Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Dritter Band. Erste Abteilung. (3_1)

70 Die Gesetzgebung. 
G. 17.) 
Landesteilen durch den Beschluß des Staatsministeriums v. 31. Okt. 18671 getroffen 
worden. Diese Beschlüsse bestimmen: 1. Der in Art. 108 der Verfassungsurkunde vor- 
geschriebene Eid ist von allen unmittelbaren und mittelbaren Staatsbeamten zu leisten 
und es sollen davon nur diejenigen Beamten ausgenommen sein, welche in ihrer Eigen- 
schaft als Mitglieder einer der beiden Kammern oder, was die Beamten der im Jahre 
1866 neuerworbenen Landesteile betrifft, infolge ihrer Anstellung in den älteren Provinzen 
den Eid bereits geleistet haben.? 2. Der Diensteid soll, wie bisher, von den Schwören- 
  
1 Vgl. Just. M. Bl. 1867, S. 397, M. Bl. d. i. 
Verw. 1867, S. 326. — Das Zirk. Reskr. des 
Just. Min. v. 11. Nov. 1867 (Just. M. Bl. 1867, 
S. 398) erteilt (für die Justizbehörden) dieselben 
Anordnungen über das Verfahren bei Ableistung 
dieses Eides. 
2 In betreff der Verpflichtung einzelner Be- 
amtenkategorien zur Ableistung des Verfassungs- 
eides sind auf erhobene Zweifel noch spezielle 
Anordnungen seitens der Ressortminister erlassen 
worden: a) Auch solche Zivilstaatsdiener, welche 
zugleich in einem militärischen Dienstverhältnisse, 
namentlich bei der Landwehr, stehen, sind von 
der Ableistung des Verfassungseides nicht zu 
entbinden (Zirk. R. des Just. Min. v. 30. März 
1850, Just. M. Bl. 1850, S. 110, und Zirk. R. 
des Gen.-Steuer-Dir. v. 10. April 1850, M. Bl. 
d. i. Verw. 1850, S. 121). 68) Auch die probeweise 
als Boten oder Exekutoren bei den Zivilgerichten 
beschäftigten Unteroffiziere sind auf die Ver- 
fassung zu beeidigen (Zirk. R. der Min. d. Just. 
u. d. Kr. v. 11. Juni 1850, Just. M. Bl. 1850, 
S. 197). 7) Ebenso die gewählten Mitglieder, 
Stellvertreter, Gerichtsschreiber und Gerichtsboten 
der Gewerbegerichte (Reskr. der Min. für H., G. u. 
öfftl. Arbeiten und der Just. v. 20. März 1850, 
M. Bl. d. i. Verw. 1850, S. 122). 8) Auch auf 
die öffentlichen Lehrer finden die Bestimmungen 
des Staatsmin. Beschl. v. 12. Febr. 1850 volle 
Anwendung (Zirk. Reskr. des Min. d. geistl., Unterr. 
u. Med. Ang. v. 12. Juli 1850, M. Bl. d. i. 
Verw. 1850, S. 206). e) Ebenso auf die Uni- 
versitätsprofessoren (Reskr. des Min. d. geistl. usw. 
Ang. v. 6. Nov. 1873, M. Bl. d. i. Verw. 1874, 
S. 49). Das Zirk. Reskr. des Fin. Min. v. 
13. April 1864 (M. Bl. d. i. Verw. 1864, S. 216) 
hat bestimmt, daß die Oberförsterkandidaten und im 
Tentamen vollständig bestandenen Forstkandidaten 
den Staatsdienereid in der gesetzlich angeordneten 
Form zu leisten haben, daß jedoch von dieser 
Vereidigung die reitenden Feldjäger und die 
Reservejäger der Klasse A, da sie dem stehenden 
Heere angehören, und diejenigen Oberförster und 
Forstkandidaten, welche sich in einem Privat-, 
Instituten= und Kommunal-Dienstverhältnisse be- 
finden, auszuschließen sind. 
Der Min. des Königl. Hauses ist im Jahre 
1856 — gleich den Staatsministern — auf die 
Verfassung vereidigt worden (vgl. Stenogr. Ber. 
des H. H. 1856—57, Bd. I, S. 12, u. Stenogr. 
Ber. des A. H. 1856—57, Bd. I, S. 13). 
Die Bestimmung des Art. 108 der Verf. Urk., 
wonach eine Vereidigung des Heeres auf die 
Verfassung nicht stattfindet, hat (in der Sitz. Per. 
v. 1863) zu einer Erörterung im A. H. darüber 
Veranlassung gegeben, wie weit innerhalb des 
Ressorts des Kriegs= und des Marineministe- 
riums die Kategorien der Beamten sich aus- 
  
dehnen, welche nicht auf die Verfassung beeidigt 
sind, und nach welchen Grundsätzen die Staats- 
regierung in dieser Hinsicht verfährt (val. die 
Stenogr. Ber. des A. H. über die Sitz. v. 2. Mai 
1863, Bd. II, S. 1007—20). Der Kriegs= und 
Marineminister hat sich dahin geäußert, „daß alle 
diejenigen Personen nicht auf die Verfassung 
vereidigt werden, welche zum Heere gehören, 
und bemerkt, „daß dies (nach der dem Militär- 
strafgesetzbuche beigefügten Klassifikation der zum 
Heere und Marine gehörenden Militärpersonen) 
außer den Personen des Soldatenstandes, zu 
welchen auch die im Kriegs= und Marineministe- 
rium als Räte verwendeten Offiziere zu rechnen 
seien, sämtliche in der gedachten Klassifikation zu 
Lit. B aufgeführten Militärbeamte seien, 
welche dem Heere und der Marine in den Krieg 
folgen, weil diese Beamten zwar nicht Soldaten, 
wohl aber zum Heere gehörige Militärpersonen 
seien; wogegen die Zivilbeamten der Militär- 
verwaltung auf die Verfassung vereidigt wer- 
den“ (a. a. O., S. 1010). Hierbei ist darauf 
hinzuweisen, daß die dem Militärstrafgesetzbuche 
v. 3. April 1845 beigefügte „Klassifikation der 
zum preuß. Heere gehörenden Militärpersonen“ 
(G. S. 1845, S. 375—379) durch den Allerh. 
Erl. v. 17. Juli 1862 aufgehoben und durch 
die mit demselben publizierte „Klassifikation der 
zum preuß. Heere und zur Marine gehörenden 
Militärpersonen" (G. S. 1862, S. 224—230) 
ersetzt worden ist. Die neue Klassifikation weicht 
von der älteren darin ab, daß sie auch über 
die Klassifikation der zur Marine gehörenden 
Personen Bestimmungen getroffen hat, und außer- 
dem in einzelnen (weniger erheblichen) Punkten. 
Zu den in der „Klassifikation“ aufgeführten, zum 
Heere und zur Marine gehörigen Militärbeamten 
gehören nun aber namentlich alle Beamte des 
Auditoriats, der Militärintendanturen usw. Eine 
anderweitige Klasseneinteilung der Militärbeamten 
des Reichsheeres und der Marine ist unter An- 
schluß an die Vorschrift unter B der Anlage des 
Militärgesetzbuches für das D. Reich v. 20. Juli 
1872 (R. G. Bl. 1872, S. 174) durch die kaiserl. 
Verordn. v. 29. Juni 1880 (R. G. Bl. 1880, 
S. 169) angeordnet worden. Die Frage ent- 
scheidet sich somit jetzt aus reichsrechtlichen Vor- 
schriften. — Die, wie die in der Sitz. des A. H. 
v. 2. Mai 1863 stattgefundene Diskussion ergibt, 
streitig gewordene Frage, ob die von der Staats- 
regierung zur Anwendung gebrachte Praxis, daß 
die „Militärbeamten“ nicht auf die Ver- 
fassung vereidigt werden, den Bestimmungen des 
Art. 108 entspricht, ist bis jetzt nicht vollständig 
zum Austrage gebracht worden. Diese Frage 
wurde übrigens bereits in der Sitz. des A. H. 
v. 17. Dez. 1855 (vgl. Stenogr. Ber. 1855—56, 
Bd. I, S. 63—64) angeregt, indem schon damals,
	        
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