die Regierungen berechtigt sein sollten, unter Genehmigung der höheren Polizei-
behörde, d. i. des Ministeriums, Publikanda in Polizei= und Landesangelegenheiten zu
erlassen, sofern darin keine härteren Strafen als in den Gesetzen festgesetzt würden.
Ferner bestimmte die Geschäftsinstruktion für die Regierungen v. 23. Okt. 18172 in
§. 11, daß die Regierungen berechtigt sein sollten, allgemeine Verbote und Strafbestimmungen
— jedoch nicht ohne höhere Genehmigung — zu erlassen, es sei denn, daß das Verbot
an sich schon durch das Gesetz feststehe, in letzterem aber die Strafe nicht ausdrücklich
bestimmt sei. In diesem Falle sollten sie innerhalb der Grenzen des Allgemeinen Land-
rechts, II, 20, 8§§. 33, 35 und 240 (bis zu 50 Tlr. Geldbuße oder 6 Wochen Ge-
fängnis) die Strafen bestimmen und bekannt machen dürfen. Mit Rücksicht auf diese
Bestimmungen hat weiterhin der Beschluß des Staatsministeriums v. 7. Jan. 1845 3
es für unzweifelhaft erklärt, „daß die Ausübung des in §. 6, II, 13 des Allgemeinen
Landrechts gedachten Majestätsrechtes, allgemeine Polizeiverordnungen zu erlassen, ver-
fassungsmäßig den Verwaltungsministerien insoweit zuständig sei, als dieselben für
ermächtigt gehalten werden müssen, polizeiliche Anordnungen und Strafbestimmungen inner-
halb der Grenzen der polizeilichen Strafgewalt zu erlassen und deren Erlaß von seiten
der Regierungen zu genehmigen“.“
Durch das Gesetz v. 11. März 1850 über die Polizeiverwaltung 5, welches —
für den ganzen damaligen Umfang der Monarchie ergangen — durch die Verordnung
v. 24. Jan. 1859 5 auch auf das Jadegebiet ausgedehnt worden 7, ist die ganze Materie
unter Abänderung der früheren Bestimmungen neu geregelt; die betreffenden Vorschriften
des Gesetzes v. 11. März 1850 sind durch die im wesentlichen gleichlautende Verord-
nung v. 20. Sept. 1867 8s auch auf die durch die Gesetze v. 20. Sept. und 24. Dez.
1866 mit der preußischen Monarchie vereinigten Gebiete, sowie durch das lauenburgische
Gesetz v. 7. Jan. 1870 ?7 auf das jetzt gleichfalls der preußischen Monarchie einverleibte
(vormalige) Herzogtum Lauenburg (jetzigen Kreis Herzogtum Lauenburg) ausgedehnt worden.
Die das Polizeiverordnungsrecht betreffenden Bestimmungen des Gesetzes v. 11. März
1850 sind durch die Bestimmungen der §§. 62 und 78 der Kreisordnung v. 13. Dez.
1872 10 und der §§. 76—86 der Provinzialordnung v. 29. Juni 1875 11 in wesent-
1 Rabes Samml., Bd. IX, S. 486; vgl. zum
folgenden Nosin, S. 39 ff.
2 G. S. 1817, S. 254.
3 M. Bl. d. i. Verw., 1845, S. 40 und Just.
M. Bl., 1845, S. 34.
4 Dies hat auch der Strafsenat des Ob. Trib. in
dem Erk. vom 6. März 1856 (Just. M. Bl., 1856,
S. 153) angenommen. Vgl. dagegen Förste-
mann, Prinzipien des Pr. Polizeirechts, S. 156 ff.
Über die Befugnis zum Erlaß von Polizei=
verordnungen in den Landesteilen auf dem linken
Nheinufer vgl. §§. 32 u. 33 des Ressortregl. v.
20. Juli 1818 in Oppenhoffs Pr. Gesetzen
über die Ressortverhältnisse, S. 202 ff.; desgl.
Oppenboffs Komment. zum Pr. Str. G. B.,
5. Aufl., §. 332, Anm. 2; Rosin, Polizeiverordn.
R. S. 43 ff.
m 1850, S. 265. liber die Entstehungs-
geschichte des Ges. v. 11. März 1850 pgl.
v. Rönne, Die Gemeindeordnung und die Kreis-,
Bezirks= und Provinzialordnung, nebst dem Ges.
über die Polizeiverwaltung v. 11. März 1850
(Brandenburg 1850), S. 16—17 u. 395—422;
desgl. Stenogr. Ber. 1850, 1. K., Bd.V, S. 2309 ff.,
2315 ff., 2975 u. 2. K., Bd. V, S. 3223 ff.
Vgl. Rosin, S. 43 ff.; Friedrichs, Das Poli-
zeigesetz, Berlin 1911.
* G. S. 1859, S. 72.
v. Rönne-Zorn, Preuß. Staatsrecht.
5. Aufl. III.
7 Für die Hohenzollernschen Lande ist es nicht
förmlich publiziert, das Ob. Trib. (Erk. vom
29. April 1858) rechnet indes die 8§. 11 u. 12
zu denjenigen die Regierungsinstr. v. 23. Okt.
1817ergänzenden und erläuternden Bestimmungen,
welche durch die Verordn. v. 7. Jan. 1852 auch
dort Geltung erlangt haben (Oppenhoffs Kom-
ment. zum Pr. Str. G. B., 5. Aufl., §. 332, Note 4).
8 G. S. 1867, S. 1529. Diese Verordnung
ist für sämtliche durch das Ges. v. 20. Sept.
1866 und die beiden Ges. v. 24. Dez. 1866
mit der Monarchie vereinigten Gebiete mit Aus-
nahme des vormaligen Oberamtsbezirks Meisen-
heim und der Enklave Kaulsdorf erlassen. In
den beiden letztgedachten Gebieten hat aber das
Ges. v. 11. März 1850 Geltung erlangt. Vgl.
#§. 1 der Verordn. v. 20. Sept. 1867, betr.
die Einführung der im westrheinischen Teile des
Reg. Bez. Koblenz geltenden Gesetze in dem Ober-
amte Meisenheim (G. S. 1867, S. 1534) und
Art. 1 der Verordn. v. 22. Mai 1867, betr. die
Einführung preuß. Gesetze in der vormals bayeri-
schen Enklave Kaulsdorf (G. S. 1867, S. 729).
. 1sfizieles Wochenbl. für Lauenburg, 1870,
10 G. S. 1872, S. 661. Vgl. zum folgenden
Rosin, S. 52 ff.
11 G. S. 1875, S. 335.